Die Goldberg-Variationen von Johann Sebastian Bach im Sound einer Bigband zu präsentieren, ist definitiv ein gewagtes Unterfangen. Der amerikanische Komponist, Pianist, Jazzpädagoge und Dirigent Bill Dobbins hat in seiner Karriere bereits mit einigen populären Musiker*innen verschiedener Genres zusammengearbeitet und mehrfach an der Eastman School of Music gelehrt. In den 90er Jahren hatte Bill Dobbins erstmals Kontakt mit der renommierten WDR Big Band in Köln und leitete diese von 1994-2002 als Chefdirigent.
Die Goldberg-Variationen sind nicht die ersten Kompositionen von Bach, an die sich Bill Dobbins und die WDR Big Band getraut haben. Bereits in 2010 veröffentlichten der Dirigent und die Big Band eine Jazz-Version von Bachs „Weihnachtsoratorium“ mit dem bekannten Ensamble The King’s Singers.
Jetzt also die barocke Variationskunst, die Bach Mitte des 18. Jahrhunderts für ein Cembalo mit zwei Manualen komponierte. Er beginnt mit der „Aria“ und es folgen dreißig Variationen, bevor zum Finale wieder die „Aria“ erklingt. So gab damals schon Bach Einblick in seine Form des Komponierens – und das gelingt jetzt auch den Machern der Bigband.
Man muss keine Angst haben, dass Bläser und Percussion hier gewaltig ins Original reinschlagen. Ganz im Gegenteil. Es gibt zwar Funk und Jazz, doch diese nähern sich den Melodien sehr dezent an. Meist sanft und getragen, manchmal im Stil eines bewegten Tanzorchesters. Da kommt an keiner Stelle Langeweile auf.
Das Ergebnis ist durchgehend eindrucksvoll. Mit „Ariabesques“ ist es Bill Dobbins gelungen, Bachs Goldberg-Variationen neu erlebbar zu machen. Die WDR Bigband nimmt mit auf eine harmonische Klangreise, die Laien verzaubert und Kenner*innen eine musikalische Herausforderung bietet.
Billy Andrews wurde 1980 in Wien geboren und gehört zu den erfolgreichsten Crossover-Künstlern weltweit, die Popmusik und Klassik miteinander verknüpfen. Zu Beginn seiner Karriere wurde viel Aufhebens um seine Person gemacht, da er nur maskiert auftrat und sich sehr geheimnisvoll und mystisch gab. Inzwischen aber sind seine Herkunft und sein bürgerlicher Name offiziell verkündet. Er hat die US-amerikanische Staatsbürgerschaft, wuchs in Deutschland auf und war Mitglied in zwei renommierten Chören: dem Knabenchor Hannover und dem Dresdner Kreuzchor. Zudem ist er ausgebildeter Opernsänger und war zeitweise an der Semperoper engagiert.
Seine ersten drei Alben – alle das Wort “Symphony” im Titel – vermischen klassische Melodien, opernhafte Arien und atmosphärischen Pop miteinander. Ich muss gestehen, dass ich mit den Studioalben nie richtig warm geworden bin. Zu klischeehaft oft und hart an der Grenze des guten Geschmacks zwischen Bombast und theatralischem Gehabe. Was für den Interpreten sprach, war aber stets seine geübte, kraftvolle Stimme. Zudem machte die Verknüpfung neuer Arrangements mit den Gassenhauern der Opernwelt jeden Track zu einem einzigartigen neuen Werk. Endgültig überzeugt hat mich dann das zusammenfassende Livealbum „ALIVE – 5 Years“ aus dem Jahr 2019. HIER unsre Review.
