Neuauflage des Live-Klassikers
In der CD-Ära, die inzwischen von der Streaming-Ära verdrängt wird, wurde der Abstand zwischen zwei Alben des gleichen Künstlers immer größer (wohl auch, weil man auf einer CD mehr Material als auf 2 LP-Seiten unterbringen kann), aber nicht so bei Steve Hackett. Er wirft mindestens eine neue CD pro Jahr auf den Markt, und wenn es mal nichts Neues gibt, dann werden eben die Genesis-Geschichten wieder neu zubereitet. Im Gegensatz zu Peter Gabriel, zu dem die obligatorische Bezeichnung Ex-Genesis-Singer schon lange nervt, ist der Verweis bei Steve Hackett, obgleich auch schon rund 45 Jahre Geschichte, sehr wohl angebracht, gehören doch die frühen Genesis-Werke zum festen Bestandteil seiner Werke.
Die Frage, ob man als Fan der frühen Genesis, eine Neuauflage des Live-Klassikers Second out braucht, stellt sich mir nicht. Das Original ist meine Lieblings-LP dieser Genesis-Ära und der nahezu 1:1 gelungenen Umsetzung von Steve Hackett und seiner Band ist es zu verdanken, dass mir dies erstens wieder bewusst wurde und zweitens, dass ich mir die verstaubte Original-LP (nur das Cover verstaubt!) wieder auflegte.
Bevor sich Hackett „Seconds Out“ widmet, stehen 6 Titel aus seinem Solowirken, die es ebenso gut auf ein damaliges Genesis-Album hätten schaffen können („Every Day“ oder „Shadow of the Hierophant“). Letzteres ist mit 11:02 nur unwesentlich kürzer als die „Cinema Show“. Aber dann geht es los, genau in der Reihenfolge, wie das Original-Album „Seconds Out“ 1977 erschienen ist, mit einer Ausnahme: Zwischen „The Cinema Show“ und „Dance on a Volcano“ fügt Hackett das Stück „Aisle of Plenty“ ein, mit 1:32 das kürzeste Stück auf der Doppel-CD mit einer Laufzeit von 2 Stunden und 19 Minuten. Mein absoluter Favorit ist unverändert das über 25-minütige Supper’s Ready“.
Was bringt es dem nicht unbedingten Fan dazu, sich dieses Album zuzulegen? Nun, auch wenn Hackett nahezu originalgetreu „Seconds Out“ aufführt, findet man dennoch einige Veränderungen bei genauem Hinhören. Zum Beispiel sind mehr Bläsereinsätze zu hören, ebenso weichen ein paar Soli vom Original ab oder werden zusätzlich eingestreut. Bei „Fifth of fifth“ wird auch das Intro mit dem Piano mitgeliefert und mein absoluter Lieblings-Genesis-Song „Carpet Crawlers“ (welcher auf meiner Original-Genesis-LP als „Carpet Crawl“ bezeichnet wird) wird komplett mit der ersten Strophe gespielt und das bereits weiter oben erwähnte „Aisle of Plenty“.
Für mich ist diese Hackett-Werk kein Remake, sondern wie der Name „Revisited“ sagt, eine Rückkehr in die Zeit, als ich mich – auch von der Musik von Genesis inspiriert – für Musik zu interessieren begann. Ein melancholischer Farbtupfer, aber Hand aufs Herz: so oft wie sich „Seconds Out“ auf meinem Plattenteller drehte, wird es „Revisited“ niemals schaffen.