Der umtriebige Holländer Arjen Luccansen hat ein neues Projekt am Start: Supersonic Revolution. Diesmal nicht mit einem Who’s Who an Gastmusikern, aber nicht weniger spannend und energiegeladen wie mit Ayreon. Der Sound ist in den 70ern behaftet, erinnert ein wenig an die frühen Alben von Deep Purple.
Das Cover springt sofort ins Auge. Die Bandmitglieder turnen auf Felsblöcken herum, die wie Eisschollen auf dem Wasser im Raum über einer Felswüstenlandschaft schweben. Im Hintergrund ist eine Pyramide zu erkennen, über deren Spitze sich ein Regenbogen spannt, sowie der Basaltfels Devils Tower, bekannt aus Steven Spielbergs „Die Unheimliche Begegnung der dritten Art“, welcher tatsächlich (ohne sein Innenleben aus Spielbergs Werk) in Wyoming existiert.
Fotocredit: Lori Linstruth
Obwohl das Album in kurzer Zeit entstand, klingt es keineswegs zusammengeschustert. Man spürt in jedem Song die Spielfreude der fünf holländischen Musiker. Als Zugabe sind noch vier Bonustracks-Coverversionen enthalten: „Children of the Revolution“ (T-Rex), „Heard it on the X“ (ZZ Top), „Love is all“ (Deep Purple bzw. Roger Clover) sowie das aus der Rolle fallende „Fantasy“ von Earth Wind and Fire.
Diesmal ist kein Konzeptalbum herausgekommen, aber die CD ist dadurch nicht weniger spannend. Das ist Prog Rock at it’s best. Elf kraftvolle Tracks plus vier Bonustracks – Heavy Rock, der groovt. Anspieltipps: The Glammatack, The Rise of the Starman, Golden Boy und Fight of the Century.
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Du glaubst du kennst Arjen Lucassen? Den überragenden niederländischen Prog-Rock-Polymath? Den Mann hinter dem supererfolgreichen Prog-Rock-Konzept Ayreon? Riesige, übergreifende Konzeptalben über Raum und Zeit, vollgepackt mit besonderen Gästen, die sich wie das Who’s Who des modernen Progressive Rock lesen? Arjen Lucassen? Nun, denk noch einmal nach…
Supersonic Revolution, die Band hinter „Golden Age Of Music“, sind einfach fünf Männer: Arjen am Bass, sein langjähriger Keyboarder Joost van den Broek, Gitarrist Timo Somers, Schlagzeuger Koen Herfst und Sänger Jaycee Cuijpers. Fünf Männer, die abrocken und dabei einen Heidenspaß haben.
Das ganze Projekt entstand aus einer Anfrage, einen Track für eine Cover-CD des deutschen Musikmagazins Eclipsed zu liefern. „Sie fragten mich, ob ich irgendwelche Coverversionen herumliegen hätte“, erinnert Arjen sich. „Ich sagte: ‚Nein, aber ich nehme gerne eine für euch auf‘. Also gaben sie mir eine Liste von Bands und ich sah einen ZZ Top-Song ‚I Heard It On The X‘, den ich sehr mag. Ich sagte, ich könnte ihn für sie aufnehmen, aber dann sagten sie mir, er müsse in einer Woche fertig sein. Ich dachte ‚Oh mein Gott!‘. Ich habe meine Lieblingsmusiker in Holland über WhatsApp kontaktiert und buchstäblich innerhalb von 30 Minuten hatte ich fünf Leute zusammen. Im Grunde eine Band. Von da an war der Samen in meinem Kopf gesät. ‚Ich will eine Band gründen. Und ich will einfach nur Spaß haben“.
