Punk-Konzerte in ausverkauften Hallen kommen nicht allzu häufig vor. Und bis vor kurzem tauchten Feine Sahne Fischfilet auch keineswegs in der Riege der massenwirksamen Publikumshelden auf. Klar haben sie schon bei vielen Festivals gespielt, beispielsweise beim „Love Gets Dangerous“ im ExHaus Trier, oder die Broilers vor der ausverkauften Arena Trier supportet, doch die Headliner-Show in der Europahalle ist schon etwas Besonderes für die Band aus MeckPomm. Und dass hier gleich an zwei Abenden hintereinander die Halle voll bis zum Rand ist, ist natürlich Folge der „Dessau-Affäre“. Einladung und Ausladung durchs Bauhaus Dessau. Die damit verbundenen politischen Querelen – und schon wird man zum Vorzeigeobjekt der linken Szene. Mit Recht! Denn auch viele gemäßigte und sogar konservative Kräfte konnten diesen Eiertanz und das Duckmäusertum vor den neuen Rechten nicht nachvollziehen.
Sei’s drum. Trier harrte dem Auftritt mit gespannter Erwartung und wurde nicht enttäuscht. Es gab ein bunt gemischtes Publikum: Die knallharte Punk-Fraktion in Bühnennähe, immer in Bewegung und in Feierlaune, das eher abwartende Publikum auf den abgesetzten Stufen im hinteren Hallendrittel. So wurden beide Seiten gut bedient. Als Support waren Enraged Minority am Start. Ihr Musik war – nun ja – nicht gerade filigran. Leider auch sehr dumpf abgemischt. Und das Textverständnis ging (selbst bei den Ansagen) gegen Null. Egal. Die Rolle als Einheizer hat die Band gut erfüllt. Sie zeigte sich auch dankbar gegenüber Feine Sahne Fischfilet und verwies glücklich darauf, dass man „ja sonst nur den Support in kleinen Zentren geben darf“. Also genau die Rolle, die FSF bis vor kurzem relativ oft inne hatten. Dementsprechend verausgabte man sich auch in dem 40minütigen Set. Vor allem Sänger und Schlagzeuger agierten, als hinge ihr Leben davon ab. Es gab Songs für Karl Marx und für die kurdische Freiheitsbewegung. Ein knallbunter, energischer Mischmasch, der die Lust auf die Hauptband steigerte.
Feine Sahne Fischfilet starteten ihr Konzert hinter geschlossenem Vorhang. Zunächst gab es ab 21 Uhr eine Reihe bekannter Punkklassiker vom Band abgespielt, beispielsweise den uralten Yankees-Hit „Halbstark“ (interpretiert von den Toten Hosen). So war das Publikum kollektiv gut eingesungen, als der Vorhang für FSF fiel. Der Jubel machte deutlich, dass da die neuen Helden der Szene auf der Bühne standen. Das aktuelle Album heißt „Sturm & Dreck“ und so prangte der Titel auch in großen Lettern im Bühnenhintergrund. Sänger Monchi (Jan Gorkow) ging von Beginn an auf Tuchfühlung mit den Fans. Dafür gab es ein Richtung Zuschauer raus geschobene, kleines Podest, über das er in voller Größe in Richtung der tanzenden Meute ausgreifen konnte. Mittendrin statt nur dabei. Wie sein Künstlername schon vermittelt, sieht Monchi eher wie ein großer Kuschelbär aus als wie das neue Aushängeschild des Politpunks.
Los ging es mit „Zurück in unserer Stadt“. Bei den vielen Auftritten, die FSF schon in Trier hatten, sehr passend. Schon beim zweiten Song „Alles auf Rausch“ wurde die Europahalle zum Hexenkessel mit kleiner Pyroshow im Publikum und einer wild tanzenden Meute. „So lange es brennt“ war dann der erste ältere Titel und machte deutlich, dass hier nicht nur das aktuelle Werk abgefeiert werden soll. Musikalisch war die Band ganz vorne – traditionell wurde der Punk hier schließlich von zwei Bläsern mit Funk-Einlagen verschärft. Das gibt ein glänzendes Alleinstellungsmerkmal.
Monchi war in Topform und die Band in bester Spiellaune. Einige Follower wurden zum Abfeiern auf die Bühne geholt, es gab einen Ritt durch die Zuschauermenge per Bananenboot, und was an Bier ins Publikum verschüttet und gespuckt wurde, grenzte schon an Alkoholmissbrauch. Natürlich wurden auch ernste Töne angeschlagen. „Ich mag kein Alkohol, nur das Besoffensein“ kann schon nachdenklich machen. Die Schlacht um die Stadt Kobanê stand symbolisch für den Bürgerkrieg in Syrien und wurde im Song „Suruç“ besungen: „Wir haben’s verteidigt. Bauen’s gemeinsam wieder auf.“
„Lass uns gehen“ war nach 80 Minuten der letzte Song vorm Zugabenblock. Doch damit war das Konzert noch lange nicht beendet. 1200 Zuschauer holten die Band schnell wieder auf die Bühne zurück. Monchi lobte den Verein Mare Liberum für sein Engagement, der mit Infostand im Foyer vertreten war und an beiden Tagen vor dem Konzert mit Veranstaltungen in der Tufa auf seine Arbeit der Rettung in Seenot geratener Flüchtlinge aufmerksam machte. „Zuhause“ folgte als Song für eine grenzenlose Welt und später das tröstliche „Wir haben immer noch uns“.
Außerhalb der Europahalle war der Abend zum Glück ziemlich unspektakulär. Keine protestierenden Nazis, keine Bombendrohung. Es war ein Abend zum Feiern, was die Anwesenden ordentlich taten. Heute Abend geht’s weiter. Wer Lust bekommen hat: sorry, ausverkauft.