Als wir uns an diesem Dienstagabend auf den Weg nach Köln-Ehrenfeld machen, neigt sich über der Domstadt ein Sommertag mitten im Frühling seinem Ende entgegen. Um 19 Uhr ist es immer noch stramm über 20 Grad warm und so verbringen viele Besucher die Wartezeit auf Monster Magnet lieber bei einem kalten Bier im Innenhof der Live Music Hall als dem Auftritt der Vorgruppe ¡Pendejo! aus den benachbarten Niederlanden zu lauschen. Wobei bei deren Gemisch aus Stoner Rock und Doom Metal von „lauschen“ kaum die Rede sein kann. Immerhin lernen wir, dass „pendejo“ aus dem Spanischen kommt und „Arschloch“ bedeutet. Aha!
Derlei Wortspielereien haben Monster Magnet nicht nötig. Die Mannen um Mastermind Dave Wyndorf gehören bald seit unglaublichen 30 Jahren zu den wichtigsten und einflussreichsten Bands in den Bereichen Schnell, Hart und Laut. Ende März erschien ihr elftes Studioalbum „Mindfucker“, das Wyndorf als „eine Bombe voller Detroit-Style, frühe Siebziger mit Rock in Erinnerung an MC5 und die Stooges“ angekündigt und damit keineswegs übertrieben hatte. „Mindfucker“ ist ein dreckiges Stück Musik, irgendwo zwischen Sludge und Stoner Rock, also genau so wie man sich ein Monster Magnet-Album vorstellt. Kein Wunder, dass die Live Music Hall heute aus allen Nähten platzt. Die geschätzt 1.500 Fans sorgen in kürzester Zeit dafür, dass die Temperatur im Inneren der Halle locker auf das Doppelte der Außentemperatur steigt.
Monster Magnet-Konzerte sind wie eine Zeitreise in die Neunziger Jahre. Das Publikum scheint optisch jedenfalls in genau dieser Zeit stehengeblieben zu sein. Ich sichte sogar ein Mudhoney-T-Shirt. Monster Magnet-Konzerte sind aber auch wie ein Trip, eine Mischung aus Heavy Metal, psychedelischen Anfällen, purem Punk, Krautrock, schwerem Space Rock, bluesigen Harmonien, unglaublichen Gitarren und seltsamen Texten. Da macht Köln keine Ausnahme. Dave Wyndorf hat im Vergleich zum letzten Gastspiel vor vier Jahren an gleicher Stelle ordentlich abgespeckt, was ihm sicht- und hörbar gut tut. Das hier ist ganz klar seine Veranstaltung. Wild gestikulierend animiert er die Fans zum Mitsingen und füllt die Rolle als Rampensau auch sonst perfekt aus. Da bleiben für Garret Sweeny, Phil Caivano, Chris Kosnik und Bob Pantella, von ein paar gelegentlichen Gitarrensoli abgesehen, allenfalls nur Nebenrollen übrig.
Der Start ins Set fällt mit „Dopes To Infinity“ standesgemäß aus. Was zu diesem Zeitpunkt noch niemand weiß: Es werden lediglich elf weitere Stücke folgen. „Mindfucker“ ist gleich mit fünf Songs vertreten und stellt damit quasi im Alleingang die Hälfte der kompletten Setlist. Während mir der Schweiß langsam in die Schuhe läuft und ich beginne an meinen Nebenleuten festzukleben, knallt uns die Band kompromißlos einen Song nach dem anderen vor den Latz. Vor der Bühne bildet sich währenddessen ein amtlicher Mosh Pit und die ersten Crowd Surfer werden ebenfalls gesichtet. Der Sound ist perfekt ausbalanciert und schön fett, die Bühneneffekte mit dem obligatorischen aufgemotzten Stierkopf im Hintergrund ebenso sparsam wie Wyndorf’s Ansagen. So sind wir nach 60 Minuten auch schon mit dem Main-Set durch, das ebenso standesgemäß mit „Space Lord“ endet.
Was folgt sind weitere drei Songs als Zugabe, wobei die Fans besonders beim abschließenden „Powertrip“ nochmal alles geben. Zumindest diejenigen, deren Kreislauf angesichts der kostenlosen Sauna in der Live Music Hall noch stabil ist. Nach knapp 80 Minuten verschwindet Dave Wyndorf grußlos von der Bühne und lässt seinen Mitstreitern wenigstens noch die letzten Akkorde alleine im Scheinwerferlicht. Man könnte nun angesichts der relativen „Länge“ des Konzerts von einem faden Beigeschmack schreiben, aber dieses Gefühl stellt sich nicht ein. Auch von den Fans kommen keinerlei Unmutsäußerungen. Im Gegenteil. Um mich herum wringen nur zufrieden grinsende Gesichter ihre T-Shirts aus und bestellen noch ein frisches Bier. So muss Rock’n’Roll heute wohl sein: Kurz, knackig und voll auf die Zwölf. Wenn das der Auftrag war, dann haben ihn Monster Magnet in Köln hundertprozentig erfüllt. Getreu dem „Mindfucker“-Motto „When The Hammer Comes Down“.
Setlist:
- Dopes To Infinity
- Rocket Freak
- Soul
- Mindfucker
- Radiation Day
- Look To Your Orb For The Warning
- When The Hammer Comes Down
- Negasonic Teenage Warhead
- Space Lord
——————— - Ejection
- End Of Time
- Powertrip