Fotocredit: Lori Linstruth
„Wie jeder weiß, bin ich ein Perfektionist, deshalb schicke ich den Musikern immer ihre Parts zurück und bitte sie, etwas zu ändern“, räumt er ein. „Aber das hier war einfach genial. Wir hatten Spaß, riefen die ganze Zeit an und schrieben WhatsApp, und innerhalb einer Woche hatten wir ein komplettes Produkt. Außerdem wollte ich ein optimistisches, positives Projekt haben.“
„Ich dachte mir, lass uns eine Band gründen und Songs im Stil der 70er Jahre schreiben, und die Texte sollten all die denkwürdigen Dinge aus dieser Zeit feiern, denn das waren meine prägenden Jahre“, schwärmt er. „Aber ich wollte nicht, dass es wie die 70er Jahre klingt, denn das wurde schon gemacht, und ich kann es nicht besser machen als Rainbow mit ‚Stargazer‘ oder Led Zeppelin mit ‚Kashmir‘.“
Das Endergebnis sind 11 energiegeladene Heavy Rock Tracks, die mit einem Groove a’la Deep Purple Anfang/Mitte der 70er daher kommen. „Dieses Album ist kein typisches Prog-Album. Es ist nicht Yes oder Genesis. Aber es ist auch kein Metal-Album. Es gibt ein Stück namens ‚Burn it Down'“, so Lucassen, „es basiert komplett auf ‚Smoke On The Water‘, ist aber aus der Perspektive des im Originaltext erwähnten ‚Dummkopfs mit Leuchtpistole‘ geschrieben.”
Als Bonustracks enthält das Album außerdem Cover einiger legendärer Songs, die von Arjen Lucassen bearbeitet wurden: „Children of the Revolution“ von T-Rex, „Heard It On The X“ von ZZ Top, „Fantasy“ von Earth Wind and Fire und „Love Is All“ von Roger Glover.
That, Ladies and Gentlemen, is the real Arjen Lucassen. Job done. Having fun.
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Spät, aber immerhin habe ich die mir bislang nur vom Namen her bekannte Band Ayreon kennengelernt. Die vorliegende Doppel-CD trifft voll meinen Geschmack. Prog at it’s best!
CD 1 trägt den Titel „Dream Sequencer“ und stammt bereits aus dem Jahr 2000. Der Stil unterscheidet sich deutlich von CD 2 „Flight oft he Migrator“, was den musikalischen Zusammenhang nur textlich erkennen lässt. So werden sich die Fans wohl in zwei Gruppen aufteilen, in die progressive und in die Heavy-Metal-Ecke.
Erzählt wird die Zeitreise aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Im Jahr 2084 hat der letzte Weltkrieg alles Leben auf der Erde ausgelöscht. Einige Menschen entkamen der Apokalypse und leben nun auf dem Mars. Diese Menschen brachten zwar Lebensmittel mit, aber da von der zerstörten Erde kein Nachschub beschafft werden konnte, starben alle Menschen aus bis auf einen, der nun alleine auf der Marskolonie lebt. Er wurde auf dem Mars geboren und kennt die Erde nicht. Um sie zu erleben, benötigt er eine Dream Sequencer genannte Maschine. Von Wissenschaftlern auf dem Mars entwickelt, sollte die Maschine ursprünglich die Langeweile vertreiben. Durch eine Form von Hypnose kann der Benutzer in die Vergangenheit reisen. So erlebt der letzte Mensch seine eigene Jugend und lernt Menschen kennen, die im Krieg von 2084 gekämpft haben. Aber die Reise geht weiter. Er ist beim Bau von Stonehenge dabei und lernt den ersten Menschen auf der Erde kennen. Jeder Track auf Dream Sequencer greift das vorherige Leben wieder auf. So erzählen auch die Folgesongs ihre ganz spezielle Geschichte.
Verschiedene Sänger tragen das Album. „One small Step“ verwendet die Worte von Neil Armstrong bei der Mondlandung. Die Vocals stammen von Lana Lane, die auch noch auf weiteren Songs zu hören ist. Auf „Carried by the Wind“ singt Arjen Lucassen selbst. Damian Wilson singt beim Stonehenge-Song „And the Druids turn to Stone“. Neal Morse steuert den Gesang bei „The First Man on Earth“ bei. Die Dream Sequencer Reprise ist ein Instrumentalstück.
