Wenn es um ausgefallene Plattencover geht, würde Steve Hackett sicher einen Preis gewinnen: Ein Riesenwal, auf dessen Zunge ein Zirkuszelt steht, springt ins Auge des Betrachters. Ausgefallen sind auch Soundeffekte dieses Konzeptalbums, in dessen Mittelpunkt eine junge Figur namens Travia steht und das gleichzeitig das 30. Studioalbum des umtriebigen Hackett ist.
Im Opener „People of the Smoke“ sind unter anderem kikerikiende Hühner, der Sendesuchlauf eines Radios, eine Dampflok und ein kreischendes Baby zu hören, ehe per Glockenschlag die Instrumentierung einsetzt, die mich an Queen erinnert bis Steve Hackett gesanglich einsteigt.
Das Album wartet neben Hacketts Zwölfsaiter mit Mandolinen, Percussion und Mundharmonika sowie Bass und Gesang auf. Nicht zu vergessen Steves Bruder John an der Flöte, der für den ein oder anderen „Jethro Tull-Moment“ sorgt. „Found and lost“ versprüht mediterranes Flair und ist einer von vier Songs zwischen 1,5 und 2,5 Minuten Spielzeit, die den Übergang zwischen den Hauptsongs bilden, von denen nur „Ghost Moon and living Love“ die 5-Minuten-Marke (6:44) knackt. Der Meister verzichtet diesmal auf epische, ausladende Werke und kleidet die 13 Songs in ein 45-minütiges Korsett.
Das Album ist abwechslungsreich, kein Song ähnelt dem anderen. Das erwähnte „Ghost Moon and living Love“ beginnt mit einem Chor, „Circo inferno“ hat einen orientalischen Touch, dann wird es wild und ein Sax-Solo erinnert an Supertramp. In jedem Song gibt es eine Soundperle zu entdecken.
Manchen Hörer mag das Album überkandidelt vorkommen ob der Anzahl der Effekte, der geneigte Steve-Hackett-Fan wird dagegen Freudensprünge vollführen. Nach den zahlreichen Genesis-Aufgüssen endlich mal wieder ein Statement. Anspieltipps: People of the Smoke, Found and lost, Ghost Moon and living Love, Circo inferno, White Dove.
Kaum ein Jahr vergeht, ohne dass mindestens eine neue CD von Steve Hackett erscheint. Diesmal handelt es sich um ein Livekonzert, an dessen Ende er das komplette „Foxtrot“-Album in der Songreihenfolge des Albums stellt. Das ist auch der meiner Meinung nach bessere Teil.
Im ersten Drittel gehen mir Saxophon und Klarinette irgendwann auf den Keks, hat eher etwas von einer Jamsession. Aber mit den „Foxtrot“-Interpretationen macht das Album wirklich Spaß, obwohl er stark am Original bleibt. Mir wurde mit diesem Album erst wieder bewusst, das Foxtrot ein klasse Album von Genesis war, die mich eigentlich erst ab „The Lamb Lies Down on Broadway“ richtig begeistert haben.
Damit die richtige Liveatmosphäre aufkommt, wurden die Ansagen nicht herausgeschnitten. Als Zugabe gibt es noch die Burner „FirthofFifth“ und „Los Endos“. Grandios. Die „Supper’sReady“-Version bringt es auf 27,5 Minuten und ist damit doppelt so lang wie der zweitlängste Titel, das erwähnte „FirthofFifth“.
Trotz der 134 Minuten lässt das Album kaum Zeit für Langeweile. Dennoch hätte ich auf die ersten acht Titel verzichten können, wenn auch „DevilsCathedral“ an einen Mission-Impossible-Film erinnert und „Shadow oft he Hierophant“ noch der hörenswerteste Titel der ersten Albumhälfte ist. Anspieltipps: alle Titel vom „Foxtrot“-Album, „FirthofFifth“ und „Los Endos“.
In der CD-Ära, die inzwischen von der Streaming-Ära verdrängt wird, wurde der Abstand zwischen zwei Alben des gleichen Künstlers immer größer (wohl auch, weil man auf einer CD mehr Material als auf 2 LP-Seiten unterbringen kann), aber nicht so bei Steve Hackett. Er wirft mindestens eine neue CD pro Jahr auf den Markt, und wenn es mal nichts Neues gibt, dann werden eben die Genesis-Geschichten wieder neu zubereitet. Im Gegensatz zu Peter Gabriel, zu dem die obligatorische Bezeichnung Ex-Genesis-Singer schon lange nervt, ist der Verweis bei Steve Hackett, obgleich auch schon rund 45 Jahre Geschichte, sehr wohl angebracht, gehören doch die frühen Genesis-Werke zum festen Bestandteil seiner Werke.
