Ayreon baut das „Electric Castle“ in Tilburg – Rockoper mit Staraufgebot
Die Space Opera „Into the Electric Castle“ von Ayreon alias Arjen Anthony Lucassen erschien ursprünglich im Jahr 1998 und war aufgrund des Staraufgebots eine Sensation. Wie die meisten Ayreon-Alben ist es ein Konzeptalbum, das im gleichen fiktiven Universum spielt wie das Debüt „The Final Experiment“. In „Into the Electric Castle“ folgen acht Charaktere aus verschiedenen Orten und Epochen, die sich unerklärlicherweise zusammengefunden haben, einer mysteriösen Stimme. Sie müssen das „Electric Castle“ erreichen, um zu überleben.
Das war das Grundgerüst und es gab Sängern wie Damian Wilson, Fish und Anneke van Giersbergen genügend Raum, ihre dargestellten Protagonisten auszuarbeiten und mit Leben zu füllen. In der hier mitgeschnitenen Liveperformance – mehr als zwanzig Jahre nach Erscheinen des Doppelalbums – waren nicht alle Gäste des Originals vertreten, aber die meisten fanden sich mit an Bord. Es war die erste Liveaufführung des Konzepts und Arjen Anthony Lucassen, der selbst seine Rolle als Hippie spielte, war sichtlich nervös. Der inzwischen 60jährige hatte aber auch groß aufgefahren: Vier Nächte in Folge war das 013 Poppodium im holländischen Tilburg gebucht und ausverkauft. Der Bühnenaufbau glänzte mit einem riesigen Schloss, das opulent beleuchtet war und über dem eine große LCD-Wand Raum für Bilder und Videos ließ.
Die Geschichte wurde von US-Schauspieler John de Lancie mit diabolischem Gehabe erzählt. Die Videozuschauer können miterleben, wie die Protagonisten gute und schlechte Entscheidungen treffen und zum Teil sterben. Ein dramatisches, insgesamt sehr opulentes Gehabe mit Orchester-Elementen, Tänzern, Background-Chor, starken Kostümen und Maskierungen. Live zu hören waren dort viele Prog-Promis, die seinerzeit an der Produktion des Studioalbums mitgewirkt hatten – namentlich Fish (The Highlander), Edwin Balogh (The Roman), Anneke van Giersbergen (The Egyptian), Damian Wilson (The Knight) und Edward Reekers (The Futureman). Hinzu kamen unter anderem Thijs Van Leer (Focus), Simone Simons (Epica), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Marcela Bovio, Joost van den Broek, Johan van Stratum, Marcel Singor, Ferry Duijsens, Bob Wijtsma und Ben Mathot.
Fish ist souverän dabei, Damian Wilson stimmlich sehr stark. Anneke van Giersbergen weiß zu überzeugen, aber mir gefällt Simone Simons noch einen Tick besser. Man kann der Story gut folgen und die schauspielerischen Qualitäten sind allesamt gelungen. Eine famose Umsetzung! Wer sich davon live überzeugen will, hat Gelegenheit beim NIGHT OF THE PROG 2020 auf der Loreley. Wir sind mal guter Hoffnung, dass dort Mitte Juli wieder ein Festival stattfinden kann.
Der Zugabenblock des Mitschnitt enthält übrigens einzelne Songs verschiedener anderer Projekte, die Lucassen im Lauf seiner Karriere bereits verwirklicht hat – unter anderem Ambeon, Stream of Passion und Star One. Zudem darf auch Fish eine besondere Version seines Hits „Kayleigh“ performen. Die mir vorliegende Bluray ist jedenfalls allen Fans des gepflegten Artrock, Neoprog und Progressive Metal wärmstens zu empfehlen.