Open Airs im E-Werk Saarbrücken 2025 – von Mittelalterrock bis Deutschpop
Das E-Werk in Saarbrücken-Burbach, die ehemalige Industriehalle auf den Saarterrassen, hatte schon viele großartige Konzerte gesehen. Von Punk bis Metal, von Capital Bra bis The BossHoss war da inzwischen einiges am Start. Und seit vielen Jahren hat sich auch das Gelände hinterm E-Werk für Open Airs etabliert. Absolut sinnvoll, findet man doch hier im Gewerbegebiet Parkplätze en masse und hat die perfekte Logistik für Veranstaltungen vor Ort. Okay – es ist jetzt nicht gerade idyllisch zwischen den Industriedenkmälern, aber Saltation Mortis hat es auch nicht wirklich was ausgemacht, hier auf ihrer „Burgentour“ Station zu machen. Es kommt auf die Konzertstimmung an. Und die war in Saarbrücken mal wieder über Wochen sehr gut.

Saltatio Mortis am 13.7.2025
Mein Konzertreigen bei den „SB Open Airs“ startete also mit den Mittelalterrockern aus der Pfalz, die vor zwei Jahren noch als Support von Powerwolf ran mussten, jetzt aber endlich mit einer respektablen Headlinershow aufwarten konnten. Der Set startete mit „Finsterwacht“ und eine Tänzerin im weißen Gewand bewegte sich zu den Klängen der Band. Mit solchen Schauspielereien sorgt man immer für eine besondere Festivalstimmung.
„Brunhild“ und „Odins Raben“ mussten für martialische Erzählungen herhalten, begleitet von einer großen Flammenshow. An Pyrotechnik wurde wahrlich nicht gespart. Doch es war nicht alles bombastisch. Für die Verschnaufpause zwischendurch hatte man eine zweite Bühne aufgebaut, wo es ein akustisches Zwischenspiel mit dem lateinischen „Totus Floreo“ und dem Mitsing-Klassiker „Was wollen wir trinken“ gab.
Saltatio Mortis sind schon immer mehrsprachig unterwegs und ließen mit „Pray to the Hunter“, „Valhalla Calling“ und „We Might Be Giants“ auch den englischen Vocals Raum. Zwischen Folk und Mittelaltersound wurde vor allem ordentlich gefeiert. Zu „Heimdall“ wirkte eine Feuertänzerin mit, der Spaßsong „Mittelalter“ brachte das Publikum springend in Bewegung und zu „Vogelfrei“ gab es einen großen, soliden Circle Pit, wie man ihn sonst nur von Metalbands kennt.
Nach dem Finch-Cover „Keine Regeln“ gab es ein vorläufiges Finale mit „Rattenfänger“, „Prometheus“ und „Feuer & Erz“. Nach den ersten 100 Konzertminuten musste das Publikum aber nicht lange darum bitten, die Band wieder auf die Bühne zu holen. Der Publikumsliebling „Wo sind die Clowns“ wurde ebenso abgefeiert wie „Für immer jung“. Und beim abschließenden „Spielmannsschwur“ ließen sich die Fans auch nach zwei Stunden Livepower nicht lumpen und feierten die Band ausgiebig mit einem endlos langen Zuschauerchor.
Saltatio Mortis zeigten sich in bester Verfassung und waren ein würdiger Headliner. Das 25jährige Bandjubiläum feiert man in Kürze mit der Compilation „Weltenwanderer“. Die Tracklist besteht aus 51 Stücken, die von den Fans per Online-Voting ausgewählt wurden. Lohnt sich!

LEA am 18.7.2025
Weiter ging es am darauffolgenden Freitag mit melancholischen Deutschpop von LEA. Spätestens seit ihrem zweiten Album ist LEA als Sängerin der leisen Töne bekannt. Sie legt eine unglaubliche Fülle an Emotionen in ihre Lyrics und ihre Stimme. Manchen mag das gar zu viel werden, doch ich persönlich kann mich an ihren authentischen Songs einfach nicht satt hören.
Das Bühnenbild war voller Blumen. Man konnte sich also auf viel Romantik und lyrische Dichte gefasst machen. Zudem waren unheimlich viele Kinder mit ihren Eltern vor Ort, was die sympathische Sängerin sichtlich freute. Der Set startete mit „Tausendmal“ und dann folgte direkt der Kracher „Drei Uhr nachts“, den LEA ursprünglich mit Mark Forster aufgenommen hat. Hier zeigte sich die Textsicherheit des Publikums.
„7 Stunden“ ist ebenfalls ein typischer LEA-Song, der eine berührende Geschichte erzählt. Zu „Welt“ hielt sie eine flammende Rede gegen Hass und Intoleranz, mit der Bitte, für eine bunte Welt zu kämpfen. Es folgten „Ich mag dich“ und der Partysong „Aperol im Glas“, den sie mit ihrem Support Dani Lia im Duett zu Gehör brachte.