Die Frage, ob man als Fan der frühen Genesis, eine Neuauflage des Live-Klassikers Second out braucht, stellt sich mir nicht. Das Original ist meine Lieblings-LP dieser Genesis-Ära und der nahezu 1:1 gelungenen Umsetzung von Steve Hackett und seiner Band ist es zu verdanken, dass mir dies erstens wieder bewusst wurde und zweitens, dass ich mir die verstaubte Original-LP (nur das Cover verstaubt!) wieder auflegte.
Bevor sich Hackett „Seconds Out“ widmet, stehen 6 Titel aus seinem Solowirken, die es ebenso gut auf ein damaliges Genesis-Album hätten schaffen können („Every Day“ oder „Shadowofthe Hierophant“). Letzteres ist mit 11:02 nur unwesentlich kürzer als die „Cinema Show“. Aber dann geht es los, genau in der Reihenfolge, wie das Original-Album „Seconds Out“ 1977 erschienen ist, mit einer Ausnahme: Zwischen „The Cinema Show“ und „Dance on a Volcano“ fügt Hackett das Stück „AisleofPlenty“ ein, mit 1:32 das kürzeste Stück auf der Doppel-CD mit einer Laufzeit von 2 Stunden und 19 Minuten. Mein absoluter Favorit ist unverändert das über 25-minütige Supper’sReady“.
Was bringt es dem nicht unbedingten Fan dazu, sich dieses Album zuzulegen? Nun, auch wenn Hackett nahezu originalgetreu „Seconds Out“ aufführt, findet man dennoch einige Veränderungen bei genauem Hinhören. Zum Beispiel sind mehr Bläsereinsätze zu hören, ebenso weichen ein paar Soli vom Original ab oder werden zusätzlich eingestreut. Bei „Fifthoffifth“ wird auch das Intro mit dem Piano mitgeliefert und mein absoluter Lieblings-Genesis-Song „CarpetCrawlers“ (welcher auf meiner Original-Genesis-LP als „Carpet Crawl“ bezeichnet wird) wird komplett mit der ersten Strophe gespielt und das bereits weiter oben erwähnte „AisleofPlenty“.
Für mich ist diese Hackett-Werk kein Remake, sondern wie der Name „Revisited“ sagt, eine Rückkehr in die Zeit, als ich mich – auch von der Musik von Genesis inspiriert – für Musik zu interessieren begann. Ein melancholischer Farbtupfer, aber Hand aufs Herz: so oft wie sich „Seconds Out“ auf meinem Plattenteller drehte, wird es „Revisited“ niemals schaffen.
Ein gelungenes Solowerk hat der als Keyboarder bei „Spocks Beard“ bekannte RyoOkumoto mit „The Myth oft he Mostrophus“ vorgelegt. Freunde der Prog-Musik dürften voll auf ihre Kosten kommen, zumal namhafte Musiker an dem Album mitgewirkt haben und zu hören sind, wie Steve Hackett (Genesis) und unverkennbar Michael Sadler (Saga).
Die sechs Titel der knapp über eine Stunde dauernden CD, auf deren Cover ein feuerspeiender Godzilla durch eine postapokalyptische Landschaft trampelt und jedem Zweifelnden klarmacht, dass es sich bei RyoOkumoto um einen Japaner handelt, machen Hoffnung auf einen Klangkosmos mitreißender Longtracks. Da ist bei Weitem kein Song in Sicht, der an die radiotauglichen dreieinhalb Minuten heranreicht. Mit 6:25 ist „The Watchmaker“ noch der kürzeste Track auf dem Album. Über ein Drittel der Spielzeit geht auf das Konto des Schluss- und Titeltracks „The MythoftheMostrophus“.
Diese CD voll sattem, dynamischem Sound und einprägsamen Synthiepassagen kann man gerne mehrmals hintereinander hören und entdeckt bei jedem Durchgang neue Nuancen. Der Schlusssong, gleichzeitig auch mein Lieblingssong, wartet mit eingestreuten Akustikgitarren auf, außerdem erklingen Violinen, ein Saxophon und ein Piano.
