Natürlich ist die Karriere von Stevie Nicks untrennbar mit Fleetwood Mac verbunden. Über ihre Geschichte könnte man locker ein spannendes Buch schreiben. Ausstieg aus der Band, erfolgreiche Solokarriere, Drogenprobleme, Entzug, kompletter Rückzug aus dem Musikgeschäft, triumphale Rückkehr – nicht nur als Musikerin sondern auch als singende Schauspielerin in der “American Horror Story”. Und weil sie auch im Alter von über 70 Jahren nicht müde wird, gab es 2017 eine umjubelte Tour zum Album “24 Karat Gold”, die Stevie gerne mal als ihre Lieblings-Tournee bezeichnet. Vielleicht weil sie als abgeklärte Folk-Künstlerin fast schon divenhaft ganz im Mittepunkt stand und ihren Songs einfach Raum geben und kleine Anekdoten dazu erzählen konnte. Das Ergebnis der live-CD hört sich zumindest so an.
“Die 24-Karat-Gold-Tour war meine Lieblings-Tournee aller Zeiten. Ich durfte nicht nur meine Lieder singen, sondern ich konnte zum ersten Mal ihre Geschichten erzählen. Ich liebe es, die Gelegenheit zu haben, dieses Konzert mit meinen Fans zu teilen. Von mir für Sie – 24 Karat Gold”, erklärte Stevie Nicks dazu.
Dass die CD überhaupt erscheint, haben wir vermutlich der Pandemie zu verdanken. Plötzlich ohne Auftritte und neue Projekte entstand die Idee eines Konzertfilms, der im Oktober in ausgewählten Kinos zu sehen und als Stream käuflich zu erwerben war. Das vorliegende Doppelalbum ist quasi der Soundtrack zu diesem Konzertfilm.
Der Mitschnitt aus Indianapolis und Pittsburgh enthält eine Set-Liste der beliebtesten Songs aus ihrer Solokarriere und als Mitglied von Fleetwood Mac, darunter “Rhiannon”, “Stop Draggin’ My Heart Around”, “Edge of Seventeen”, “Stand Back”, “Landslide” und viele weitere Höhepunkte ihrer Karriere. Weiterhin dokumentieren die Konzerte auch persönliche Geschichten und Inspirationen der Künstlerin für einige der berühmtesten und zeitlosesten Lieder und Texte der Musikgeschichte, die für Generationen von Musikliebhabern Teil des Soundtracks ihres Lebens sind.
Stevie räumt ihrer Solokarriere überraschend viel Raum ein und lässt Fleetwood Mac nur mit einigen Schmankerln in Erscheinung treten. Stattdessen gibt es Raritäten wie “Crying In The Night” und “Gold and Braid”. Das zeugt von großem Selbstbewusstsein – und sie handelt absolut richtig. Diese live-CD ist das Zeugnis einer wundervollen Künstlerin mit großartiger Stimme. Im Alter vielleicht nicht mehr ganz so glänzend, aber um so charismatischer und durch und durch sympathisch.
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Es ist schon Wahnsinn, wen Sheryl Crow hier alles mit an Bord genommen hat, um das neue Album “Threads” aufzunehmen. Ob das auch den Titel erklärt? Hat sie alle Fäden gezogen, um hier die Meisterklasse von Folk und Country zusammen zu bringen? Es kann einem schon Angst machen, wenn eine Ausnahmekünstlerin offen darüber nachdenkt, in Zukunft keine Alben mehr aufzunehmen sondern nur noch einzelne Songs. Und diese Zusammenstellung an Kollaborationen scheint irgendwie zu bestätigen, dass sie tatsächlich neue Wege gehen will.
Stars wie Keith Richards, Don Henley, Stevie Nicks, Bonnie Riatt und Joe Walsh sind mit dabei und verfeinern die Melange aus Country, Rock und Blues. Für “Redemption Day” gibt es ein posthumes Duett mit dem legendären Johnny Cash. Eric Clapton und Sting wirken bei “Beware Of Darkness” mit – so könnte man das Namedropping immer weiter treiben.