Viel härter geht es auf der zweiten CD zugange. Hier wird die Geschichte des letzten auf dem Mars verbliebenen Menschen fortgesetzt. Mit Hilfe des Dream Sequencers reist er bis zum Urknall zurück. Die Gastsänger sind weitestgehend die gleichen wie auf CD1.
Würde ich jede CD einzeln bewerten, würde ich CD1 8 Sterne, CD2 allerdings nur 4 geben. Ich finde die erste CD melodischer und eingängiger. Mit durchschnittlich 6 Sternen zählt das Album zu den besten, die ich in diesem Jahr gehört habe. Dass es sich um eine Wiederveröffentlichung eines alten Œuvres handelt, habe ich erst nach dem Hören erfahren.
Laufzeit CD 1 (11 Titel): 71 Minuten, CD 2 (9 Titel): 66 Min.
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Ich muss gestehen, das hier ist das erste Album, das ich mir von Arjen Lucassen angehört habe. Natürlich war er mir als eclipsed-Leser namentlich bekannt, vor allem mit seiner Band Ayeron. Zunächst dachte ich im Albumtitel einen Schreibfehler entdeckt zu haben, denn „Rebel in Time“ würde ebenso zu diesem Powerrock-Album passen.
Die Gitarren drängen sich mehr auf als der Gesang. Zu Beginn des Albums geht es noch einigermaßen gemächlich zu, aber nach einigen Sekunden zieht das Tempo an. Einige Arrangements erinnern mich an Yngwie Malmsteen. Danach mausert sich das Album zu einer wahren Rock-Oper. In den Texten, die wie von Filmmusiken, speziell Science Fiction, inspiriert klingen, geht es um die Manipulation von Zeit.
Meine Anspieltipps sind der Opener „Fate of Man“, „Bridge of Life“ und „Beyond the Edge of it all“. Das Album geht ab wie Schmidts Katze, aber jeden Tag muss ich die CD nicht auflegen.
Das Album enthält 11 Titel mit einer Laufzeit von 66 Minuten. Es ist auch als Doppel-CD erhältlich. Auf der 2. CD befinden sich die gleichen Titel, allerdings von jeweils einem anderen Sänger interpretiert. Sehr große Unterschiede sind mir keine aufgefallen, für Fans dürfte es jedoch einen Mehrwert haben. Die Instrumentalisierung ist mit den Songs auf CD identisch, weshalb es auf die gleiche Spiellänge kommt.
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Mit seinem Prog-Projekt Ayreon stellt der Niederländer und Multiinstrumentalist Arjen Anthony Lucassen seit beinahe einem Vierteljahrhundert immer wieder packende Mammut-Musikepen wie „Into the Electric Castle” (1998), „The Human Equation” (2004), „01011001” (2008), „The Theory Of Everything” (2013) und zuletzt „The Source” (2017) auf die Beine, die mit Blick auf Produktion, Ausstattung, die Vielzahl und das Können der Beteiligten, sowie vor allem hinsichtlich der Strahlkraft der jeweiligen Kompositionen Maßstäbe setzen.
In der Vergangenheit zog Arjen Lucassen seine Inspiration häufig aus Wissenschaft und Science Fiction, doch hier ist es anders. Das „Transitus”-Konzept basiert auf einer mit Gothic- und Horror-Elementen angereichten, im Jahr 1884 spielenden Geschichte um Leben, Tod und allerlei übernatürliche Phänomene. Es geht um die Zwischenwelt zwischen Leben und Tod, in die es den Protagonisten verschlagen hat. Von hier aus erzählt er die Geschichte seiner verbotenen Liebe zur farbigen Dienerin Abby.