Beim Versuch „Mostrophus“ zu googeln, fand ich keinen Hinweis außer dem Verweis auf dieses Album. Wahrscheinlich entstammt „Mostrophus“ nicht der griechischen Mythologie, sondern fußt auf der Idee des Künstlers bei der Schaffung einer Godzillaähnlichen Kreatur.
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Der schwedische Progressive Rocker Nad Sylvan, bürgerlich Hugh Erik Stewart, ist der breiten Musikwelt vor allem durch seine Tätigkeit in Steve Hacketts „Genesis revisited“ Projekt bekannt. Dort besticht er mit seiner Ausnahmestimme, die vor allem den alten Stücken der Kultband gut steht. Nad verfügt über eine enorme Ausdruckskraft und kann in unterschiedlichen Stimmlagen bestehen.
Auch solo ist der Gute äußerst aktiv und veröffentlichte zuletzt im Zweijahresrhythmus seine Alben bei InsideOut. Da waren schon einige Songperlen zu finden, vor allem auf dem 2017er Release „The Bride Said No“.
Das neue Werk „The Regal Bastard“ allerdings finde ich etwas enttäuschend. Das Album klingt ziemlich trist und man findet keine neuen Ideen. „I Am The Sea“ bietet in über sieben Minuten Länge einen sehr poppigen Start. Mit dem Aloha-Song „Oahu“ kann ich gar nichts anfangen. Danach wird es etwas besser: Vor allem der lange Titeltrack und das starke „Whoas (Always Been With You)“ wissen zu überzeugen.
Dann noch „Leave Me On These Waters“ mit Steve Hackett-Einschlag. Davon würde man sich mehr anhören.
Nad Sylvan hat eine Hammer-Stimme und er kann den 70er-Retro-Touch in seinen Vocals nicht verleugnen. Daher ist auch „The Regal Bastard“ kein wirklich schlechtes Album. Es sind halt die Songwriter-Qualitäten der alten Genesis-Recken, die ihm fehlen. Das sollte man ihm aber nicht zum Vorwurf machen. Das neue Album ist ein solides Solowerk des 60jährigen. Nicht mehr aber auch nicht weniger.
In der neuen Staffel der „Original Album Classics“ sind endlich mal ein paar ordentliche Prog-Titel dabei. Das freut mich ungemein. Da wären Pain Of Salvation aus Schweden und der legendäre Genesis Gitarrist Steve Hackett.
Pain Of Salvation gehören zum Besten, was der Progressive Metal zu bieten hat. Ihr Frontmann Daniel Gildenlöw ist ein echter Wunderknabe, der auch schon mit Transatlantic zusammen arbeiten durfte. Das Set umfasst die ersten fünf Alben aus den Jahren 1997 bis 2004. Da finden sich die düsteren Klänge der Anfangszeit und vor allem das bewegende Meisterwerk „Remedy Lane“. Zudem gibt es mit „12:5“ ein akustisches Livealbum, das den schweren Songs eine ganz andere Musikalität verleiht. Wer PoS noch nicht kennt, sollte hier dringend zugreifen.
Zu Steve Hackett muss man eigentlich nichts sagen. Neben Ray Wilson ist er der einzige, der die Genesis-Fahne noch weit nach oben hält. Sein Solowerk ist um einiges sperriger als die Genesis-Alben, an denen er beteiligt war. Doch es lohnt sich immer, diesen Songs ein Ohr zu gönnen. Das vorliegende Paket enthält Alben aus den Jahren 1984 bis 2006. Kommerziell gesehen zwar keine Erfolge, und doch sind es starke Rockalben, die an seine besten Zeiten erinnern.
Die im Frühjahr 2008 gestartete CD-Reihe „Original Album Classics“ avancierte seither zu einer der erfolgreichsten CD-Serien Deutschlands. In Summe der einzelnen Alben der 3- bzw. 5-CD-Boxen wurden inzwischen weit mehr als sechs Millionen Tonträger verkauft. Für Sammler und Musikinteressierte bieten die Sets ein höchst interessantes Angebot. Neben Klassikern aus dem Repertoire der Labels ist die Serie auch eine Schatzkiste für lange nicht mehr aufgelegte Alben und Raritäten. Einige Boxen aus dem ursprünglichen Repertoire sind bereits vergriffen – und mittlerweile gesuchte Raritäten. Aktuell umfasst der lieferbare Katalog an „Original Album Classics“-Sets mehr als 200 Titel (151 x 5er CD-Boxen und 51 x 3er CD-Boxen).