Highlights gibt es viele – von emotional und ruhig bis hin zu vorwärtstreibend rockig. Die neunfache Grammy-Gewinnerin hat fast alle Tracks selbst geschrieben. Ausnahmen wie Bob Dylans “Everything Is Broken”, das sie gemeinsam mit Jason Isbell covert, bestätigen die Regel. “The Good Old Days” erinnert tatsächlich an die guten alten Zeiten, “Cross Creek Road” wird mit Neil Young zur kongenialen Country-Ballade, “Prove You Wrong” featuring Stevie Nicks vereint wundervolle Rockstimmen und “The Story Of Everything” bringt moderne Rap-Klänge in Sheryls Musik. Experimentell und frisch.
Sheryl Crow bleibt ein kreativer Geist, der die Menschen zusammenbringt und begeistert. Und die 17 Songs beweisen, dass es das Albumformat braucht, um alle Stücke zu würdigen. Verschiedene Fäden verwebt zu gutem Stoff.
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Der große Durchbruch mit “Video Games” ist nun schon fast sechs Jahre her. In ihrer musikalischen Ausrichtung hat Lana del Rey sich aber kaum verändert. Warum auch? Das Konzept aus melancholischen, getragenen Lieder funktioniert weiterhin. Innerhalb eines Monats erzielte die Sängerin mit dem morbiden Charme und dem ausgefeilten Vintage-Look zum Jahreswechsel 2011/2012 mehr als eine Million Klicks und avancierte samt ihres Retro-Pops zum Internet-Star. „Video Games“ wurde ein internationaler Hit, der auf Platz eins der deutschen Charts schoss und sich weltweit fast zwei Millionen Mal verkaufte. Das dazugehörige Albumdebüt „Born To Die“ ging 2012 erwartungsgemäß ebenfalls durch die Decke: Platz eins unter anderem in Deutschland, Großbritannien und Österreich. Dies war aber nur der Anfang von Lana Del Reys Erfolgsgeschichte. Mit den beiden Nachfolgern „Ultraviolence“ (2014) und „Honeymoon“ (2015) bewies die inzwischen 32-Jährige eindrucksvoll, dass sie alles andere als eine musikalische Eintagsfliege ist.
“Lust For Life” führt diesen Weg unbeirrt fort. Der Sound der neuen Stücke ist gleichermaßen zeitgemäß und retro: So kommt die Ballade “Beaches“ mit verschleppten Triphop-Beats daher und – typisch für del Rey – taucht die Sängerin hierbei textlich in tiefe Traurigkeit ein und bekennt ganz unverblümt, dass sie ihren Ex immer noch liebt. “Cherry“ schlägt inhaltlich und musikalisch in eine ähnliche Kerbe, aber auch hier regiert die Melancholie, wenn Lana beschreibt, wie die Gefühle für einem Mann sie fast zerbrechen.
Ein Partyalbum gibt es natürlich nicht, auch wenn der lebenslustige Titel mehr Optimismus verspricht. Es überwiegen die nachdenklichen Texte, die auch mal politisch werden können. Nun knöpft sie sich auch Themen der politischen US-Gegenwart vor und stellt im Song ”When The World Was At War We Kept Dancing“ die Frage: „Is This The End Of America?“ Besonders eindringlich erklingt die Pianoballade “Change”, die sich mit der Veränderung des politischen Klimas befasst. Lanas Vocals sind hier von so zerbrechlicher Schönheit, dass sie Gänsehaut erzeugen.
Spannend wird es, wenn Rapper A$AP Rocky zwei Songs verfeinert. Hinzu kommen Kollaborationen mit Sean Lennon, Stevie Nicks und The Weeknd. Vor allem diese Genre-Mischung macht dann aus “Lust For Life” ein erfrischendes, vielfältiges Werk, auch wenn der homogene Grundton, für den wir Lana del Rey so lieben, erhalten bleibt.