Mit rudimentären Englischkenntnissen ist es schwierig, der Story zu folgen. Und ich muss sagen, es ist ein Unding, dass der normalen 2CD-Version keine Texte, ja nicht einmal ein erklärendes Booklet beiliegen. Allein die Galerie der vielen prominente Mitwirkenden ist zu sehen. Wer also tiefer in die Materie einsteigen will, braucht das große Earbook, das sogar ein Comic des chilenischen Zeichners Felix Vega mit der Storyline enthält.
Als prominenter Storyteller fungiert der britische Schauspieler Tom Baker, der in den 1970er-Jahren als Star der von der BBC produzierten Kult-Fernsehserie „Dr. Who” Berühmtheit erlangte. Daneben erscheinen Solisten wie Cammy Gilbert (Oceans of Slumber) , Paul Manzi (Arena), Tommy Karevik (Seventh Wonder, Kamelot), Dee Snider (Twisted Sister), Johanne James (Threshold), Simone Simons (Epica) und Marcela Bovio (Mayan).
In der Musik spiegeln sich neben Einflüssen großartiger Komponisten wie John Carpenter, Ennio Morricone und Jerry Goldsmith auch solche aus Lucassens liebsten Rockopern wie „Jesus Christ Superstar”, „Tommy” und „Krieg der Welten” wider. Vor allem die Musical-Elemente nehmen diesmal großen Raum ein. Doch keine Sorge: Die Fans bekommen auch den üblichen Rundumschlag aus Hardrock, Metal, Folk, mittelalterlichen und orchestralen Elementen. Selbst gregorianische Choräle tauchen auf, um den gotischen Flair zu erzeugen. Also viel Bombast, der aber im Sinne der schaurigen Geschichte wirkt.
Arjen Lucassen beschreibt „Transitus” als sein bislang filmischstes und im postiven Sinne ungeheuerlichstes Oeuvre: „Der Spirit von Progressive Rock besteht darin, zu experimentieren und immer wieder Neuland zu betreten. Genau das hatte ich mit ‘Transitus’ im Sinn. Deshalb ist es anders geworden, als man es von Ayreon bisher kennt – theatralischer und ein bisschen wie ein Musical.” Dass das Album bei all dem wieder die von Ayreon-Fans so geliebte epische Wucht aufweist und über weite Strecken wonnevoll heftig rockt, versteht sich wohl fast von selbst.
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Die Space Opera „Into the Electric Castle“ von Ayreon alias Arjen Anthony Lucassen erschien ursprünglich im Jahr 1998 und war aufgrund des Staraufgebots eine Sensation. Wie die meisten Ayreon-Alben ist es ein Konzeptalbum, das im gleichen fiktiven Universum spielt wie das Debüt „The Final Experiment“. In „Into the Electric Castle“ folgen acht Charaktere aus verschiedenen Orten und Epochen, die sich unerklärlicherweise zusammengefunden haben, einer mysteriösen Stimme. Sie müssen das „Electric Castle“ erreichen, um zu überleben.
Das war das Grundgerüst und es gab Sängern wie Damian Wilson, Fish und Anneke van Giersbergen genügend Raum, ihre dargestellten Protagonisten auszuarbeiten und mit Leben zu füllen. In der hier mitgeschnitenen Liveperformance – mehr als zwanzig Jahre nach Erscheinen des Doppelalbums – waren nicht alle Gäste des Originals vertreten, aber die meisten fanden sich mit an Bord. Es war die erste Liveaufführung des Konzepts und Arjen Anthony Lucassen, der selbst seine Rolle als Hippie spielte, war sichtlich nervös. Der inzwischen 60jährige hatte aber auch groß aufgefahren: Vier Nächte in Folge war das 013 Poppodium im holländischen Tilburg gebucht und ausverkauft. Der Bühnenaufbau glänzte mit einem riesigen Schloss, das opulent beleuchtet war und über dem eine große LCD-Wand Raum für Bilder und Videos ließ.
