Ist Deutschland nur ein Land der Kuckucksuhren und der Schwarzwaldklinik, in dem „Frühstücksei, Rouladen mit Rotkohl und dichte Fenster“ (Angela Merkel 2017) gefragt sind? Gibt es etwas Spezifisches, was uns von anderen unterscheidet? Oder ist allein eine solche Frage schon „typisch deutsch“?
Seit fünf Jahrzehnten schon analysiert Horst Opaschowski, was sich tut im Land – politisch, wirtschaftlich, sozial, psychologisch. Und er leitet daraus Prognosen ab. In diesem Buch blickt er zurück nach vorn: Er stellt frühere Thesen auf den Prüfstand. Voraussagen z.B. zur Bevölkerungsentwicklung, zu West- und Ostdeutschland, zum technischen Fortschritt, zum Familienleben und Sozialverhalten, zum Arbeitsleben und zum Wertewandel konfrontiert er mit der tatsächlichen Entwicklung. So kommt er zu genauso überraschenden wie plausiblen Prognosen für alte und neue gesellschaftliche Trends. Dies ist Opaschowskis persönlichstes Buch. Kurzweilig rekapituliert er 50 Jahre Zukunftsforschung und schreibt sie fort: ein einzigartiges Porträt deutscher Befindlichkeiten mit den Ängsten und Hoffnungen der Menschen – und mit allem, was ihnen wichtig ist.
Das Buch lässt sich gut schmökern und es ist durchaus selbstkritisch im Bereich der Zukunftsforschung – was vergangene Prophezeiungen angeht. Und zunächst ist es mal eine Reise in die Vergangenheit, als nur Gott und Kaiser die Zukunft kannten. Wer konnte schon den Mauerfall vorhersehen? Oder die Flüchtlingskrise? Da macht man doch lieber Schlagzeilen mit kruden Weltuntergangs-Szenarien.
Der fast 79jährige hat Begriffe erfunden wie „Love Generation“, „Erlebnisgesellschaft“ und „Wohlfühlgesellschaft“. Er geht mit der Zeit und ist auf YouTube äußerst aktiv – einer der großen Influencer, ohne die hektischen Youngster zu imitieren. Seine Prognosen machen nicht nur Angst, auch Hoffnung. Unbezahlbarer Wohnraum steht neben Mehrgenerationenfamilien. Die Nennung der Gefahren bietet auch Lösungen an. Man sollte die Lektüre riskieren, wenn man nicht in der Gegenwart stecken bleiben will.