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Wie verdient man als Plattenfirma an einer Band, die längst nicht mehr existiert? Man veröffentlicht das vorhandene Material in verschiedenen Kombinationen einfach immer wieder neu. Zumindest im Fall von Fleetwood Mac funktioniert dies wunderbar: Zum 35. Jubiläum des Kult-Albums “Rumours” hatte Warner Music bereits mehrere Sonder-Editionen auf den Markt gebracht, zwei Jahre später ist nun der Nachfolger “Tusk” an der Reihe. Aktuell erscheint “Tusk (Expanded Edition)” als 3 CD Boxset, das neben dem Original-Album in remasterter Form noch zwei weitere CDs mit alternativen Versionen, Demos und Outtakes enthält.
Nach dem eher am Mainstream orientierten “Rumours” zeigten sich Fleetwood Mac auf dem Doppelalbum “Tusk” ungewohnt experimentell und vor allem Lindsey Buckingham steuerte einige gewöhnungsbedürftige Titel bei. So hat “Tusk” auch nie den Bekanntheitsgrad des Vorgängers erreicht, obwohl Stücke wie “Sara”, “Sisters of the Moon” oder der rhythmische Titelsong durchaus zu Hits wurden.
Die CD 2 der vorliegenden Expanded Edition ist denn auch eher etwas für eingefleischte Fans. Wer mit den Songs auf “Tusk” nicht wirklich vertraut ist, hört sich kaum mit Genuss bis zu sechs Versionen davon an – auch wenn es durchaus spannend ist, die Entwicklung von “I Know I´m Not Wrong” von einem ersten instrumentalen Demo bis zu ganz unterschiedlich arrangierten Versionen zu verfolgen. Interessanter ist dann wieder CD 3, “The Alternate Tusk” betitelt, auf der das Album komplett in alternativen Aufnahmen zu hören ist. Es wurden hier überwiegend akustisch instrumentierte Versionen gewählt, so dass das Album wesentlich sanfter und irgendwie auch eingängiger wirkt als das Original.
Ergänzt wird das Boxset durch ein umfangreiches Booklet mit allen Lyrics, einer Background-Story zur Entstehung von “Tusk” sowie Kommentaren zu den einzelnen Songs, allerdings alles in englischer Sprache. Für Fans sicher eine runde Sache – und vielleicht noch das richtige Last-Minute-Geschenk.
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Stevie Nicks kann auf eine lange erfolgreiche Karriere zurückblicken, sowohl als Mitglied der Kultband Fleetwood Mac als auch als Solo-Künstlerin. Zahlreiche Songs hat sie während dieser Zeit geschrieben, aber nicht alle haben es auch an die Öffentlichkeit geschafft. Für ihr aktuelles Album “24 Karat Gold – Songs From The Vault” hat sie nun 14 dieser bisher unveröffentlichten Stücke aufgenommen.
Die Songs entstanden überwiegend in den 70er und 80er Jahren und erzählen Geschichten aus Stevie Nicks Leben abseits der Konzertbühne. Sie zeigen die Sängerin mal selbstbewusst wie “The Dealer”, mal verletzlich wie in “Hard Advice” und “All The Beautiful Worlds”, oder geheimnisvoll wie in “Mabel Normand”. Auch stilistisch ist das Album sehr vielfältig. Der Opener “Starshine” rockt ordentlich, wogegen das atmosphärische “Blue Water” stellenweise geradezu magisch wirkt, verstärkt noch durch den Harmoniegesang von Lady Antebellum.
Direkt aus einer verrauchten Hinterhof-Bar scheint der “Cathouse Blues” zu klingen, “Lady” ist eine wunderbare Piano-Ballade, und Mark Knopfler hat die Musik für den melancholischen Abschlusstitel “She Loves Him Still” beigesteuert. Mein persönliches Lieblingsstück ist allerdings “Carousel” – der einzige Titel, den nicht Stevie Nicks selbst, sondern Vanessa Carlton geschrieben hat. Wie die Sängerin im Booklet erklärt, hat der Song in der auf dem Album enthaltenen von Stevie, ihrer Nichte und Vanessa gemeinsam eingesungenen Version ihre Mutter in den letzten Tagen vor ihrem Tod begleitet.
