Zum ersten Mal traten Die Fantastischen Vier am 7. Juli 1989 auf einer selbstgezimmerten Bühne aus Europaletten in einem ehemaligen Kindergarten in Stuttgart-Wangen auf. Der Rest ist Geschichte. Mit inzwischen 35 Jahren im Musikgeschäft zählen sie unbestritten zu den erfolgreichsten Künstlern der deutschen Musikszene. In Köln spielen sie dieses Jahr bereits zum zweiten Mal. Nach ihrem Street Gig im Rahmen der Digital X Mitte September im Mediapark ist heute Deutschlands größte Konzerthalle die passende Bühne für Thomas D, Michi Beck, Smudo und And.Ypsilon. Für Thomas D ist der Abstecher in die Lanxess Arena fast schon ein Heimspiel, wohnt der 56-Jährige doch seit einem Vierteljahrhundert im beschaulichen Eifelörtchen Heyroth. Früher hat er auch schon mal das ganze Dorf zwecks Nachbarschaftspflege zu einem Konzert eingeladen und auch diesmal ist die Schlange vor der Gästeliste verdächtig lang. Jeder, der vom kostenlosen Eintritt profitiert, darf zur Unterstützung der Hamburger Initiative „Laut gegen Nazis“ solidarische 10 Euro spenden, was wir natürlich gerne tun.
Nachdem ein mir unbekannter DJ die nicht ganz ausverkaufte Riesenhalle in leichte Wallung versetzt hat, dreht sich auf dem Videoscreen im Hintergrund ein Plattenteller mit dem Cover des aktuellen Fanta 4-Albums „Long Player“. Der Titelsong ist dann auch der vielumjubelte Einstieg in die folgende gut zweistündige HipHop-Party, an deren Ende das Album mit satten zehn Songs den Schwerpunkt ausgemacht haben wird. Gleich im Anschluss wühlen die vier Fantas inklusive Begleitband ganz tief in ihrer Hitkiste und ziehen „Die da?!“ hervor. Auf den Tribünen sitzt schon jetzt niemand mehr und im Verlaufe des Abends wackeln die Sitzplätze ein ums andere Mal so stark, wie ich es in mittlerweile 26 Jahren Arena noch nicht erlebt habe. „Es ist wieder Fanta-Zeit. Und wir wir fühlen nichts als Dankbarkeit“ heißt es in „Hitisn“ und genau so könnte man die Stimmung auf und vor der Bühne beschreiben. Ab und zu übertreibt es das Quartett allerdings mit den Lobhudeleien auf die Domstadt und ein dreifaches „Kölle Alaaf“ macht im Rahmen eines HipHop-Konzertes auch nur bedingt Sinn.
Seltsamerweise werden viele Stücke in abgespeckten Versionen gespielt, ganz so als hätte man die Setlist auf Teufel komm raus mit möglichst vielen Krachern füllen wollen. „Populär“ gibt es ebenso in Kurzform wie etwa „Dann mach doch mal“ oder „Der Picknicker“. Da sind die Kölner allerdings schon längst zu Kopfnickern geworden, singen „Troy“ lautstark mit, tanzen zu „25“ und feiern „Le Smou“. Als dann drei Barhocker an den Bühnenrand geschoben werden, wird klar, dass eine Verschnaufpause naht. Der eher ruhige Zwischenpart mit Stücken wie „Was man will“ oder „Endstation Erde“ bricht die ausgelassene Stimmung ein wenig. Da hilft auch der eingestreute Konfettiregen nichts und so bedarf es schon einer kurzen Stagediving-Einlage von Thomas D um die Arena wieder auf Betriebstemperatur zu bringen.
Gemeinsam surfen sich Band und Fans mit Knallern wie „Sie ist weg“, „MfG“ und „Ernten was wir säen“ im „Schweinerock Mix“ als fulminantem Abschluss dem Ende des Mainsets entgegen. „Scheißegal wievielter Frühling, dreißig Jahre Weekend-Feeling, alle deine Lieblingslieder und wir spielen, spielen, spielen, spielen sie wieder“ singen Die Fantastischen Vier auf ihrem neuen Album und auch in Köln ist noch nicht Schluss mit Party. Selbst dann nicht als es mit „Aufhören“ in die Zugaben geht. Es folgen „Einfach sein“ und „Smudo in Zukunft“ (mit einem eingebauten The Prodigy-Cover von „Out Of Space“) und als zweiunddreißigsten und allerletzten Song mein persönlicher Favorit „Zusammen“ ohne Clueso.
Ich habe keine Ahnung, ob der eine oder die andere den Text wörtlich genommen und anschließend noch bis zum Morgengrauen weitergefeiert hat, aber die Begeisterung der schätzungsweise 15.000 Fans lässt darauf schließen, dass sie gerne noch länger zusammengeblieben wären. All denjenigen, die Die Fantastischen Vier mit ihrem aktuellen Album vorschnell beim alten HipHop-Eisen einsortiert haben, zeigen die Fans auf dem Heimweg durch den Kölner Dauerregen in Gedanken den ausgestreckten Mittelfinger. Und dann grinsen sie sich einen und freuen sich über das Versprechen von Michi Beck bald wiederzukommen. Echte Long Player eben.