Eine mögliche (manche sagen gar „drohende“) Reunion von Genesis ist quasi der Running Gag aller Musikmagazine. Allein schon mit Fragezeichen versehene Überschriften sorgen für Klick-Rekorde. Dabei ist doch alles gesagt, was es zu sagen gibt. Alle aktuellen und ehemaligen Mitglieder sind mit ihren Soloprojekten erfolgreich. Selbst Ray Wilson, Steve Hackett und Tony Banks liefern konstant gute Alben ab. Und egal, ob man die Stadien füllt oder die Kulturkirchen – über Langeweile braucht sich vermutlich keiner zu beklagen.
Mike + the Mechanics standen Anfang des Jahrtausends vor der großen Krise, als der geniale Paul Young überraschend verstarb. Paul Carrack konnte das vokale Gewicht zwar allein stemmen, doch 2006 geriet er in Streit mit Mike Rutherford, als der Mastermind es ihm nicht gestattete, Mechanics-Songs für ein Carrack-Soloalbum zu verwenden. Nun ja. The Mechanics kannten das „Bäumchen wechsel dich“-Spiel schon länger und die Suche nach adäquatem Ersatz konnte bald losgehen.
Seit 2010 ist der Soulsänger Andrew Roachford mit an Bord. Eine hervorragende Wahl. Stimmlich anders als die Vorgänger, aber für Festivals und Konzerte im kleineren Rahmen bestens geeignet. Und quasi aus dem Nichts kam im gleichen Jahr der kanadische Sänger Tim Howar mit hinzu, der zuvor vor allem als Schauspieler und Sprecher bekannt war.
Live sind die beiden eine Wucht. Die Studioalben waren zwar nicht so erfolgreich, wie die Vorgänger, doch es zeigte sich, dass die Mannen um Rutherford zu einer echten Band herangewachsen sind und feinste Popmusik zu bieten haben. Das wird auch deutlich, wenn man die drei neuen Songs des neuen Albums hört. Vor allem der Titelsong ist ein Mechanics-Song vom alten Schlag und geht direkt ins Ohr. Wenn die Radiosender nicht so verbohrt wären und den Bandnamen nur nostalgisch verwenden würden, könnte dieser ein Dauer-Airplay erfahren.
Im Mittelpunkt aber stehen die Klassiker, die von den Sängern mit neuer Stimmkraft versehen werden. Ob im Duett wie bei „Get Up“ oder mit einem der Protagonisten im Vordergrund – es passt jedes Mal sehr gut. Andrew Roachford verleiht „Another Cup Of Coffee“ neuen Glanz und Tim Howar kann „Beggar On A Beach Of Gold“ und „All I Need Is A Miracle“ durchaus schöne Nuancen mitgeben.
Der Unterschied zu den Originalen ist da, aber fällt nicht riesig auf. Wer einfach nur ein gutes Best-of-Album haben will, ist hier ebenso gut bedient wie der Fan, der sich auf die Versionen mit den aktuellen Stimmen der Band freut. Für mich klingt es fantastisch und läuft seit Tagen im Player auf dem Weg zur Arbeit.