Das Gymnasium Hermeskeil arbeitet seit langer Zeit mit den Schwerpunkten Musik und Informatik. So hat die hauseigene Schulband schon seit vielen Jahrzehnten einen hohen Stellenwert im Schulleben. Auch zu meiner Zeit – und das war in den 80er Jahren – gab es eine hervorragende Schulband mit Konzerten, die bis heute für mich einen hohen Erinnerungswert haben.
Wenn sich nun die große Schulbandfamilie – wie Schulleiter und Bandmitglied Mario Düpre in seiner Begrüßung sagte – wieder zum Treffen der Generationen unter dem Titel „All Generations“ zusammen findet, wird daraus ein großes Happening. Erstmals fand dieses Ereignis bei der Verabschiedung des Musiklehrers Andreas Steffens 2016 statt, der die Schulband über viele Generationen geprägt hat. Und es war klar, dass es eine Neuauflage geben sollte, die jetzt mit über 60 Musikern und fast 40 Songs erfolgte.
Start war um 19 Uhr und die Turnhalle des Gymnasiums platzte aus allen Nähten. Musiker*innen waren aus ganz Deutschland angereist, um das verlängerte Feiertagswochenende mit langen Probetagen zu verbringen. Und nicht nur diese waren extra angereist. Man konnte auch viele ehemalige Schüler*innen erkennen, die ihre Klassenkamerad*innen mit großem Hallo begrüßten.
Natürlich wird es jetzt schwer fallen, viel zu den Protagonisten zu sagen. Oft werde ich mich auf Vornamen beschränken. Aber ich will nicht unerwähnt lassen, dass ich Sängerin Simone aus meiner Abiturklasse 1989 begrüßen und ihr meine Tochter Miriam vorstellen konnte, die in der aktuellen Bandbesetzung am Mikro steht. So bekam das Treffen der Generationen auch für mich eine persönliche Bedeutung.
Aber jetzt zum Ereignis an sich. Die Halle war mit Stehplätzen zum Bersten gefüllt. Man hatte groß aufgefahren, was Bühne und Beleuchtung angeht, und es war schon nach kurzer Zeit drückend heiß. Egal. Wer feiert, kann darüber hinweg sehen. Den Anfang machte der Mottosong „For You“ und gab den perfekten Start. Anne Müller war an den Vocals – und besser hätte es nicht sein können. Die aktuelle Musikerin und Leiterin der Band war, als sie noch Anne Leidinger hieß, selbst als Schülerin Teil der Band und legte ihren ganzen Enthusiasmus in die Interpretation des Songs von Manfred Mann’s Earthband. Im Duett gemeinsam mit Nicole, was bezeichnend für den Abend war, denn die Vokalist*innen wurden ebenso wie die Instrumentalist*innen kaum mal allein gelassen. Bei so vielen Menschen auf der Bühne kein Wunder, dass viele Posten mehrfach besetzt waren und ein ständiges Gewusel im Wechsel an den Instrumenten und Mikros herrschte.
Natürlich hat es in vielen Momenten gemenschelt und wurde emotional, vor allem in der Erinnerung an Bandleute, die bereits verstorben waren. Auch dem ehemaligen Hausmeister Herrn Forster wurde ein Lied gewidmet – und zwar 4stimmig a cappella mit Andreas Steffens an der Gitarre, weil das die Form war, in der man sich mitten in der Nacht nach Konzerten bei ihm bedankt hatte. Wundervoll!
Mit Songs wie „Davy’s On The Road Again“, „Baker Street“ und „Through The Barricades“ wurde mir und sicher vielen anderen Anwesenden mal wieder klar, wie stark die Schulzeit einen musikalisch prägt, gehören solche Stücke doch immer noch zu unseren Favoriten. Und um es kurz zu machen: Der Schulleiter Mario himself legte hier Saxofon-Soli hin, die wirklich zum Niederknien waren. Ohne die Kunst der restlichen Bläsergruppe schmälern zu wollen, war dies bisweilen wie vom anderen Stern.
Das Repertoire der Schulband ist normalerweise sehr englisch geprägt. Um so mehr konnte man sich über „Halt mich“ ganz sentimental mit Sascha am Akkordeon freuen. Selma bot hier einen starken Gesangspart. Dann gab es mit Jörg und dem schmachtenden „Adesso Tu“ einen der wenigen männlichen Fronter. Ja, das haben Schulbands so an sich, dass der Gesang oft weiblich ist. Doch die Rockballade „Stairway To Heaven“ wurde fulminant von Christian dargeboten und Jörg & Ronja lieferten ein gemischtes Duett zu „Happy Ending“.