Die Geschichte wurde von US-Schauspieler John de Lancie mit diabolischem Gehabe erzählt. Die Videozuschauer können miterleben, wie die Protagonisten gute und schlechte Entscheidungen treffen und zum Teil sterben. Ein dramatisches, insgesamt sehr opulentes Gehabe mit Orchester-Elementen, Tänzern, Background-Chor, starken Kostümen und Maskierungen. Live zu hören waren dort viele Prog-Promis, die seinerzeit an der Produktion des Studioalbums mitgewirkt hatten – namentlich Fish (The Highlander), Edwin Balogh (The Roman), Anneke van Giersbergen (The Egyptian), Damian Wilson (The Knight) und Edward Reekers (The Futureman). Hinzu kamen unter anderem Thijs Van Leer (Focus), Simone Simons (Epica), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Marcela Bovio, Joost van den Broek, Johan van Stratum, Marcel Singor, Ferry Duijsens, Bob Wijtsma und Ben Mathot.
Fish ist souverän dabei, Damian Wilson stimmlich sehr stark. Anneke van Giersbergen weiß zu überzeugen, aber mir gefällt Simone Simons noch einen Tick besser. Man kann der Story gut folgen und die schauspielerischen Qualitäten sind allesamt gelungen. Eine famose Umsetzung! Wer sich davon live überzeugen will, hat Gelegenheit beim NIGHT OF THE PROG 2020 auf der Loreley. Wir sind mal guter Hoffnung, dass dort Mitte Juli wieder ein Festival stattfinden kann.
Der Zugabenblock des Mitschnitt enthält übrigens einzelne Songs verschiedener anderer Projekte, die Lucassen im Lauf seiner Karriere bereits verwirklicht hat – unter anderem Ambeon, Stream of Passion und Star One. Zudem darf auch Fish eine besondere Version seines Hits „Kayleigh“ performen. Die mir vorliegende Bluray ist jedenfalls allen Fans des gepflegten Artrock, Neoprog und Progressive Metal wärmstens zu empfehlen.
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Liebhabern von Progressive Rock und Progressive Metal muss man Arjen Anthony Lucassen nicht groß vorstellen. Seit mehr als 20 Jahren veröffentlicht der Multiinstrumentalist aus den Niederlanden unter dem Projektnamen Ayreon höchst aufwändig produzierte Konzeptalben mit verzwackten Storylines, auf denen er – für gewöhnlich von namhaften Gästen begleitet – gewaltige Kathedralen aus Klang errichtet.
2017 erschien sein SciFi-Epos „The Source“, es geriet zum bisher größten Ayreon Erfolg. Lucassen liebt derlei Megaprojekte über alles – wenn er sie plant und realisiert, lässt er sich von nichts und niemandem bange machen. Nur eines ruft bei dem über zwei Meter messenden, 56-jährigen Hünen seit jeher unweigerlich Fracksausen hervor: Liveauftritte vor großem Publikum. Sie machen ihn nervös, deshalb meidet er sie gerne. Sein Lampenfieber sei übermächtig, sagt Lucassen selbst, und die daraus resultierenden Panikattacken vor Konzerten wären schwer zu bändigen. Kaum zu glauben, aber wahr.
Dementsprechend dünn gesät sind Auftritte wie jene denkwürdigen Shows, die im September letzten Jahres an drei aufeinander folgenden Abenden in Tilburg über die Bühne gingen, wohl auch deshalb waren sämtliche 9.000 erhältlichen Tickets binnen eines Tages vergriffen. Lucassen traute sich vor heimischer Kulisse dann tatsächlich, und die aus aller Welt angereisten Fans bekamen bei einem Parforceritt durch die gesamte Ayreon-Historie ein gewaltiges Progrock-Spektakel geboten, an das sie sich wohl noch lange erinnern werden. Wer nicht dabei war, kann sich jetzt einen tollen Eindruck davon nach Hause holen: Unter dem Titel „Ayreon Universe – Best of Ayreon live“ erscheint bei der Mascot Label Group ein Mitschnitt der Tilburg-Konzerte in vielerlei Formaten.
