Toehider aus Melbourne haben angekündigt, dass ihre gefeierte 12in12-EP-Serie in diesem Jahr auf CD und digitalen Formaten neu veröffentlicht wird, um 12 Jahre 12in12 zu feiern.
The First Six und The Last Six werden als 2CD-Sets mit allen 12 von Toehider zwischen 2008-2009 veröffentlichten EPs erhältlich sein, während jede einzelne EP digital mit vollständigem Künstlerkommentar zu jedem einzelnen Track von MIKE MILLS neu veröffentlicht wird.
Auf dieses Konzert habe ich mich schon lange gefreut. Nicht nur, weil Musicheadquarter einer der Präsentatoren von Stefan Stoppok’s aktueller Solo-Tour ist, sondern auch weil ich den “Liedermacher aus dem La-La-Land” heute zum ersten Mal live sehe. Die eigentlich bereits für das vergangene Jahr fest eingeplante Premiere fiel leider einem Schneechaos rund um Köln zum Opfer. Von Schnee ist an diesem eiskalten letzten Novembertag zum Glück nichts zu sehen. Trotzdem sind wir froh, als wir nach der üblichen elendigen Parkplatzsuche endlich die kuschelig warme Kulturkirche im schönen Kölner Stadtteil Nippes betreten dürfen. Das Ambiente des Gotteshauses aus dem 19. Jahrhundert haut mich jedesmal wieder aufs Neue um. Vorne eine kleine Bühne, auf der drei Gitarren, zwei Banjos, eine Bouzouki sowie eine Stompbox stehen, hinten eine improvisierte Theke und dazwischen die engen Kirchenbänke, die in kürzester Zeit rappelvoll sind. Neben der Lichttraverse hängt ein grosser Adventskranz mit dicken roten Kerzen. Stoppok hat die Lutherkirche ausverkauft, der liebe Gott wäre stolz auf ihn.
Vor zehn Jahren hat Pfarrer Thomas Diederichs damit begonnen hier Konzerte zu veranstalten. Inzwischen ist die Kulturkirche weit über die Grenzen Kölns hinaus zu einer Institution geworden und viele Stimmen behaupten mittlerweile, ihr Name leite sich weniger vom Begriff “Kultur” als vielmehr von “Kult” ab. Für das kommende Jahr haben sich jedenfalls bereits wieder solch illustre Gäste wie Jan Plewka, Ron Sexsmith oder Rebekka Bakken angesagt. Doch heute ist erstmal Stoppok. Mit den Worten “Ich denke heut’ wird gut” begrüsst er unter tosendem Applaus die Kölner und lässt seinem schelmischen Grinsen zum Einstieg das Stück “Ich wartete” folgen. Danach legt er ein fulminantes Solo auf der Bouzouki hin und entschuldigt sich anschließend dafür, dass er die Kontrolle über sich verloren hat. Damit wären wir auch schon bei dem springenden Punkt, der den 56-jährigen gebürtigen Hamburger so symphatisch macht: Er hört sich nicht nur an wie Helge Schneider, er ist auch mindestens ebenso spontan witzig. Egal, ob er erzählt, dass sein grösseres Banjo einst das Übungsbanjo von Eric Clapton war (das kleinere stammt übrigens von Carlos Santana) oder ob er darauf hinweist, dass es am Merchandising-Stand auch Stützstrümpfe mit dem Stoppok-Logo zu kaufen gibt – es darf gelacht werden und zwar reichlich.
Selbst die völlig unlustigen weil penetranten Zwischenrufe einiger Vollidioten, die am Einlaß offensichtlich ihr Gehirn abgegeben haben (sofern sie vorher überhaupt eines hatten), bringen ihn kaum aus der Ruhe: “Jeder, der einen Liedwunsch hat, geht jetzt mal vor die Tür und wartet bis er aufgerufen wird”. Leider lässt die gehirnamputierte Fraktion jedoch bis zum Schluß keine Gelegenheit aus um sich weiterhin lächerlich zu machen. Aber auch für solche Leute hat Stoppok ein Lied geschrieben. Es heißt “Dumpfbacke”. Abseits der hirnfreien Zone rund um die Theke herrscht hingegen beste Laune. Stoppok begeistert ein ums andere Mal mit seinen handwerklichen Fertigkeiten und Songs wie dem wunderschönen “Wie tief kann man sehen”, mit “Zwischen Twen Tours und Seniorenpass” oder “Willi Moll in Afrika”, mit dem er sich in eine etwa zwanzigminütige Pause verabschiedet.
Danach geht es nahtlos mit dem für Stoppok typischen Stilmix aus Folk, Rock und Blues weiter. In den Gängen wird fleißig getanzt. Im übrigen bei einem durchgängig perfekten Sound. Besonders letzterer Stil hat es Stoppok jetzt angetan (“Spezialisten Blues” und “Schieber Blues”). Die Fans präsentieren sich extrem textsicher, was Stoppok wiederum dazu animiert sie für einen Bee Gees-Gedächtnischor in eine Robin Gibb-Gruppe (Männer) und eine Barry White-Gruppe (Frauen) aufzuteilen. Als er nach über zwei Stunden (ohne Pause) mit “Kebap” schließlich auf die Zielgerade einbiegt, ist eines mal wieder klar geworden: Den Namen “Poet aus dem Pott” trägt Stefan Stoppok völlig zu Recht. Sei es mit Band, im Duett mit seinem Langzeit-Partner und -Bassisten Reggie Worthy oder solo wie heute in der Kulturkirche.
