Auf Zeitreise mit der Steve Rothery Band in der Kölner Kantine
Steve Rothery ist der legendäre Gitarrist und Mitbegründer der Band Marillion und nicht nur in gitarrenaffinen Kreisen hinlänglich bekannt für sein einzigartiges Gitarrenspiel. Neben seiner Hauptband Marillion tourt Steve aber auch noch mit seiner Soloband (Steve Rothery Band) durch die Welt und spielt im Rahmen seiner Konzerte zur Freude seiner Fans komplette, alte Marillionalben. In der Kölner Kantine stehen an diesem Wochenende (15.09.2023 und 16.09.2023) „Misplaced Childhood“ am Freitag, und „Clutchin At Straws“ am Samstag im Mittelpunkt des Sets.
Auf eines können sich Marillion beziehungsweise deren Bandmitglieder auf jeden Fall immer verlassen und das ist der uneingeschränkte und länderübergreifende Support ihrer Fans. Auf dem Parkplatz vor der Kantine kann man Nummernschilder aus Holland, Luxemburg, Frankreich und Belgien bewundern. Vor ausverkauftem Haus geht es dann pünktlich um 21:10 Uhr mit drei Songs aus Steve Rotherys Soloalbum „The Ghosts Of Pripyat“ los. Die komplett instrumentalen Stücke zeichnen sich durch clevere Arrangements und durchdachtes Songwriting aus und sind natürlich durch Rotherys hervorragende Gitarrenarbeit bestimmt. Es gibt nur sehr wenige Gitarristen, bei denen man nach wenigen Tönen hört um wen es sich handelt. Steve Rothery gehört ohne Zweifel in diese Gruppe, da er über einen sehr guten Gitarrenton und ein sehr gefühlvolles und facettenreiches Spiel verfügt.
Nach „Summers End“ beginnt für die meisten im Publikum die eigentliche Zeitreise des Abends. Als die ersten Töne von „Pseudo Silk Kimono” durch die Boxen zu hören sind und Sänger Martin Jakubski die Bühne betritt gibt es für die meisten kein Halten mehr. Dass das Album fast 40 Jahre auf dem Buckel hat, aber bei den meisten Fans immer noch sehr präsent und vor allem sehr beliebt ist, spricht für seine Qualität. Fish hat mit dem dritten Marillionalbum ein zeitloses, autobiographisches Meisterwerk geschrieben. Für die Band bedeutete das Album damals einen Wendepunkt in ihrer Karriere, vor allem weil die Single „Kayleigh“ rauf und runter gespielt wurde und man so unter anderem auch als Vorband für Queen auf ihrer 1986er Tour auftreten konnte.
Martin Jakubski klingt live ein wenig wie der junge Fish und singt die Songs mit einer Leidenschaft und Präzision wie es Fish selbst heute schon lange nicht mehr schafft. Überhaupt spielt die gesamte Steve Rothery Band auf einem sehr hohen Niveau und man merkt der Band mit jeder Note an, dass sie selbst die größten Fans ihrer Musik sind. Der emotionale Höhepunkt des Abends stellt für den Schreiberling dieses Artikels „Blind Curve“ dar. „Mylo“ ist und bleibt mit das beste Stück Musik was jemals geschrieben wurde. Die Melodie ist immer noch atemberaubend und absolut zeitlos.
Nach “Assasing” stimmt das Publikum die seit der letzten Fußball-EM bekannte Hymne “Seven Nation Army” von den White Stripes an, die Band steigt ein und spielt den Song zu Ende. „Probably the best crowd we ever played for“, gibt Steve Rothery zu Protokoll, damit dürfte er wahrscheinlich Recht haben, die Stimmung ist an diesem Abend wirklich einzigartig. Es folgen „Jigsaw“, „Freaks“ und „Incubus“, bevor die Band unter großem Applaus die Bühne verlässt. Als Zugabe gibt es dann zunächst „Garden Party“ von Marillions Debutalbum „Script For A Jester’s Tear“, der Song ist 40 Jahre alt… Der letzte Song des Abend ist „Market Square Heroes“, das Publikum singt auch hier jede Textzeile mit.
Fazit: „Misplaced Childhood“ hat bis heute von seiner Ausstrahlungskraft nichts verloren und ist nach wie vor ein Meilenstein in der Musikgeschichte, obwohl das Album schon sehr viele Lenze auf dem Buckel hat. Steve Rothery und seine Band spielen das komplette Album in der original Tonart und das mit einer Begeisterung, die man selten bei einer Band sieht und vor allem spürt. Für die meisten im Publikum dürfte dieser Abend eine Zeitreise in die eigene Vergangenheit gewesen sein, mit jedem Song verbindet wohl jeder seine eigene Geschichte.
Warum Steve Rothery als Gitarrist immer noch nicht die Aufmerksamkeit erfährt, die er eigentlich verdient hätte, ist für Viele ein großes Rätsel. Dave Mustaine sagte einmal über David Gilmour: „David Gilmour can do more with one note than most other guitar players can do with the whole fretboard“. Dies gilt ohne Zweifel auch für Steve Rothery!
Setlist:
- Morpheus
- Old Man Of The Sea
- Summer’s End
- Pseudo Silk Kimono
- Kayleigh
- Lavender
- Bitter Suite
- Heart Of Lothian
- Waterhole (Expresso Bongo)
- Lords Of The Backstage
- Blind Curve
- Childhood’s End?
- White Feather
- Assassing
- Seven Nation Army (von den Fans angestimmt und der Band vollendet)
- Jigsaw
- Freaks
- Incubus
- Garden Party
- Market Square Heroes