30 Kameras liefen allabendlich im 013 Poppodium, als Arjen Lucassen gemeinsam mit zwei Dutzend prominenten Gastmusikern zur Sache kam. Als Sängerinnen und Sänger waren mit von der Partie: Floor Jansen und Marco Hietala (Nightwish), Damian Wilson (Threshold), Hansi Kürsch (Blind Guardian), Tommy Karevik (Kamelot), Anneke van Giersbergen (The Gentle Storm), Jonas Renkse (Katatonia), Mike Mills (Toehider), Marcela Bovio (Stream of Passion), Irene Jansen und Jay van Feggelen (Ayreon), Robert Soeterboek (Star One), John Jaycee Cuijpers (Praying Mantis), Edward Reekers (Kayak), Maggy Luyten (Nightmare) und Lisette van den Berg (Scarlet Stories). Die Band setzte sich neben Lucassen selbst aus Ed Warby (Drums), Johan van Stratum (Bass), Marcel Coenen (Leadgitarre), Ferry Duijsens (Gitarre) und Joost van den Broek (Keyboards) zusammen, hinzu kamen noch Ben Mathot (Geige), Jeroen Goossens (Flöte, Holzbläser) sowie Maaike Peterse (Cello).
Die Konzerte dauerten jeweils mehr als zwei Stunden, zum Besten gegeben wurden Stücke aus sämtlichen Ayreon-Alben, vom aktuellen „The Source“, über „The Theory of Everything“ (2013), „01011001“ (2008), „The Human Equation“ (2004), „Universal Migrator Part 1“ und „…Part 2“ (2000), „Into the Electric Castle“ (1998) und „Actual Fantasy“ (1996), bis zurück zum 1995er-Debüt „The Final Experiment“. Projektionen auf einen riesigen HD-Bildschirm, der im Hintergrund die gesamte Bühnenbreite einnahm, untermalten das Ganze sehr effektvoll.
Es ist ein musikalischer Genuss, sich die Konzerte im CD-Format anzuhören. Erstklassiker Sound. Neoprog vom Feinsten. Geniale Gastsängerinnen und -Sänger. Allein der Keyboard-Sound ist einzigartig. Und die Musical-Elemente aus den Konzeptwerken werden gekonnt zu einem großen Ganzen verknüpft.
Viel wichtiger aber ist das visuelle Geschehen – weil es dies bei Ayreon so selten gibt. Daher MUSS es natürlich der DVD-Release sein, auf den man das Hauptaugenmerk legt. Das futuristische Geschehen und die Fantasy-Elemente wurden so gekonnt auf die Bühne gebracht, dass man dies auch zuhause auf der Couch in vollen Zügen genießen kann. Ob folkige Passagen, Hardrock oder Prog – Solokünstler, Band und Backgroundsänger spielen mit viel Elan auf. Auch sie sind sich der Einzigartigkeit des Ereignisses voll bewusst. Was sie abliefern ist eine Performance, die man nur als phänomenal bezeichnen kann.
Ich bin nicht von jedem Album des Holländers überzeugt. Oft gibt es ellenlange Wiederholungen, zu viel Bombast oder Keyboard-Passagen, die irgendwann die Nervenzellen belasten. Doch was er hier abliefert, ist eine großartige Zusammenfassung seiner Ideen und Werke. Damit kann man einen kurzweiligen Abend vor dem Fernseher füllen. Stark!