Leider ist dies die einzige Erläuterung zu einem Song. Das Booklet ist mit allen Lyrics und zahlreichen Fotos aus Stevies Leben zwar schön gestaltet, ich hätte aber gerne zu mehreren Stücken etwas über die Geschichten dahinter erfahren. So bleibt es der Fantasie des Hörers überlassen, warum die Songwriterin gerade diese Titel für dieses besondere Album auswählte – hörenswerte musikalische Schmuckstücke sind sie aber allemal.
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Mit “Sound City” feiert Grammy-Preisträger Dave Grohl, der mit den Foo Fighters und Nirvana in den vergangenen zwanzig Jahren Musikgeschichte geschrieben hat, sein Debüt als Regisseur. Es ist die Dokumentation über eines der legendärsten Studios der Vereinigten Staaten. Wer sich nun fragt, was daran spannend sein soll, der sollte einfach mal einen Blick auf die Liste der Künstler werfen, die dort zwischen 1969 und 2011 zum Teil wegweisende Alben aufnahmen: Tom Petty & The Heartbreakers, Fleetwood Mac, Neil Young, Cheap Trick, Red Hot Chili Peppers, Rob Halford, Kansas, Guns N’Roses, Pat Benatar, Foreigner, Slayer, REO Speedwagon, Kyuss, Weezer und und und… Das Besondere: In Sound City, das in Van Nuys, einem Stadtteil von Los Angeles beheimatet war, wurde bis zum Schluß analog aufgenommen. Das Studio besaß eines von weltweit vier in Handarbeit hergestellten Neve 8028-Mischpulten, für viele das Kronjuwel des analogen Studio-Equipments.
Auf die Idee für seinen Film kam Dave Grohl, als er eben diese Neve-Konsole im November 2011 kaufte und in sein eigenes Studio 606 verpflanzen ließ. 1972 hatten die beiden Sound City-Besitzer Tom Skeeter und der 1992 verstorbene Joe Gottfried dafür exakt 75.175 $ bezahlt. “Es sah aus wie ein altes Modell des Raumschiff Enterprise auf Anabolika”, erinnert sich Neil Young an das Meer aus Knöpfen, Kabeln und Reglern. Nach der Premiere auf dem Sundance Film Festival am 18. Januar erscheint “Sound City” jetzt als DVD und BluRay.
Nach einer genialen Eingangsszene aus dem Foo Fighters-Studio (man beachte das Ölgemälde an der Wand!) tauchen wir ein in die beeindruckende Geschichte von Sound City. Glaubt man den beteiligten Musikern, so war es nicht nur das legendärste, sondern auch das versiffteste Studio in den USA. “Man konnte dort eine Platte aufnehmen und wenn man fünfzehn Jahre später wiederkam, sah alles noch genauso aus wie beim letzten Mal”, sagt Shivaun O’Brien, die von 1991 bis 2011 in Van Nuys als Studio-Managerin arbeitete. Aber egal, wen Dave Grohl für seinen Film interviewt hat – Rick Rubin, Josh Homme, Nick Raskulinecz, Trent Reznor, Butch Vig oder Robert Neve himself, dem er dämlich grinsend gegenübersitzt -, sie alle sprechen mit grossem Respekt und tiefer Zuneigung von Sound City. Darin liegt die eigentliche Intention der Doku: Die Suche nach der Menschlichkeit hinter der Technik. Wie schafft man es, dass Musik nach Menschen klingt? Dass sie eine Seele hat? Shivaun O’Brien bringt es auf den Punkt: “Sound City war ein Ort, an dem echte Männer Platten machten”.