LEA erzählt in Saarbrücken gern von ihrem ersten Auftritt 2016 im Kleinen Klub der Garage, der vor gerade mal vier Zuschauer*innen stattfand. Schon ein Jahr später war die Garage brechend voll. Beides hatte seinen Reiz für die Band und man denkt nach eigenen Worten immer gern an Saarbrücken zurück.
Auch jetzt gab es ein Konzert im Kleinen, denn es war eine B-Stage aufgebaut, die ausgiebig für ein akustisches Set genutzt wurde. Mit „Wenn du mich lässt“, dem Max Raabe-Cover „Guten Tag, liebes Glück“, ihrem größten Hit „Leiser“, dem romantischen „Treppenhaus“ und der Melancholie von „Kennst du das“ bewies LEA viel Fannähe und war auf Augenhöhe mit dem in Teilen sehr jungen Publikum, das mit selbst gemalten Schildern um ihre Aufmerksamkeit buhlte. Einige wollten mit LEA singen und sie wählte ein junges Mädchen aus, das auf eigenen Wunsch den Refrain von „Okay“ zum besten gab. Zum Abschluss des langen Acoustic Sets, bei dem LEA zeitweise am Piano saß, gab es den Paddington-Song „Das Leben ist schön“.
Zurück auf der Hauptbühne erklangen die Mitsing-Hymnen „Immer wenn wir uns sehen“ und „Heimaptplanet“ ausgeleuchtet mit einem Sternenhimmel aus Handylichter. Zum Finale hin wurde es dann durchaus rockig (zumindest für die Verhältnisse einer Deutschpoetin) und es gab den Rapsong „110“, das von einer Pyroshow begleitete „In Flammen“ und die grandiosen Titel „Schwarz“ sowie „Chaos“.
Im Zugabenblock wurde „Okay“ zum Thema Social Media und Body Awareness endlich komplett performt. Allein am Klavier spielte LEA den berührenden Track „Elefant“ für ihre Eltern und beendete das Konzert schließlich mit „Ein Liebeslied“, dem recht naiven Stück über die Liebe zwischen Igel und Stachelschwein, den es auf keinem Album von ihr gibt und den vor allem die Kinder ganz besonders lieben.
LEA hat mal wieder bewiesen, warum sie an der Spitze deutschsprachiger Songwriterinnen steht. Ihre Texte strotzen vor Melancholie und Poesie und für ihre Fans ist das genau richtig. Die Kids bewundern Lea wie eine große Schwester – und auch das erwachsene Publikum nimmt sie an einem solchen Abend mit auf die emotionale Reise.

Revolverheld am 19.7.2025
Die Gerüchte, dass Revolverheld zum 20jährigen Jubiläum ihre Instrumente an den Nagel hängen wollen, halten sich hartnäckig. Zumindest scheint sowas wie ein Sabbatjahr geplant zu sein, wenn die Tour nach dem „Best of“ Album gelaufen ist. Das soll nämlich unter dem Titel „20“ im August erscheinen. Diese Zahl prangte auch groß im Bühnenbild. Kaum zu glauben, dass der ewig junge Johannes Strate und seine Mitstreiter schon so lange Musik zusammen machen.
Ganz ohne Starallüren kam der Sänger schon zum Support EMY auf die Bühne und performte mit ihr zusammen das Duett „Leerer Stuhl“. Das brachte den beiden großen Jubel ein. Überhaupt lieferte EMY ein schönes Deutschpop-Set, ganz allein auf der Bühne mit Musik vom Band. Teile des Publikums wussten von ihrem Geburtstag und stimmten ein „Happy Birthday“ zum 23. an.
Johannes konnte dann gleich darauf in Erinnerungen schwelgen, die zwei Jahrzehnte umfassten. Er erzählte von Auftritten in Garage und E-Werk. Dazu gab es viele bekannte Songs aus der Karriere. Mit Lückenfüllern wollte man sich gar nicht erst aufhalten. Schon als erstes Stück erklang „Spinner“, gefolgt von „Keine Liebeslieder“ und „Ich werd die Welt verändern“. Jeder kennt die Texte und – zack – sind alle wieder jung.
„Immer in Bewegung“ brachte einen sehr rockigen Sound, der dann für „Halt dich an mir fest“ direkt wieder runtergefahren wurde. Die Ballade wurde wieder im Duett mit EMY interpretiert.
