In ihrer Historie seit Bandgründung 2008 in Michigan haben King 810 gerne mal für Schlagzeilen gesorgt. Es gab einen bewaffneten Überfall auf Sänger David Gunn, der dieses durchaus dramatische Erlebnis gerne mal in Lyrics verarbeitet. Überhaupt gab es einige düstere Ausbrüche – sei es, weil Bandmitglieder in eine Schlägerei verwickelt wurden oder weil man einen Festivalauftritt von Wachleuten mit Maschinengewehren am Bühnenrand flankieren ließ.
So verwundert es auch nicht, dass die Musik häufig mit der Genregröße Slipknot verglichen wird. Auch bei King 810 wird viel gegrowlt und aggressive Ausbrüche gehören zum musikalischen Gehabe dazu. Doch da ist noch viel mehr, wie das neue Album mit dem sperrigen Titel „La Petite Mort or A Conversation With God“ beweist. King 810 nehmen ihre Hörer mit auf eine Reise, tief ins dunkle Herz von Flint, Michigan.
Ich muss gestehen: es hat einige Durchläufe gebraucht, bis ich einen Zugang zu dem Album fand. Vor allem die ersten Songs sind mir eine Spur zu brachial. Doch spätestens ab Track Nummer 5 „Black Swan“ baut sich eine schwere, bedrohliche Stimmung auf, die mit unterschiedlichsten Stilmitteln zum Leben erweckt wird. Von Symphonic Metal bis hin zu energischen Sprech-Passagen im Stil von Rage Against The Machine ist hier eine enorme Bandbreite gegeben.
„La Petite Mort“ (Franz.: Der kleine Tod) ist keineswegs ein stumpfer Abklatsch ihres Debüts, sondern vielmehr ein ganzheitliches Werk, das eine grundlegende Evolution dieser ruhelosen, getriebenen Formation verzeichnet. Der Titel spielt auf die zwei Kernthemen der Platte an: Erstens, prägt die alltäglich in Flint anzutreffende Gewalt und Verzweiflung maßgeblich das Narrativ von Frontmann David Gunn. Und zweitens führt diese ständige Konfrontation mit der harten Realität zur fortschreitenden Desensibilisierung und Verschließung der menschlichen Seele.
Song nach Song klingt nun grundverschieden, und doch findet sich eine gemeinsame Ebene. „The Trauma Model“ und „A Conversation With God“ lassen die Protagonisten einmal mehr dunkle Erlebnisse der Vergangenheit aufarbeiten. Das Album offenbart ein breitgefächertes, musikalisches Repertoire, von finster elektronischem Ambient („Wolves Run Together“) zu straßentauglicher Poesie („War Time“ feat. Trick Trick) und großzügigen Streicher-Arrangements – eine Reise, welche die Hörer über Gunns Selbstreflexion letztlich zur Erleuchtung führen soll.
Es waren schon immer große Alben, die mit schwarzem Cover ausgeliefert wurden. Mal soll damit nicht inflationär umgehen und vor allem nicht zu früh zu diesem Stilmittel greifen. King 810 haben definitiv den richtigen Zeitpunkt gefunden. Während „Memoirs Of A Murderer“ noch ausreichte, um Aufmerksamkeit zu bekommen, ist schon das zweite echte Studioalbum ein atmosphärisches Meisterwerk geworden.