Chris de Burgh – in diesem Jahr wird er 65 Jahre alt. Denken Musiker da ans Rentnerdasein? Wohl kaum. Was das Schreiben neuer Musik angeht, ist es allerdings ruhig geworden um den Iren, der sich in Deutschland unveränderter Beliebtheit erfreut. Im Prinzip betrieb er eine Form von Vergangenheitsbewältigung und lieferte in den beiden „Footsteps“-Alben vor allem Coverversionen bekannter Songs, die ihn während seiner Karriere beeinflusst haben. Hinzu kam vor zwei Jahren das Werk „Moonfleet“, das dann aber mehr musikalisch unterlegte Erzählung als ein echtes neues Album war. Auch der letzte Longplayer „Home“ hatte nichts Neues zu bieten. Es ist eine Retrospektive älterer Titel, die akustisch gehalten ist und die er selbst produziert und im heimischen Studio aufgenommen hat.
Und dennoch. Chris de Burgh ist unermüdlich auf den Bühnen zuhause. So war er zum wiederholten Mal in Trier und eröffnete diesmal sogar die Tour 2013/2014 in der Arena. Eine Tatsache, die Fans aus einem weiten Umkreis in die älteste Stadt Deutschlands führte. Zumindest waren die ersten Reihen fest in Fanclub-Hand. Und Chris de Burgh überraschte mit einer Ankündigung und einem neuen Song kurz vor der Pause: Es wird Ende des Jahres ein neues Album geben und er spielte daraus „The Fields Of Agincourt“, einen Song, der ins 15. Jahrhundert zurück geht und den britisch-französischen Krieg unter Heinrich V. behandelt.
Bis zu dieser Stelle war über eine Stunde Konzertlänge verstrichen und ich muss sagen, dass die erste Hälfte mich nicht gerade vom Hocker riss. Auch was die Zuschauer anging, sprang der Funke nicht über und der Applaus war oft nur höflich. Natürlich gab es trotzdem Highlights. Den Opener „Waiting For The Hurricane“ zum Beispiel, der sehr zum Spannungsaufbau beitrug. Dann natürlich die Ballade „Missing You“ oder der Klassiker „Ship To Shore“ – zwei Songs, die einige Zuschauer zum Jubeln brachten.
Chris de Burgh hat viele Seiten. Es finden sich häufig progressive Elemente in den Stücken. Das sind dann allerdings nicht die großen Hits. Seine Band besteht auf der aktuellen Tour ganz klassisch aus der Fünfer-Besetzung mit Gitarre, Bass, Keyboards und Schlagzeug. Also nicht viel Firlefanz. Der Bühnenaufbau ist auch recht schlicht gehalten. Ein paar LCD-Streifen im Hintergrund, die aber nicht oft genutzt werden. Stattdessen versteht sich der Ire aufs Geschichten-Erzählen. Wenn er „The Escape“ vom Moonfleet-Album interpretiert, hängen alle gebannt an seinen Lippen.
Auch die zweite Konzerthälfte begann recht ruhig. Es gab eine Acoustic-Session, zu der sich alle Musiker im kleinen Rund versammelten und Songs von „Home“ spielten, einem Album mit (wie er selbst sagt) unentdeckten Perlen seiner Karriere, die nicht unbedingt Best-of-Charakter haben. „Living On The Island“ war noch der bekannteste dieser Titel.
Sehr stark wurde es im letzten Drittel. Da sah ich den Künstler, wie ich ihn mir gewünscht habe. Mit einer Mischung aus alten Hits und selbstbewusst dargebotenen Songs. „I’m Not Scared Anymore“ war hier ein guter Anfang. Dann „Borderline“, das schon bei den ersten Tönen mit heftigem Applaus bedacht wurde und sicher zu den besten und komplexesten Stücken gehört, die Chris de Burgh je geschrieben hat.
Natürlich gab es auch Unvermeidliches wie „The Lady In Red“. Hier überraschte Chris de Burgh mit einem ausgiebigen Bad in der Menge, gab während des Songs Autogramme, ließ sich fotografieren, verteilte Küsschen und Umarmungen. Wahrlich ein Star zum Anfassen und man muss ihm zugestehen, dass er hier keine Allüren zeigte und unverkrampft auf die Menschen zuging. Das erhöhte den Sympathiefaktor sehr.
Eine unausgesprochene Regieanweisung sagt anscheinend, dass ab „Lady In Red“ die größten Fans ihre Sitzplätze aufgeben, nach vorne stürmen und vor der Bühne Party feiern. Tatsächlich hatte sich das Konzert nun für viele zum Stehkonzert entwickelt und es gab vor allem Coversongs der Footsteps-Alben, unter anderem „Blue Bayou“, „Let It Be“, „Lady Madonna“ und Totos „Africa“. Zum Öffnen des Konzerts in Richtung Rockmusik ganz brauchbar – wenn ich auch der Meinung bin, dass er genug eigene Hits hätte (gerade aus den 80er Jahren) um diesen Block zu füllen.
Immerhin gab es ganz zum Abschluss noch „Don’t Pay The Ferryman“ und „High On Emotion“ mit hohem Mitsingfaktor und glücklichen Gesichtern allerorten. Dennoch ist mein Fazit durchwachsen. Zeitweise hatte der Auftritt einen Hauch von Rentnerveranstaltung und alles wirkte recht träge. Wenn der Meister dann allerdings aufdreht und seine Stärken – vor allem die Bühnenpräsenz – ausspielt, macht es großen Spaß, ihm zuzusehen. Die Gesamtlänge des Konzerts lag nach Abzug der Pause immerhin deutlich über zwei Stunden. Und damit hat er seine Fans sicher nicht enttäuscht.
Chris de Burgh Fotos aus Trier gibt es hier!