Nach diesem Einschnitt gab Andrews an, sich den unsterblichen Drei – namentlich Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart – zuzuwenden. Es sollen drei EPs erscheinen, die sich deren Musik widmen. Im Beethoven-Jahr gab es „Ludwig“ mit zwei eigenen Songs, die auf „Für Elise“ und die „Mondscheinsonate“ aufbauen. Es gibt viel Pathos. Klar. So sind die Tenöre nun mal. Dazu kommt orchestraler Bombast und die Beethoven-Melodien wurden deutlich aber nicht zu aufdringlich eingewebt. Die Stücke gibt es mit orchestraler Besetzung, außerdem die Originale als klassische Klavierstücke, damit auch der letzte Banause merkt, welche Melodien The Dark Tenor da verwendet hat.
„Out Of The Darkness“ und „Unforgettable“ gefallen mir aber vor allem in den Akustik-Versionen sehr gut, wo man mehr von Andrews‘ genialer starker Stimme hört. In diesen Versionen sind die beiden Songs schlichtweg großartig.
2021 geht es nun mit „Johann“ weiter. Im Prinzip enthält die EP diesmal drei Stücke in unterschiedlichen Versionen. Vom Aufbau ist es wie bei „Ludwig“: Pathetische Werke mit orchestralem Bombast. „When You Roar“ wird von den Queenz of Piano verfeinert und basiert auf der bekannten „Prelude in C Major“ aus dem wohltemperierten Klavier. Bei „Ultraviolet Hearts“, das auf der weltbekannten „Toccata and Fugue in D Minor“ basiert, trieft allerdings der Kitsch aus den Boxen. Das ist mir leider zu klischeehaft. Doch auch hier machen die Akustikversionen alles wett. Mit sanfter Instrumentierung entfalten die Songs eine sehr schöne Wirkung.
Zwei EPs – im Prinzip nur fünf Songs in unterschiedlichsten Versionen. Orchestral, akustisch, als Instrumentals und die Originale. Das hat aber den Vorteil, dass man sich die Vergleiche gar nicht zu suchen braucht. Man bekommt sie auf dem Silbertablett und kann zugleich in Andrews‘ Ideen und in die klassische Welt eintauchen. Wenn er so einem jungen Pop-affinen Publikum die alten Meister nahe bringt, hat er sein Ziel mehr als erfüllt. Ich bin schon gespannt auf „Wolfgang“.
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The Dark Tenor ist ein Weltenwandler, ein Brückenbauer, ein Botschafter, ein Vermittler zwischen den Musikgenres und auch ganzen Generationen von Hörer:Innen – für das Schaffen von Billy Andrews aka The Dark Tenor gäbe es wohl unendlich viele Bezeichnungen. Mit seinem packenden Crossover aus Klassik und Einflüssen aus Pop, Rock und ausgesuchten Soundtrack-Elementen hat der amerikanische Musikvisionär demonstriert, wie harmonisch sich die verschiedenen Stile nicht nur ergänzen, sondern zu einem völlig eigenständigen Ganzen verschmelzen lassen. Nachdem er sich im vergangenen Jahr mit der „Ludwig“-EP vor dem Werk Ludwig van Beethovens verneigte, schickt The Dark Tenor nun mit „Johann“ den zweiten Teil seiner Komponisten-Trilogie „Icons“ hinterher.
Den unsterblichen Drei – namentlich Ludwig van Beethoven, Johann Sebastian Bach und Wolfgang Amadeus Mozart – hat The Dark Tenor seine „Icons“-Trilogie gewidmet. Diese drei bedeutenden Komponisten, haben nicht nur die Klassische Musik geprägt, sondern auch den Grundstein dessen gelegt, was wir heute unter kontemporärer Musik verstehen. Mit der dreigeteilten „Icons“-Serie führt der in Berlin lebende Sänger, Komponist und Produzent fort, was er bereits 2014 auf seinem mit Gold ausgezeichneten Debütalbum „Symphony Of Light“ begonnen hat. Nach über 230.000 verkauften Einheiten seiner drei Top 10-Alben und zwei Top 20-Releases, restlos ausverkauften Tourneen durch ganz Deutschland sowie TV-Auftritten bei „Carmen Nebel lädt ein“, dem „ZDF Fernsehgarten“, „Silvester am Brandenburger Tor“ oder dem Box-Megaevent „Tyson vs. Klitschko“ vor global über 40 Millionen Zuschauern widmet sich The Dark Tenor auf seinem neuen Album einem seiner wichtigsten Einflüsse: Johann Sebastian Bach.
