Es war die Musiktherapie nach einem schlimmen Fahrradunfall, die Melody Joy Gardot zur Jazzmusik führte. Die erste EP („Bedroom Sessions“) entstand noch im Krankenhaus. Seitdem geht es steil bergauf. Ihre Songs sind neben Jazz auch von Folk und Pop inspiriert. Inzwischen hat sie bereits mit Till Brönner gearbeitet und erhielt 2010 den „Echo Jazz“. Dass es überhaupt ein Livealbum von ihr geben kann, ist ein kleines Wunder, war sie doch lange Zeit körperlich sehr eingeschränkt, konnte kaum sitzen und musste mit einem Gehstock auftreten. Vielleicht ein Grund dafür, dass sie sich auf dem Cover von „Live In Europe“ komplett nackt vor einer Theaterkulisse zeigt.
Es ist ein schön arrangiertes Aktfoto der US-amerikanischen Sängerin, Songschreiberin und Gitarristin. Zur Intention sagt die Musikerin, sie wolle mit diesem Bild zum Ausdruck bringen, wie verwundbar und nackt sich ein Künstler auf der Bühne fühlt, wenn er sein Innerstes vor dem Publikum entblößt. Und genau das ist die Essenz dieser Live-Aufnahmen. Das Album liefert uns kein komplettes Livekonzert, sondern eine Zusammenstellung von Momenten aus den gut 300 Konzerten, die Melody zwischen 2012 und 2016 gegeben hat. Entstanden sind diese erinnerungswürdigen Aufnahmen – darunter Hits wie “Baby, I’m A Fool”, “My One And Only Thrill”, “Les Etoiles” und “March For Mingus” – bei Auftritten in Frankreich, Großbritannien, Deutschland, den Niederlanden, Österreich, Portugal, Spanien, Norwegen und der Schweiz.
Die beiden Scheiben des 2-CD-Sets sind ganz unterschiedlich gehalten. CD 1 bietet eher ruhige und sanfte Stücke, filigran und emotional umgesetzt. Auf CD 2 geht es dann in die Vollen mit ordentlicher Bläser-Sektion und spielfreudigen Instrumentalisten. Für alle Freunde guter Jazz-Pop-Musik bietet die Zusammenstellung quasi eine „Best of“ von Melody Gardots Live-Schaffen. Und das ist äußerst gelungen.