Das Rampenlicht ist Elif nicht fremd – vor vielen Jahren schaffte sie es bei der achten Staffel von „Popstars“ bis ins Finale, und sie war so ziemlich das Einzige, was mir von dieser Show positiv in Erinnerung geblieben ist. Wie schön, dass sie unabhängig vom TV-Casting-Zirkus ihren eigenen musikalischen Weg gefunden hat und mit ihren Alben nicht nur ihr gesangliches Talent, sondern auch ihre Qualitäten als Songwriterin beweisen kann.
Aufgewachsen in Berlin-Moabit als Tochter türkischer Einwanderer repräsentiert Elif eine Generation selbstbewusster junger Frauen zwischen Tradition und SocialMedia. Und sie gibt dieser Generation eine Stimme, bastelt aus ihren Erlebnissen und Gefühlen eindringliche Songs. Schon auf „Nacht“, ihrem dritten Album, mit dem die Sängerin im September 2020 auf Platz 7 der Offiziellen Charts einstieg, verarbeitete sie eindrucksvoll die Erfahrungen und Erkenntnisse der letzten Jahre. Ihren Burnout, die Trennung von Label und Management, das Ende einer toxischen Beziehung, ihre Therapie, die Auseinandersetzung mit sich selbst und dem was war.
Elif singt von Freundschaft und Abschied, von Schmerz und Glück und immer wieder von der Liebe. Manche ihrer Lieder wären beinahe kitschig, wenn sie nicht so ehrlich wären. Doch weil sie ehrlich sind, berühren sie uns. Es sind vielleicht nur alltägliche kleine Dramen, aber die junge Sängerin macht große Songs daraus.
„Endlich tut es wieder weh“ ist ein Album über das Vermissen gleichzeitig aber auch ein ungewohnt humorvolles Album und ein Album über den Umgang mit ihren Erfahrungen, Erlebnissen und Emotionen. Und das glaubt man Elif nach diesem Album sofort. Ja, es ist ein Album über Schmerz. Aber eben über Schmerz als etwas Vertrautes, das schon einmal dagewesen, ja, fast zur Routine geworden ist. Schmerz als etwas, mit dem man gelernt hat umzugehen. Von dem man sich nicht mehr verletzten lässt, der einen nicht mehr in die Knie zwingt. Sondern Schmerz, den man annimmt, den man umarmt, mit dem man lebt. Jeder von uns. „Ich wünsche mir, dass das Album die Menschen inspiriert, tiefer zu gehen und sich mit ihren eigenen Emotionen oder Schmerzen auseinandersetzen“, sagt sie.
Songs wie „Bomberjacke“ und „Beifahrersitz“ kann man mit ihrem Urban Pop schon seit längerem im Radio hören. „Roses“ hat mich in seiner Nostalgie von der ersten Textzeile an mitgenommen: „Weck mich auf, wenn OutKast wieder Roses singt“. Da finden sich große emotionale Balladen wie „Mensch sein“ und „Ich denk an dich“, aber nicht alles ist so dramatisch. „Lonely“ kann auch mit sarkastischen Worten vom Alleinsein berichten. Ganz stark beendet der Sprechgesang von „Unendlichkeit“ das Album nach einer guten Dreiviertelstunde. Alles in allem ein lyrisches Meisterwerk, das beweist, wie tief deutschsprachige Popmusik gehen kann.