„Something Happend On The Way To Heaven“ war der perfekte Moment für die Bläserfront im Bigbandsound. Natürlich durften Queen nicht fehlen und für „I Want It All“ fanden sich Bandleaderin Anne Müller und der ebenfalls bis heute mit der Schulband fest verwurzelte Vollblutmusiker Matthias Webel zum Duett zusammen. Marah und Johanna haben gerade Abitur gemacht und boten jetzt „Hot Fudge“ vermutlich als einen der letzten Songs ihrer aktiven Schulbandkarriere. Mit „Easy Lover“ und zwei Judiths am Mikro endete der erste Konzertteil.
Ja, richtig gelesen. Nach über 100 Minuten Konzertlänge war erst einmal Halbzeit und alles strömte zum Schulhof, um frische Luft und diverse Naturalien zu tanken. Andreas Steffens musste nach 25 Minuten die Menge lautstark zur Rückkehr animieren, denn die aktuelle Bandbesetzung – die Schulband firmiert zurzeit unter dem Namen „Hitzefrei“ – sollte den zweiten Teil mit drei Songs eröffnen. Johanna und Marah boten „Feeling Good“, Miriam wechselt für „Living On A Prayer“ aus dem Background mit ans Solomikro. Man braucht sich um den Fortbestand der Band definitiv keine Sorgen zu machen, erwähnenswert sind nämlich auch Gitarristin Clara, die fulminante Gitarrensoli zu bieten hat, und Keyboarder Paul, der souverän die Melodien führt. Zudem gab es am Schlagwerk und den übrigen Gitarren viele junge Gesichter mit großer Begeisterungsfähigkeit.
Dann waren aber wieder die Älteren dran und der muntere Wechselreigen an den Instrumenten ging weiter. Unglaublich, wie das Programm Hand in Hand fortgeführt wurde. Die zwei Probetage hatten sich gelohnt. Zu „Nobody’s Wife“ gab es Nicole und Anne als gesangliche Power-Rockröhren. Die Qualität der Darbietung ließ im Verlauf des Abends nicht nach und das Repertoire mit Foreigner, Guano Apes und Amy Winehouse war enorm vielschichtig. Für viele war es eine Reise in die Vergangenheit, doch auch die aktuellen Schüler*innen ließen sich auf die Songs ein, die sich normalerweise nicht auf ihrer Spotify-Playlist finden. Musikalische Früherziehung nennt man das.
Matthias gab einen markanten Peter Gabriel mit „Sledgehammer“, was die Bläserfraktion zu neuen Höhenflügen führte. Da waren noch einige Talente dabei, ich nenne mal stellvertretend Fabian und Jil, die ich beide sonst eher mit dem heimischen Musikverein verbinde. Wenn man mit einer solchen Bandstärke wuchern kann, soll man es auch tun. Das gilt ebenso für die chorischen Elemente, die zu „Sweet Home Alabama“ gleich 6stimmig zur Geltung kamen. Der frisch verheiratete Dennis hatte seine Feierlichkeiten kurz verlassen, um zwei Police-Songs zu zelebrieren, wobei er „Every Little Thing She Does Is Magic“ seiner Ehefrau widmete. Diese Schulband-Generation der beginnenden 90er Jahre lebt übrigens bis heute als Police-Coverband „Call The Police“ fort und kündigte hier ihr 30jähriges Jubiläumskonzert für den 23.9.2023 im Kasino Trier an. Also nicht verpassen!
„Uptown Funk“ war der letzte Song im regulären Set. Fast vier (!) volle Stunden Musikprogramm, wenn man die Pause abzieht. Mario bedankte sich bei allen Mitwirkenden, aber vor allem bei relevanten Persönlichkeiten, die für Organisation und Technik verantwortlich waren. Der letzte Song „With A Little Help From My Friends“ dauerte bis 23.20 Uhr an und zeigte zum Ende erstmals alle Aktiven gemeinsam auf der Bühne.
Was bleibt zu sagen? Ein gelungener Abend der musikalischen Extraklasse, Generationen von Musiker*innen und Sänger*innen. Viele Freunde und Freundinnen des Gymnasiums, die ihrer Schule noch nach Jahrzehnten eng verbunden bleiben. Es war ein gelungener Abend, der nach Wiederholung schreit. Natürlich werden wieder einige Jahre vergehen, bis es soweit ist, doch das Warten lohnt sich allemal.