Dafür hat Dave Grohl tief in den Archiven gewühlt. Mit Buckingham Nicks, aus denen später Fleetwood Mac wurden, und “Crying In The Nights” fing es an. Ihnen folgten zahllose weitere Alben, die die Welt veränderten. Für einige, etwa für Rick Springfield, entwickelte sich die Sound City-Crew gar zu einer Art Ersatzfamilie. Als in den 80er Jahren die CD eingeführt wurde und mit ihr der Siegeszug der digitalen Technik begann, konnte Sound City jedoch nicht mehr mithalten. Bis 1991 Nirvana auftauchten und dort “Nevermind” aufnahmen, jenes bahnbrechende Album, das sich schließlich über 30 Millionen Mal verkaufen sollte und – wie Butch Vig nebenbei verrät – lächerliche 60.000 $ kostete. Ohne diese Platte hätte das Studio nicht überlebt. Frank Black, Rage Against The Machine, Johnny Cash oder die Queens Of The Stone Age entdeckten Sound City anschließend neu. Trotzdem war es irgendwann finanziell am Ende. Der endgültige Todesstoß hieß letztlich “Pro Tools”, ein Programm, das es jedem noch so minderbemittelten Musiker ermöglichte Musik (oder was man dafür hielt) am heimischen Computer aufzunehmen. Dennoch verteufelt der Film die digitale Technik nicht. Josh Homme fasst es so zusammen: “Für manche Dinge ist das Internet klasse. Aber wie mit so vielem, ist es kein Ersatz für echte Buchhandlungen, Plattenläden oder Sound City”.
Die Geschichte von Sound City zu erzählen, ist die eine Sache. Die Instrumente tatsächlich nochmal einzustöpseln, sie mit dem Neve-Pult zu verkabeln und wieder auf Zwei-Zoll-Band aufzunehmen, die andere. Genau das tat Dave Grohl mit vielen der alten und neuen Recken, von Stevie Nicks, Black Rebel Motorcycle Club über Slipknot, Rage Against The Machine oder den Foo Fighters bis hin zum auch mit 63 Jahren noch völlig durchgeknallten Lee Ving. Elf der dabei exklusiv für diesen Film entstandenen Songs sind übrigens auf dem bereits vor zwei Wochen veröffentlichten Soundtrack zu finden (dessen Review gibt es hier). Man sieht und hört ihnen den immensen Spaß, die Begeisterung und vor allem den Stolz an, den die Musiker bei den Aufnahmen hatten. Sogar Dave Grohl erstarrt fast in Ehrfurcht, als Paul McCartney sein Studio betritt. Der Zuschauer hat das Gefühl, als würde er daneben stehen und ihnen über die Schulter schauen.
“Sound City” ist mehr als die bloße Hommage an ein Studio. Es ist eine fesselnde Dokumentation über Handwerk, Integrität und Leidenschaft sowie das Plädoyer für eine Musik, die handgemacht ist. Dave Grohl hat der Neve 8028-Konsole damit ein Denkmal gesetzt und ihren besonderen Zauber in 108 Minuten Film verewigt. Sie ist zweifellos ein wichtiger Teil der Rock’n’Roll-Geschichte. Man erlebt hautnah, mit wieviel Herzblut alle, die jemals dort arbeiteten, an ihr und “ihrem” Studio hingen und bis heute hängen. Oder um es mit Tom Petty auszudrücken: “Es war als würde man einen Blitz in eine Flasche packen”.
Foo Fighters-Frontmann Dave Grohl ist unter die Regisseure gegangen. Der Mann hat ja auch sonst nix zu tun. Darum hat er neben dem Video zur neuen Soundgarden-Single „By Crooked Steps” direkt mal einen kompletten Film produziert. „Sound City” ist die Dokumentation über das gleichnamige Studio in Van Nuys, einem Stadtteil von Los Angeles. Es gilt als eines der legendärsten seiner Art in den Vereinigten Staaten und gab schon vielen Musikern ein Zuhause. Cheap Trick, Neil Young, Rage Against The Machine, Metallica, die Red Hot Chili Peppers oder Tom Petty (um nur einige wenige zu nennen) nahmen dort zum Teil wegweisende Alben auf.
