Sechs Studioalben in über 20 Jahren – da sind andere Bands weitaus produktiver. Allerdings dürfen sich Fans der Alternative Rocker aus Wisconsin im Gegenzug stets über breit gefächerte musikalische Aktivitäten freuen, die sich nie in eine Schublade pressen lassen. Das gilt auch für den neuen Longplayer „Strange Little Birds“. Das G-Markenzeichen diesmal im Leopardenfell-Kostüm. Hat was Heroisches und zugleich Verletzliches.
Der Sound des neuen Albums hat einige elektronische Momente und ist nicht so wuchtig, wie wir das von den letzten Releases gewohnt waren. Stattdessen hat Shirley Manson viele ruhige Vocalparts. Das steht ihr unglaublich gut und sollte auch live funktionieren. „Even Though Our Love Is Doomed“ stellt ihre charismatische Stimme eindrucksvoll in den Vordergrund und wird zum heimlichen Höhepunkt der Scheibe – zielsicher in der Mitte platziert.
Doch keine Sorge: Vor allem im zweiten Albumteil werden mit Tracks wie „We Never Tell“, „So We Can Stay Alive“ und „Teaching Little Fingers To Play“ auch die alten Qualitäten ausgepackt. Der bekannte Breitwandsound kommt hier uneingeschränkt zur Geltung. Textlich geht es oft um die Verletzlichkeit in der gegenwärtigen Welt. „Früher war ich so schreckhaft und deshalb vielleicht so aggressiv“, sagt Manson dazu. „Heute bin ich viel eher bereit, Schwächen zuzugeben.“
Shirley Manson geht auf die 50 zu. Das hört man ihrer Stimme nicht an. Das Album wirkt in seiner Gesamtheit. So ist es mir am liebsten. Erinnerungen an die guten Zeiten von The Cure werden wach – auch damit kann ich mich anfreunden. „Strange Little Birds“ ist ein gefühlvolles, durch und durch atmosphärisches Album. Eine Auseinandersetzung mit der eigenen Sterblichkeit. So funktioniert ein durchschlagkräftiges Konzept.