Schon der Beginn des Albums ist ein ganz besonderer Moment, wenn Veronica Swift den oft gehörten Klassiker „I Am What I Am“ ganz ungewöhnlich mit vokalen Lautmalereien im Scat-Gesang einläutet. Es ist Wahnsinn, was diese Stimme kann. Auf ihrem neuen, selbst betitelten Album zeigt sich die einmalige Sängerin mit unerschrockenem Selbstbewusstsein.
Die Vokalsensation Veronica Swift hat die Jazzwelt mit ihrem von der Kritik gefeierten Album „This Bitter Earth“ aus dem Jahr 2021 im Sturm erobert. Sie landete auf dem Cover von DownBeat, führte die Jahresendlisten für Vokalveröffentlichungen an und begeisterte das Publikum mit ihrer vielseitigen Bühnenshow in der Hollywood Bowl und darüber hinaus.
Das dritte Album, dem sie zu Recht ihren eigenen Namen gibt, ist ein famoser Streifzug durch die Musikgeschichte. Und dabei macht die Künstlerin aus Virginia vor nichts Halt. „Closer“ zeigt mit viel Dynamik, dass auch ein Song von Nine Inch Nails im Jazz-Universum bestehen kann. Aggressiv, energisch und mit einer Geschwindigkeit, die dem Hörer die Ohren schlackern lässt. Das integrierte Saxofon-Solo ist nicht von dieser Welt.
Veronica Swift hat alle Stücke selbst arrangiert oder war zumindest am Arrangement beteiligt. Und das mit unerschöpflichem Ideenreichtum – man nehme nur „The Show Must Go On“, wo sich das bekannte Queen-Stück mit der Arie „“Vesti la Giubba“ (Leoncavallo) und Nat King Coles „Laugh! Cool Clown“ verbündet. Der Pianosong beginnt dabei als Ballade und nimmt immer stärker an Fahrt auf.
„I’m Always Chasing Rainbow“ mit der Musik von Chopin singt Veronica so wundervoll wie einst Judy Garland und das eigene Stück „In The Moonlight“ verschmilz romantisch mit Beethovens-Mondscheinsonate. So holt Swift altbekannte Klassiker in die Moderne, wie auch Puccinis Oper „Turandot“, der sie in „Severed Heads“ ein melancholisches Denkmal setzt.
Gerade diese Mischung aus Klassik, Rock, Pop und Jazz macht das Album so einzigartig. Und es ist eine Wohltat, zwischen den virtuosen Arrangements und Jazz-Improvisationen immer wieder bekannte Melodien zu entdecken. Den Abschluss bildet mit „Keep Yourself Alive“ ein weiterer, komplett aus der Bahn geworfener Queen-Song, der trotz aller Veränderung mit einem starken Gitarrensolo aufwartet.
Barbra Streisands „Don’t Rain On My Parade“ in einer lauten Rock-Version wird schließlich als Zugabe betitelt, was absolut gerechtfertigt ist. „Veronica Swift“ funktioniert wie eine Suite. Wie ein Konzeptalbum, das mit „I Am What I Am“ die künstlerische Freiheit proklamiert und dann bis zum Schluss auslebt. Großartig!