Alex Diehl kam nicht wirklich aus dem Nichts: Er war schon als Support von Volbeat und Laith Al-Deen unterwegs (interessante Mischung) und hat im Jahr 2013 sein Debütalbum „Ein Leben lang“ auf den Markt gebracht. Ein Pfundskerl – wie man in Bayern vermutlich sagt. Musikalisch hat er mit Jazz und Metal angefangen, doch die deutschen ruhigen Popsongs stehen ihm einfach am besten.
So war es auch mit dem Facebook- und YouTube-Hit „Nur ein Lied“, den Alex spontan nach den Terroranschlägen in Paris geschrieben hat, um die Menschen zum Nachdenken anzuregen. Dies bescherte ihm beim deutschen Vorentscheid für den aktuellen Eurovision Songcontest auch Platz 3. Viel wichtiger ist aber die Frage, was er sich für sein zweites Album ausgedacht hat.
Alex Diehl hat vor zehn Jahren die Schule geschmissen mit deutlichen Worten an den Mathelehrer „Tschüss, ich werde Rockstar“. Das hat er nun wohl geschafft. Er verbindet seine Musik gerne mit Geschichten aus dem Leben. In einer Beziehungskrise schrieb er für seine Freundin den Titel „Bitte werde nie ein Song“ – eine wundervolle Ballade, die davon handelt, dass Liebeslieder eigentlich immer den Verflossenen gewidmet sind. Sehr stark und emotional sind auch die bewegenden Abschiedslieder „In meiner Seele“ und „Silvester“.
Echte Instrumente, Verstärker und ein analoges Aufnahmeverfahren bestimmen den Sound. „Es war mir wichtig, ein echtes Cello mit allen Nebengeräuschen wie dem Strich über die Saiten auf Band zu haben. Das entspricht vielleicht nicht den aktuellen Hörgewohnheiten, aber genau so sollen meine Songs klingen.“ Der Titelsong „Bretter meiner Welt“ führt uns auch gleich mit kraftvoll, sphärischen Analogsounds in Alex musikalischen Kosmos. Er tritt „aus dem Schatten ins Licht“, hinauf auf die Bretter seiner selbst gebauten Welt aus Musik.
Um überlebenswichtigen Lebensmut in harten Krisenzeiten geht es in dem folkrockigen Song „Hör auf“. Egal was auch immer schief geht, „hör auf dein Herz“ und steh wieder auf. Vor allem, wenn es in den Titeln laut wird, klingt Diehl wie ein energischer Herbert Grönemeyer (allerdings ohne Nuscheln). Er hat ein sehr zeitloses deutsches Popalbum geschrieben und braucht sich hinter den Kollegen seiner Zunft nicht zu verstecken. Das Duett „Ein Zeichen“ mit Laith Al-Deen zeigt, dass er dem Freund und Gesangspartner mit seinen charismatischen Vocals auf Augenhöhe begegnen kann. Ein starkes Album und nicht „Nur ein Lied“.