Zu den attraktiven Neuheiten (alles im 5er Box-Set) gehören in diesem Herbst neben den oben genannten Künstlern u. a. Soloalben von Byrds Frontmann Roger McGuinn, Hit-Alben von Balladenkönig Michael Bolton und Alben der 1970er Rocklegenden The Guess Who mit einer echten Rarität: „So Long Bannatyne“ war bisher in Deutschland auf CD nur als Import erhältlich.
Nach der Regenschlacht vom vergangenen Jahr hatte das traditionelle Festival an der Burg Herzberg wahrlich gutes Wetter verdient. 2012 mussten die Landwirte der Umgegend aktiviert werden, um Fahrzeuge auf die Zeltplätze zu schleppen und später wieder raus zu holen. Nächtelang hörte man die Motoren dröhnen – aber das Festival konnte stattfinden und war wie immer ein Zeugnis von Gemeinschaft und Zusammenhalt. Trotzdem hatte das die Veranstalter auf eine harte Probe gestellt, war der Aufwand doch mit hohen Kosten verbunden. Umso erlösender die Nachricht, dass das Event auch 2013 stattfinden kann. Mit ordentlichem Line-up und (wie sich in den mittleren Juli-Tagen herausstellte) unter hervorragenden Wetterbedingungen. Es war den rührigen Leuten vom Herzberg-Team mehr als gegönnt.
Alteingesessene Besucher waren bereits seit Dienstag vor Ort, das Festival startete donnerstags, ich selbst traf erst am Freitag ein. Strahlender Sonnenschein, ein aufgeräumter Zeltplatz, die gewohnt hervorragende Infrastruktur. Ich weiß, dass für viele Besucher, die der Hippie-Kultur frönen, der musikalische Aspekt nur eine untergeordnete Rolle spielt, doch es darf wieder gesagt werden, dass es einige Hochkaräter zu bestaunen und einige Perlen zu entdecken gab.
In der Nachmittagshitze hatte es sich die Band um den Bluesgitarristen Bassekou Kouyate auf der Bühne bequem gemacht und unterhielt mit einer bunten Mischung aus westafrikanischem Blues und weltmusikalischen Elementen. Hier standen das Beherrschen der Instrumente und die Verbreitung entspannter Stimmung im Vordergrund. Ein perfektes Ensemble für den durstigen Nachmittag.
Um 18 Uhr standen dann die Progrocker Riverside aus Polen auf der Bühne. Gerne wird das Quartett um Mariusz Duda mit Bands wie Marillion, Porcupine Tree oder gar Pink Floyd verglichen. Und tatsächlich haben sie in den letzten Jahren einen immer höheren Grad an musikalischer Perfektion erreicht. Die Reise geht vom psychedelischen Prog der 70er über Blues und Jazz bis hin zu den rockigen, bisweilen gar metallischen Klängen der Gegenwart. Dies bewiesen sie auch im Rahmen des Festivals und legten einen klanglich perfekten Auftritt hin. Mariusz ist kein Exzentriker auf der Bühne, aber er besticht immer wieder durch sein Können. Das brachte die Zuschauer nicht zum Tanzen, aber oft genug zum Staunen. So funktioniert Prog – ob man will oder nicht.
Steve Hackett war der zweite Topact am Freitag. Wenige Tage später musste ich im Rolling Stone lesen, dass er „die schlimmste Musik der Welt“ fabriziert. Obacht! Natürlich ist das ellenlange Instrumental-Gedudel großer Progwerke nicht jedermanns Sache. Natürlich bewegen sich manche Prog-Götter nur sporadisch auf der Bühne und schwelgen darüber hinaus in elegischen Passagen. Aber Hackett? Gerade, wenn er mit der Genesis-Show unterwegs ist? Er hat einen charismatischen Sänger bei sich, der auffällt, der die Bühne einnimmt und einen extrovertierten Peter Gabriel gibt. Manchem mag das affig erscheinen, doch es passt zu der Musik, die man darbietet. Hier leben die Genesis der 70er Jahre weiter und es macht große Freude, Klassiker wie „The Musical Box“, „I Know What I Like“ und vor allem das halbstündige „Supper’s Ready“ vom Gitarrenmeister himself zu hören.