Die Idee für seinen Film kam Grohl, als er im vergangenen Jahr das 1972 speziell angefertigte Neve 8028-Mischpult des Sound City Studios kaufte, für viele bis heute das Kronjuwel des analogen Studio-Equipments. 1991 nahm er damit selbst noch Nirvana’s „Nevermind” auf. Und weil er seit der Veröffentlichung des letzten Foo Fighters-Albums „Wasting Light” ohnehin in blendender Stimmung war, was die analoge Technik betrifft, beschloss er, neben dem Film auch einen Soundtrack aufzunehmen. Dieser erscheint nun unter dem Titel „Real To Reel”. Übrigens als CD, auch wenn das Cover zunächst etwas anderes vermuten lässt.
Hinter den elf darauf vertretenen Songs verbergen sich einige bemerkenswerte Kollaborationen, wobei Dave Grohl in verschiedenen Rollen natürlich stets mit von der Partie ist. Teils als Sänger, teils als Schlagzeuger oder an der Gitarre. „Real To Reel” produziert hat mit Butch Vig ein alter Bekannter auf eben jener Neve 8028-Konsole im Foo Fighters Studio 606. Um ihn herum versammelten sich Peter Hayes und Robert Levon Been von Black Rebel Motorcycle Club, Corey Taylor von Slipknot und viele andere mehr. Herausgekommen ist ein 55 Minuten und 55 Sekunden langer Streifzug durch die bunte Welt des Rock. Getreu dem selbstgewählten Motto der illustren Truppe: „Be true to yourself and make the music you love”.
Der Opener “Heaven And All” galoppiert sofort wie ein wilder Mustang durch die Gehörgänge und schlägt eine Spur der Verwüstung. Besonders wenn man dabei mit dem Album das macht, was man mit dem Album unbedingt machen sollte: Laut hören! „Time Slowing Down” veredelt Masters Of Reality-Sänger Chris Goss mit seinem hymnischen Gesang, während Dave Grohl und Tim Commerford und Brad Wilk von Rage Against The Machine durch die Zeiten der Little River Band bis hin zu Led Zeppelin rocken, gewürzt mit einer kleinen Prise halluzinogener Zutaten. „From Can’t To Can’t” schlägt die Brücke zum Sleaze Rock der 80er und 90er Jahre und ist dank Corey Taylor ganz grosses Ohrenkino. Grohl-Intimus Josh Homme ist gleich bei drei Stücken fleißig vertreten: Den Lagerfeuerromantik-meets-Stoner Rock-Destillaten „Centipede” und „A Trick With No Sleeve” sowie dem hypnotischen Closer „Mantra”, der mehr als nur ein Lächeln hinterläßt. Dazwischen liegt noch die Quotenballade „If I Were Me”, gewohnt einfühlsam dargeboten von Dave Grohl himself.
Bleiben die Ausschläge nach oben und nach unten. Fangen wir „unten” an. „The Man That Never Was” sieht Rick Springfield am Mikro, begleitet von den vier Foo Fighters Dave Grohl, Taylor Hawkins, Nate Mendel und Pat Smear. Ich mochte Springfield’s etwas künstlich-gepresste Art zu singen noch nie sonderlich. Der Song ist aber nicht nur deshalb höchstens Durchschnitt. Lee Ving, der völlig durchgeknallte Frontmann von Fear (und vielleicht als Schauspieler aus „Flashdance” oder „Straßen in Flammen” ein Begriff), reißt uns allerdings schnell wieder aus dem Schlaf – und nach „oben”. „Your Wife Is Calling” entpuppt sich als herrlich überschlagender Irgendwas-in-Richtung-Punkrock-Song, abgespielt mit doppelter Geschwindigkeit. Vor allem die explodierende Mundharmonika ist einfach göttlich. „Oben” finden wir auch „Cut Me Some Slack”, das ja bereits als sogenannte „Nirvana-Reunion” beim „Concert For Sandy Relief” am 12.12.2012 im New Yorker Madison Square Garden für Furore sorgte. Dave Grohl, Krist Novoselic und Pat Smear gemeinsam mit einem rotzigen und jaulenden Paul McCartney. Fett! Den ultimativen Höhepunkt auf „Real To Reel” liefert jedoch erst Ex-Fleetwood Mac-Ikone Stevie Nicks und ihr „You Can’t Fix This”. Alleine diese Stimme sorgt für eine Gänsehaut biblischen Ausmaßes. Man möchte ihr ewig zuhören.