Schon in jungen Jahren kam Billy Andrews während seiner klassischen Musikausbildung im renommierten Dresdner Kreuzchor mit dem Wirken J.S. Bachs (31.03.1685 – 28.07.1750) in Berührung; eine Schicksalsbegegnung, die bis heute in ihm nachhallt. Auf der „Johann – A J.S. Bach Story By Billy Andrews“-EP finden sich elf Stücke, die vom enormen Einfluss des thüringischen Multiinstrumentalisten inspiriert wurden. Den Auftakt macht The Dark Tenor mit der zwischen bombastisch produzierten Klassikarrangements und treibenden Rock-Riffs pendelnden Lead-Single „When You Roar“, auf dem der Sänger und Musiker vom kraftvoll-dynamischen Spiel des Berliner Klavier-Duos Queenz Of Piano unterstützt wird. In seine düster-romantische Classic Noir-Welt entführt der Tenor die Fans mit dem soundtrackartigen „Complete“. In der opulenten Klassik-Pop-Ballade „Ultraviolet Hearts“ verbeugt sich The Dark Tenor mit seiner Referenz an Bachs „Toccata und Fuge“ vor dem wohl weltberühmtesten Werk des Barock-Pioniers und führt damit die epischen Momente seiner ersten Alben übergangslos in die Neuzeit.
Ihren zentralen Kern findet die „Johann – A J.S. Bach Story By Billy Andrews“ mit den drei neu aufgenommenen, eigenständigen Bach-Stücken „Das Wohltemperierte Klavier: Book 1, BWV 846-869: Prelude In C Major BWV 846“, „Orchestral Suite No. 3 in D Major, BWV 1068: 2. Air“ und „Toccata And Fugue In D Minor, BWV 565: Toccata“, die von The Dark Tenor virtuos mit viel Liebe zum originalgetreuen Detail in seine ganz eigene Klangästhetik transformiert wurden. Mit diesen reinen Klassik-Aufnahmen setzt der Musiker seine Mission fort, Klassische Musik für jedermann zugänglich zu machen und gerade das jüngere Publikum für den Zauber der alten Meister zu begeistern. Vervollständigt wird die Songsammlung von aufs Wesentliche reduzierten Akustikversionen und berührenden Instrumental-Fassungen der brandneuen Studio-Tracks „When You Roar“, „Complete“ und „Ultraviolet Hearts“. The Dark Tenor meets J.S. Bach – eine aufregende Geschichte, erzählt von Billy Andrews.
Die erste Single „When You Roar“ erscheint am 06.08. – das Album „Johann“ am 20.8.2021!
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Piotr Anderszewski stammt aus Warschau. Der Pianist mit polnischen und ungarischen Wurzeln studierte in Frankreich und Kalifornien. Bei internationalen Wettbewerben sorgte er schon früh für Furore, als er beispielsweise im Halbfinale eines renommierten Musikpreises trotz Siegeschancen seinen Auftritt vorzeitig abbrach, weil er mit der eigenen Leistung nicht zufrieden war. Er hat sich unzähligen Komponisten der klassischen Musik gewidmet, doch seine Beziehung zu Johann Sebastian Bach ist eine ganz besondere.
Bachs Sammlung von Präludien und Fugen für ein Tasteninstrument ist ein Heiligtum für viele Pianisten. Obwohl Musikwissenschaftler der Meinung sind, dass es sich bei beiden Teilen nicht wirklich um einen Klavierzyklus, sondern eher um eine Sammlung von Einzelstücken handelt, wird die Abfolge meist in der korrekten Reihenfolge gespielt.