Der Abschluss mit Agitation Free und Orange lud dann wieder mehr zum Schwofen ein. Die Atmosphäre am Ende des heißen Tages war sehr entspannt und man konnte sich umso mehr auf den interessanten Samstag freuen. Der begann für mich mit den gitarrenlastigen Cactus und einer furiosen Rockshow in der Sonne. Die Musiker standen meist mit Sonnenbrillen auf der Bühne, um das grelle Licht zu ertragen. Die Zuschauer freute es hingegen, dass die Sonne auf den Rücken brannte und nicht das Sichtfeld einengte.
Erstes Highlight am Samstag waren The Levellers. Die Briten halten seit Ende der 80er Jahre den Geist des Folkrock hoch und übertragen ihn locker in die Gegenwart. Musik mit Banjo und Fiddle, viele akustische Elemente, eine raue Stimme, viel Kraft, viel Mut und eine Menge musikalischer Einfälle zeichnen die sechs Musiker aus. Hymnen wie „What A Beautiful Day“ luden die Zuschauermassen zum Tanzen ein und verwandelten die Wiese zu einem einzigen großen Fest. Die Darbietung war perfekt und erreichte ihren Höhepunkt mit Einsatz eines Didgeridoos, der das Geschehen mit basslastiger Klangfülle zur Vollendung brachte.
Die hochgelobten Gov’t Mule waren dann so gar nicht mein Fall. Ihr Southern Rock begleitete den sonnigen Tag über den Sonnenuntergang hinaus, war aber in seiner eintönigen Ausrichtung auch recht langweilig. Die Songs erreichten ständig Überlänge (10+) und das, was ich beim modernen Prog so liebe – nämlich dass man nur schwerlich auf den Punkt kommt – war hier ziemlich nervig. Das Geschehen auf der Hauptbühne fand aber genug begeisterte Fans. Für viele war es also genau das Richtige.
Fast um Mitternacht traten dann endlich Crippled Black Phoenix auf die Bühne. Zu meiner Schande muss ich gestehen, diese famose Band bisher nicht live gesehen zu haben. Das ging vielen Anwesenden so und die Truppe nutzte ihre Chance, ein aufnahmefähiges Publikum zu verzaubern. Hymnische Klangkonstruktionen, filigrane Balladen und durchaus psychedelische Klänge lassen mal wieder Erinnerungen an die seligen Pink Floyd hoch kommen – und auch CBP gehören zu den Bands, die diesen Vergleich verdienen und sich ihm stellen können. Die atmosphärische Dichte des Auftritts war einfach fantastisch und wohl keiner wird bereut haben, das Träumen am Lagerfeuer noch ein wenig aufzuschieben.
Ich war meist vor der Hauptbühne zu finden. Das Lesezelt hatte die richtigen Autoren zur falschen Zeit, die Protagonisten auf den kleinen Bühnen wurden beim leichten Antesten meist zu Ohrenquälern. Allerdings fanden sie immer ihr begeistertes Publikum – und das ist die Hauptsache. Leider musste ich am Sonntag bereits abreisen, so verpasste ich beispielsweise die Party mit den Spin Doctors. Doch man muss sich seine zeitlichen Kapazitäten nun mal gut einteilen. Zum Entschleunigen haben zwei Tage Herzberg allemal gereicht.
Das Herzberg-Festival kann einem schnell ans Herz wachsen. Zehntausend Besucher plus Kinder konnten die Veranstalter vermelden. Also ausverkauft. Zwar würden noch mehr Besucher auf das Gelände passen, doch man will das Konzept nicht überstrapazieren. Kinder unter 14 Jahren sind traditionell frei und es wird einiges für die Kleinen geboten. Der große Spielplatz ist eine Attraktion, ebenso die selbstgebastelten Musikinstrumente und die Konzerte, die man damit gibt. Überhaupt findet viel abseits des großen musikalischen Geschehens statt: Immer wieder findet man Einzelpersonen und Musikgruppen am Wegrand, die sich spontan ein ordentliches Publikum erarbeiten und für manche Lacher sorgen. Mein Kompliment gilt den Veranstaltern, die immer präsent waren und für einen friedlichen Ablauf sorgten. Und auch das Publikum lebte Friede, Freude und biologisch wertvolle Lebensmittel. Die stets präsente Müllentsorgung nicht zu vergessen – so wird man zum Musterbeispiel für ein nachhaltiges Festival.