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Arjen Lucassen veröffentlichte mit „The Source“ ein neues Kapitel der Ayreon Saga. Diese begann 1995 mit „The Final Experiment“. Die Geschicht spielt im Jahr 2084 und die Erde steht kurz vor der Zerstörung durch den Menschen. In den Folgealben griff Arjen diese Handlung thematisch immer wieder auf, schrieb über Marskolonisten und die schweren Prüfungen der Menschheit im „Electric Castle“. Fast alle Alben bisher bilden einen langen Erzählstrang, auch „The Human Equation“, das in der Gegenwart spielt, und „01011001“, das vom geheimnisvollen Planeten Y berichtet.
Seit mehr als 20 Jahren veröffentlicht der Multiinstrumentalist aus den Niederlanden damit höchst aufwändig produzierte Konzeptalben mit verzwickten Storylines, auf denen er (für gewöhnlich von namhaften Gastmusikern begleitet) gewaltige Kathedralen aus Klang errichtet. Das gelingt ihm auch mit „The Source“ und es ist eine wahre Freude, den instrumentalen Prog-Eskapaden zuzuhören. So funktioniert Progressive Rock in Reinkultur und mit allen Finessen, die das Genre zu bieten hat – seien es ausufernde Instrumentalpassagen bis hin zu mehrstimmigem Satzgesang in den Vocals. Es ist ein Fest!
Thematisch knüpft Ayreon mit dieser Platte an sein 2008 erschienenes SciFi-Epos „01011001“ an, „The Source“ ist eine Art Prequel dazu. Und wie man es von Lucassen gewohnt ist, bat er auch diesmal wieder allerlei Größen ihrer Zunft zum Stelldichein in sein Electric Castle Studio. Mit von der Partie waren nicht weniger als zehn Sängerinnen und Sänger: James LaBrie (Dream Theater), Tommy Giles Rogers (Between the Buried and Me), Simone Simons (Epica), Mike Mills (Toehider), Floor Jansen (Nightwish), Hansi Kürsch (Blind Guardian), Michael Eriksen (Circus Maximus), Tobias Sammet (Edguy, Avantasia), Nils K. Rue (Pagan’s Mind), Zaher Zorgati (Myrath), Tommy Karevik (Kamelot) und Russell Allen (Symphony X). Das ist das Who-is-who der Progmetalszene.
An der Gitarre sind neben Lucassen selbst Paul Gilbert (Mr. Big), Guthrie Govan (The Aristocrats, Steven Wilson) und sein Landsmann Marcel Coenen (Sun Caged) zu hören. Die Keyboards bedienten Mark Kelly von Marillion und Arjen Lucassen, der für „The Source“ diverse analoge Synthesizer wieder in Schwung gebracht hat. Und am Schlagzeug saß, wie immer und als einziges konstantes Ayreon-Mitglied, Ed Warby.
Musikalisch präsentiert sich „The Source“ ein gutes Stück härter als der Ayreon-Vorgänger „The Theory of Everything“ aus dem Jahr 2013. „Wenn ‚Theory …‘ mein Prog-Album war, dann ist ‚The Source‘ mein Rockalbum“, so Lucassen. „Ich habe es stärker auf Gitarren ausgerichtet, das macht es heavy. Ich finde es leichter zugänglich, denn die Songs folgen überwiegend konventionellen Strukturen. Und die Melodien – die sind catchy!“.
Jedenfalls bleibt Ayreon mit „The Source“ eine Klasse für sich und bietet den Fans die Qualität, die sie seit Jahrzehnten aus seiner Feder gewohnt sind. Der Ideenreichtum des Holländers scheint unerschöpflich. In anderer Hinsicht aber macht Arjen Lucassen dieses Jahr eine große Ausnahme: Während es ihn normalerweise kaum einmal live zu erleben gibt, sind für September drei exklusive Konzerte unter dem Namen „Ayreon Universe“ im holländischen Tilburg angekündigt. Lucassen-Anhänger brachte dies so in Wallung, dass die insgesamt 9000 Tickets binnen eines Tages restlos ausverkauft waren. Wenn das mal kein Fan-Statement ist!