Anderszewski geht einen eigenen Weg: Anstatt alle 48 Präludium- und Fugen-Paare aus Bachs Sammlung hintereinander aufzunehmen, konzentriert sich der Pianist auf zwölf Satzpaare aus dem zweiten Buch und bringt diese in einen charakteristisch-kreativen Sinnzusammenhang. „Ich beschloss, die Stücke in einer Reihenfolge meiner subjektiven Wahl zusammenzustellen, die manchmal auf Tonart-Beziehungen basiert, ein anderes Mal auf Kontrasten, die die Stücke unwiderstehlich zusammenzuziehen scheinen“, erklärt der Pianist. „In der Musik gibt es immer eine Geschichte, eine emotionale Erzählung, da ein Stück dem anderen folgt und es in Beziehung setzt. […] Die Idee, diese Werke in dieser spezifischen Reihenfolge zu spielen, besteht darin, ein Gefühl von Dramatik zu erzeugen, das einen Zyklus suggeriert: 12 Charaktere, die sich miteinander unterhalten und sich gegenseitig widerspiegeln“.
Das Ergebnis ist eine atmosphärische Reise durch unterschiedliche Stimmungen. Sein harmonisches und entspanntes Spiel trägt zur Entschleunigung bei und ich mache gern diese musikalische Reise mit ihm, um die fast 300 Jahre alte Musik neu zu entdecken.
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Es war ein lebenslanger Traum, den sich Lang Lang erfüllte, als er Johann Sebastian Bachs “Goldberg-Variationen” aufnahm. Das Album bietet dem Hörer gleich zwei Darbietungen des Stücks: Die erste wurde in einem einzigen Take live bei einem Konzert in der Leipziger Thomaskirche aufgenommen, wo Bach fast 30 Jahre tätig war und auch begraben ist. Die zweite entstand kurz darauf in der Abgeschiedenheit eines Studios. Die beiden Einspielungen sind zusammen als Teil einer Super-Deluxe-Edition erhältlich, in der als Weltneuheit Studio- und Liveaufnahme gleichzeitig erscheinen.
„Ich bin jetzt 38 Jahre alt. Das ist nicht alt, aber die Zeit war reif für einen weiteren Entwicklungsschritt“, sagt Lang Lang. „Mit den Goldberg-Variationen habe ich mich auf neues Terrain begeben und mich komplett in dieses Projekt vertieft. Als Künstler ist es mein Ziel, immer bewusster, wissender und letztlich inspirierender zu werden. Es ist ein stetiger Prozess. Und ich glaube, dass diese Arbeit mich ein Stück weitergebracht hat.“
Erst nach 20 Jahren war der Moment gekommen, um Bachs großartige Aria und die 30 Variationen aufzunehmen. Anfang März dieses Jahres, kurz vor den Studiositzungen, gab er das Konzert in Leipzig. „Es war unglaublich berührend für mich, in der Thomaskirche zu spielen, in der Bach begraben ist“, sagt er. „Noch nie habe ich mich einem Komponisten so nah gefühlt. Die Liveaufnahme ist sehr spontan. Im Studio dagegen ist mein Spiel ein anderes, äußerst überlegt und reflektiert. Beim Konzert durchlebt man das 100-minütige Werk als Ganzes. Das Studio erlaubt die Arbeit an einzelnen Teilen im Detail. Das wirkt sich natürlich erheblich auf das musikalische Ergebnis aus.“
Es fällt mir schwer zu sagen, welche der beiden Varianten die stärkere ist. Wenn ich mich entscheiden muss, dann wohl die Liveversion – vermutlich wegen des emotionalen Bezugs zur Thomaskirche, den man zu spüren glaubt. Lang Lang spielt wie vom anderen Stern – emotional und energisch zugleich. Die Klangqualität ist (wie immer bei der Deutschen Grammophon) außerordentlich gut.
Sehr schön finde ich die Aufmachung als Digipack mit Hardcover und umfangreichen Liner Notes. Neben vielen Fotos des Pianisten gibt es informative Texte in englischer, deutscher und französischer Sprache. So würdigt man zwei Virtuosen: Den vermutlich besten Pianisten der Neuzeit und den alten Meister aus Leipzig.
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