Das Booklet bietet einen kleinen fotografischen Ausblick auf den Film, dessen Veröffentlichung als DVD am 22.03. folgen wird. Aus eigener Anschauung kann ich schon jetzt sagen, dass die Musik in Verbindung mit den Bildern sehr viel besser funktioniert als ohne. Das ist das kleine Manko an „Real To Reel”. Für sich alleine wirkt der Soundtrack zwar knackig und abwechslungsreich, aber irgendwie auch unzusammenhängend. Trotzdem hat Tom Petty natürlich insgesamt Recht, wenn er gleich zu Beginn des Albums verkündet: „Sound City, that’s it, man”.
Die Band Fleetwood Mac gehört zu den Legenden der Rockgeschichte und ist in wechselnden Besetzungen und mit Unterbrechungen bis heute erfolgreich aktiv. Der Durchbruch als Rockband gelang 1977 mit dem Album “Rumours”, das sich über 40 Millionen Mal verkaufte und dessen Songs eine zeitlose Faszination ausstrahlen. Das beweist unter anderem ein 1998 erschienenes Tribute-Album mit Coverversionen oder die Tatsache, das “Rumours” eine eigene Folge der Musical-Serie “Glee” gewidmet wurde. Zum 35. Geburtstag wird das Album nun komplett remastert und mit umfangreichem Bonusmaterial in verschiedenen Editionen neu veröffentlicht.
Bei sogenannten Kultalben aus den 70ern kann ich meist nicht groß mitreden – aber “Rumours” stand noch als Vinylscheibe im Plattenregal meines Vaters, und mich faszinierten damals sowohl die Musik als auch die Fotos auf der Plattenhülle. Für mich haben die Bilder irgendwie eine geheimnisvolle Geschichte von sich verändernden Beziehungen erzählt – und tatsächlich entstand das Album ja auch in einer Zeit, die von persönlichen Konflikten in der Band geprägt war. Vielleicht ist das Album gerade deshalb so erfolgreich geworden, weil sich die Musiker in den Songs ehrlich und authentisch mit der Situation auseinandersetzten. Von diesen Hintergründen habe ich als Kind natürlich nichts geahnt, aber “Don´t Stop”, “Go Your Own Way”, “Second Hand News” und vor allem meine absoluter Lieblingstitel “Never Going Back Again” sind mir bis heute im Ohr geblieben.
Die aus drei CDs bestehende “Expanded Edition” bietet nun reichlich Anlass, die Liebe zu “Rumours” zu erneuern und zu vertiefen. Neben dem remasterten und um den ursprünglich nur als B-Seite veröffentlichten Titel “Silver Springs” ergänzten Original-Album enthält das Digipack eine CD mit Live- Aufnahmen von der “Rumours World Tour” 1977, sowie eine Scheibe mit bisher unveröffentlichten Studio-Aufnahmen. Letztere sind besonders interessant, da man solche im Verlauf der Produktion entstehenden Probeaufnahmen ja normalerweise nicht zu hören bekommt, diese aber einen spannenden Einblick in die Entwicklung einzelner Songs geben. So gibt es hier etwa “Doesn´t Anything Last” und “Never Going Back Again” als akustische Duette und ein Demo von “The Chain”, das sich doch deutlich von der Albumversion unterscheidet.
Eine schöne Ergänzung ist das ebenfalls neu aufgelegte Booklet, das zahlreiche Fotos enthält und die Geschichte von “Rumours” aus Sicht der verschiedenen Bandmitglieder beleuchtet. Wem das alles noch nicht reicht, der muss zur “Deluxe-Edition” greifen, die zusätzlich eine CD mit weiteren 18 Bonustracks sowie die Dokumentation “The Rosebud Film” auf DVD und das Original-Album auf Vinyl enthält. Damit dürfte dann auch der größte Fleetwood Mac-Fan zufriedengestellt sein!