Wo andere Kollegen mit überdimensionalen Bühnenshows ihren schwindenden Wortwitz zu überspielen versuchen, bietet Stoppok ehrliche Arbeit und Nähe zu den Fans. Eben handgemachte Musik mit ebenso berührenden wie unterhaltsamen Texten. Alles andere überlässt er den Grönemeyers und Westernhagens dieser Welt. Köln sagt Danke für einen grossartigen Abend und wünscht dem Rest der Republik noch viel Spass auf der Stoppok Solo-Tour!
Im August erschien Wolf Maahn’s erstes Solo-Live-Album “Lieder vom Rand der Galaxis”. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass er nun schon seit sieben Jahren regelmäßig alleine auf Tour geht. Anfangs gab es noch Zweifel. Kann nur eine Gitarre eine Band ersetzen und den ganzen Abend genug Abwechslung liefern? Sie kann! Wolf Maahn hat das inzwischen oft genug bewiesen, auch wenn er das Rechtshänder-Instrument linksrum spielt und das immer noch ein bißchen durchgeknallt aussieht. In diesem Jahr feiert er sein dreißigjähriges Jubiläum. Was also lag da näher, als die “Ein-Maahn-Band” erneut mit den “Liedern vom Rand der Galaxis” auf eine Reise über den kleinen blauen Planeten zu schicken?
Heute abend landet er in seiner Wahlheimat Köln, genauer gesagt im schönen Stadtteil Nippes. Hier steht eine neogotische Lutherkirche. Neben den allsonntäglichen Gottesdiensten werden dort seit zehn Jahren auch Konzerte veranstaltet. Das Nippeser Gotteshaus hat sich inzwischen als “Kulturkirche Köln” weit über die Grenzen der Domstadt hinaus einen Namen gemacht. Das Ambiente im Inneren ist wirklich einzigartig. Die hohen Mauern sorgen für eine tolle Akustik, der Altar ist durch eine Bühne ersetzt, an den Wänden hängen Lichttraversen neben Heiligenfiguren und eine Theke sieht man in einer Kirche auch nicht alle Tage. Die engen Bänke sind rappelvoll als Wolf Maahn nahezu pünktlich um 20 Uhr auf seinem Barhocker Platz nimmt, um sich herum vier Gitarren, ein Mikro, einen Notenständer und eine flachgelegte Cachon, auf der er sich mit dem rechten Fuß selbst rhytmisch begleitet. Im Hintergrund hängt passend zum Albumtitel ein weißer Mond vor einem Sternenhimmel.
Er beginnt sein Set mit “Flucht nach vorn” und “Vereinigte Staaten” von seinem gleichnamigen letzten Studioalbum. Bei “Durch alle Zeiten” wird dann erstmals gegroovt. Wolf Maahn ruft “Wir wollen Spaß haben” und die Leute vor ihm tauen spürbar auf. Anschließend träumen alle mit dem wunderbaren “Kind der Sterne”. Leider ist der Gitarrensound im Verhältnis zur Stimme eine Spur zu laut abgemischt. Doch Wolf Maahn überspielt das gewohnt nonchalant. Egal ob er vor “Nothing But A Heartache” erstmal seine Gitarre stimmen muss oder sich während “Total verliebt in dich” im Text verhaspelt, es sind diese kleinen Patzer, die den 57-Jährigen so sympathisch machen. Bei “Unter einem großen Himmel” versinkt er förmlich in seinem Gitarrespiel und freut sich wie ein kleines Kind über die Publikumschöre zu “Wenn der Regen kommt”. Anschließend macht er überraschenderweise fünfzehn Minuten Pause. Erfreulicherweise ist der Sound danach deutlich besser.
Mit den beiden Klassikern “Rosen im Asphalt” und “Irgendwo in Deutschland” geht es weiter. Jetzt tobt die Kulturkirche vor Begeisterung. Es folgt meine persönliche Gänsehaut-Nummer “Ich wart’ auf dich”. Wie immer erzählt Wolf Maahn (“Ich laber heute auch Scheiße”) das ein oder andere Anekdötchen. So analysiert er vor “Kathedralen von Zahlen” für uns das Bankensystem: “Die Banken leihen sich untereinander nichts mehr. Die sind misstrauisch. Komisch, oder?”. Schließlich geht er mit “Deine Küsse” (von 1983) und “Blinder Passagier” (1982) ganz weit zurück bis zu seinen Anfängen mit den Deserteuren. Zwischendurch schweift er in Bob Dylan’s Kultsong “Knockin’ On Heaven’s Door” ab, bevor es an die Zugaben geht.
Die starten mit “Eins für die Schwärmer” vom 2004er “Zauberstraßen”-Album, das es übrigens bald als aufwändigen Re-Release geben wird. “Sterne in meinen Schuh’n” widmet Wolf Maahn seiner Frau Angelika. Den würdigen Schlußpunkt setzt dann nach über zwei Stunden “Kleine Helden”. Die Kulturkirche hat sich da schon längst erhoben und feiert einen grossartigen Konzertabend und einen sichtlich überwältigten Wolf Maahn. Noch in derselben Nacht schreibt er auf Facebook: “Diesen Abend werde ich so schnell nicht vergessen! Danke Köln, danke Nippes! Danke der Kulturkirche! Ihr habt gerockt!!”. Der Dank ist ganz auf unserer Seite, Wolf. Und vergiß nicht zu tanzen!