So wie Obelix als kleines Kind in einen Kessel mit Zaubertrank gefallen ist, muss Peter Kraus schon 1939 einen Jungbrunnen erwischt haben. Anders ist es kaum zu erklären, dass der 84jährige, der seine Karriere eigentlich vor ein paar Jahren schon für beendet erklärte, immer noch wie ein höchstens 60jähriger Hüpfer auf der Bühne rumspringt und mit sonorer Stimme seine Klassiker vorträgt. Zugleich ist seine Show mit dem Titel „Meine Hits – Meine Idole“ eine Zeitreise durch 70 Jahre Rock ’n‘ Roll und Musikgeschichte. Kein Wunder, dass fast 3000 Zuschauer*innen in der Arena Trier ausgelassen mit dem alten Meister feierten und sich schwungvoll durch den Abend tragen ließen.
Peter Kraus hatte eine klassische Rockband dabei, ergänzt um Kontrabass, Saxofon und eine (bisweilen etwas piepsige) Backgroundsängerin. Gerade der letztere Umstand zeigt aber auch, dass Kraus keineswegs eine Unterstützung im Hintergrund nötig hat. Er konnte alle vierzig (!) Songs des Abends noch unkompliziert allein tragen und jeden Ton – ob hoch oder tief – punktgenau treffen. Gerade dann, wenn er vom fetzigen Rock in sanfte Crooner-Gefilde driftete, wusste er mit schmachtenden Vocals zu glänzen und die Augen der anwesenden Fans zum glänzen zu bringen.
Peter ging direkt in die Vollen und startet mit einem Triple aus Klassikern: „Rock Around the Clock“, „Tutti Frutti“ und „Heartbreak Hotel“ brachten die Arena zum ersten Mal zum Kochen. Zwischen den Stücken lud der Sänger und Schauspieler zur Geschichtsstunde ein. Sehr lebendig erzählte er von seinen Anfängen – und illustrierte diese mit Bildern auf großer Leinwand. Beispielsweise die ersten Erfolge als Schauspieler mit der Ur-Verfilmung von „Das fliegende Klassenzimmer“.
Stark waren seine Ausflüge in die Swing- und Jazz-Ära. Stilistisch bekommt man auf dieser Tour einiges geboten – und Stücke wie „Diana“ (Paul Anka), „Sommerzeit“ (George Gershwin), „Mr. Bojangles“ (Sammy Davis jr.) und „Du, du liegst mir am Herzen“ (Marlene Dietrich) erklangen emotional herausragend und in stimmlicher Reinheit. Dass dabei eigene Stücke wie „Va Bene“ und „So wie ein Tiger“ in der Unterzahl blieben, war überhaupt kein Problem.
Vor der Pause gab es eine gleich sechs Stücke umfassende Hommage an Peters großes Vorbild Elvis Presley. Die ausgelassene Stimmung dieser Interpretationen entließ das Publikum nach einer Stunde, damit sich alle die Beine vertreten und mit neuen Getränken versorgen konnten.
Auch die zweite Stunde der Show blieb extrem vielseitig – von Franz Lehár („Niemand liebt sich so wie ich“) über Frank Sinatra und Chuck Berry bis hin zu Doris Day und Vico Torriani. Dabei sang Peter Kraus mal in englischer, mal in deutscher Sprache – oder durchmischte beide Versionen in den Songs. Es gab Erinnerungen an den ebenfalls sehr erfolgreichen Vater Fred Kraus, den er also sein großes Idol bezeichnete.
Zwischenzeitlich hatte sich das Publikum aufgerafft und die ersten Tänzer nahmen den Platz vor der Bühne ein. Spätestens mit den Zugaben war dann kein Halten mehr und die Veranstaltung wurde zum Steh- und Tanzkonzert. „Sugar Baby“ (als letzter Song des regulären Sets), „Blue Suede Shoes“, der „Jailhouse Rock“ und Little Richards „Rip It Up“ (im Zugabenblock) ließen den nimmermüden Entertainer zur Bestform auflaufen. Viele werden ihn nach dieser Show für seinen Elan bewundert haben. Und insgeheim wünscht man sich, mit 84 Jahren ebenso unbeschwert und leichtfüßig durchs Leben zu tanzen.
„Meine Hits – Meine Idole“. Das Motto der Show galt für viele der Anwesenden. Und Peter Kraus kann ein wirkliches Idol sein. Eins, das man auch heute noch leibhaftig auf der Bühne sieht.