Konzerte in der ehemaligen Reichsabteikirche St. Maximin sind immer etwas ganz Besonderes. Eigentlich wird die ehemalige Klosterkirche inzwischen als Schulgebäude genutzt und fungiert als Turnhalle. Zu ganz besonderen Konzerten lebt aber der festliche Charakter wieder auf und das Ambiente wird für stimmungsvolle Konzerterlebnisse genutzt. Davon habe ich in den letzten Jahren viele erlebt, doch „Christmas With My Friends“ im Jahr 2014 gehört ohne Zweifel zu den ganz bewegenden Highlights.
Nils Landgren ist ein schwedischer Posaunist und Sänger. Der hochsympathische Musiker gehört seit langem an die Spitze des europäischen Jazz. Ob solo, in Zusammenarbeit mit Musikern wie Joe Sample, Ray Parker jr. und Maceo Parker oder mit seiner Funk Unit, als Leiter der NDR Bigband oder des JazzFest Berlin, stets wird der Mann mit der roten Posaune begeistert aufgenommen und im Kreise der Kollegen extrem hoch geschätzt.
2006 rief er die Reihe „Christmas With My Friends“ ins Leben und umgab sich dafür mit schwedischen Musikern und Sängerinnen. Das Ergebnis sind andachtsvolle Konzerte, in denen traditionelle Weihnachtslieder gefühlvoll interpretiert werden. Und wer jetzt bei Jazz an verkopfte Arrangements mit endlos-langweiligen Soli denkt, wird eines besseren belehrt. Landgren und seine Mitstreiter sorgen für beschwingte Momente, unaufgeregte Interpretationen und ein sehr besinnliches Konzerterlebnis. Solistische Darbietungen werden nicht zum Selbstzweck, sondern dienen immer der Sache – dem Song.
Inzwischen gibt es bereits vier CDs zum Weihnachtsmotto. Songs in deutscher, schwedischer und englischer Sprache. 750 Zuschauer folgten in Trier den schönen Interpretationen. Es war das letzte Konzert der Tour, die laut Landgren alle zwei Jahre stattfindet. Instrumentalisten und Sänger taten sich zu immer neuen Konstellationen zusammen, um die bekannten und weniger bekannten Lieder zu Gehör zu bringen. „The First Noel“ erklang dreistimmig mit der berühmten Jazzpianistin Ida Sand an den Tasten. Im Duett mit Jeanette Kühn sang sie „Angel’s Carol“. Die heiligen Klänge füllten die ehemalige Kirche auf wundervolle Weise.
Die Besetzung sah neben Piano und Posaune auch Trompete, Kontrabass, Gitarre und Saxofon vor. Die Schnulze „Last Christmas“ sang Nils Landgren aber nur zur akustischen Gitarre. Und es war fantastisch! Ganz klar, ganz sauber, ohne unnötige Schnörkel. So kann man diesem Titel dann doch eine weihnachtliche Bedeutung abgewinnen. Ebenso „Santa Claus Is Coming To Town“. Schon tausend Mal gehört? Aber noch nie auf diese Weise! Instrumental von Kontrabass und Posaune. Beide Solisten, vor allem Eva Kruse am Bass, verloren sich in einer Hochgeschwindigkeits-Performance, die zu Begeisterungsstürmen im Publikum führte.
Landgren machte seine sympathischen Ansagen in deutscher Sprache. Die Lieder wurden oft auf Schwedisch und Englisch gesungen. „What A Wonderful World“, auch wenn das eher nach Sonne als nach Schnee klingt. Trotzdem konnte man die Weihnachtsstimmung aufsaugen und verinnerlichen. Ebenso wie im mir bis dato unbekannten „Who Would Imagine A KIng“. Es gab das uralte deutsche Adventslied „Maria durch ein Dornwald ging“ neben dem von Ida Sand solo vorgetragenen „In The Bleak Midwinter“.
Landgren erzählte viel von der Tour und seinen Freunden. Er erwähnte, dass Eva Kruse als einzige nicht aus Schweden, sondern aus Schleswig-Holstein stammt. Und er äußerte den frommen Wunsch, dass die Ungleichheit auf der Welt aufhört und alle Menschen das Gleiche haben: „Maybe This Christmas“. Auf Schwedisch gab es „Det brinner en stjärna“ und „O helga natt“, aber auch Klassiker wie „O du fröhliche“ und „Stille Nacht, heilige Nacht“, die in mehreren Sprachen dargeboten wurden. Zu letzterem entstand in St. Maximin ein beeindruckender Zuschauerchor.
Die Menschen in Trier waren sichtbar gefangen von der Größe und Wärme des Konzerts. Ich muss auch selbst sagen, dass ich noch kein solch bewegendes Weihnachtskonzert miterleben durfte. Ganze 100 Minuten ohne Pause hielt das Ensemble die Zuschauer in seinem Bann. Und so toll die besagten CDs auch klingen – es geht nichts über das Liveerlebnis. Landgren beendete das Konzert mit dem Lennon-Titel „Imagine“ und dem Versprechen, in zwei Jahren wieder in Trier zu sein. Tosender Applaus und Standing Ovations bescheinigten das Einverständnis des Publikums. So darf jedes Weihnachtsfest seine letzte Runde einläuten.