Nostalgische Lyrics gibt es in vielen Revolverheld-Stücken. Hier waren es „Bands deiner Jugend“, „Das kann uns keiner nehmen“ und „Sommer in Schweden“ mit ihrem schwelgenden Charakter. Zum Finale des Hauptsets erklang „Lass uns gehen“ und große bunte Bälle sorgten für ein Happening im Publikum. Der Zugabenblock bot dann pure Publikumsnähe: Johannes sang aus der Menge „Deine Nähe tut mir weh“ und ließ die Fans „Ich lass für dich das Licht an“ anstimmen. Zurück auf der Bühne gab es den Hit dann nochmal und der Kracher „Darf ich bitten“ beendete die zweistündige Show.
Zum alten Eisen gehören Revolverheld sicher nicht und live waren sie wie immer eine Bank. Bleibt zu hoffen, dass die musikalische Auszeit nicht allzu lange dauert.

Frida Gold und Samu Haber am 20.7.2025
Frida Gold, das kongeniale Duo Alina Süggeler und Andi Weizel, hatte nur 35 Minuten Zeit für seinen Set, aber ich bringe es einfach nicht übers Herz, die beiden als „Support“ zu bezeichnen. Es war lange ruhig um Frida Gold, doch bald schon soll es ein neues Album geben und die alten Hits funktionieren wie eh und je.
Es gab einen Elektrosound vom Band, aber auch handgemachte Musik mit Piano, Gitarre und Querflöte. Dazu die gewohnte Mischung aus Poesie und Pop mit einigen neuen Songs sowie Klassikern wie „Liebe ist meine Rebellion“ und „Leuchten“. Da die Zeit knapp war, wurde Letzteres vorzeitig abgebrochen, um „Wovon sollen wir träumen“ in voller Länge feiern zu können. Insgesamt ein grandioses Set voller Energie mit einer tanzfreudigen Alina.
Samu Haber startete seine Show mit einem französischen Discohit vom Band. Die vier Musiker kamen wie Gladiatoren auf die Bühne und stellten sich zu viert in einer Reihe auf, um sich als Band zu präsentieren. Vielleicht will man sich so in der Nachfolge von Sunrise Avenue positionieren. Das Publikum nahm es jedenfalls positiv auf und feierte schon den ersten Song „Me Free My Way“, der ja auch sowas wie ein Mottosong für Samus Solokarriere ist.
Stilistisch gab es ein wenig Folk, etwas Rock und viel Pop. Samu war glänzend gelaunt, tanzte mit der ersten Zuschauerreihe und machte sympathische Ansagen auf Deutsch mit seinem typischen Akzent, den man bei „Voice of Germany“ lieben gelernt hat. Es gab viel Aktuelles wie „Big Guitars“ und „Hometown Gang“. Wenn Samu seine tiefen Vocals auspackte, war er in seinem Element. Doch auch die hohen Tenortöne gelangen ihm aus dem Effeff.
Es waren auch einige Bandsongs von Sunrise Avenue zu hören. „Lifesaver“war der Erste und man spürte förmlich die Erleichterung und Begeisterung bei den Fans, die jubelten und lauthals mitsangen. Auch „Heartbreak Century“ brachte einen solchen Moment.
Samu war – wieso oft – in Erzähllaune und rekapitulierte den Nachmittag, der einige Unsicherheiten gebracht hatte. Gewitter, Sturm und Platzregen hatten für Ungemach gesorgt und auch die Technik lahm gelegt. Die Band brauchte Ersatz für ein Gitarrenelement und ein Aufruf in den sozialen Medien führte tatsächlich einen Menschen zum E-Werk, der mit dem entsprechenden Teil aushelfen konnte. Er wurde von Samu als auch vom Publikum ausgiebig gefeiert.
Traditionell gab es auch einen finnischen Song von Samu. Danach „You Destroyed My Life“ als Pianoballade. Zu „Hollywood Heels“ meldeten sich drei junge Frauen aus dem Publikum, die eine Choreografie erarbeitet hatten und mit Samu eine heiße Sohle aufs Parkett legten. Das anschließende „Hideaway“ beendete den Hauptset.
Im Zugabenteil stimmte Samu den Hit „Fairytale Gone Bad“ zunächst ganz allein mit einem Playback-Beat an. Die Fans feierten den Song mit ihm zusammen in ausgiebiger Länge. Die Ballade „Seasons“ diente zum Abkühlen bevor mit „Hollywood Hills“ der Party-Höhepunkt erreicht war. Nach zwei Stunden endete die furiose Show, die zeigte, dass Samu Haber locker solo bestehen kann – vor allem wenn er zur Freude der Fans einige Klassiker mit einstreut.
So gingen die diesjährigen SB Open Airs grandios zu Ende und wir dürfen gespannt sein, was man 2026 zu bieten hat. Infos dazu folgen in Kürze auf https://garage-sb.de/ Wir halten euch auf dem Laufenden!
