Mit seinem Album „Up“ hat mich Nils Wülker vor drei Jahren wahrlich überrascht. Er ist in Bonn geboren, begann mit zehn Jahren, Trompete zu spielen, war Mitglied im JugendJazzOrchester NRW und studierte an der Hochschule für Musik in Berlin. Er arbeitete mit Stars wie Silje Nergaard, Gregory Porter und Samy Deluxe. Dann der Durchbruch 2013, als er mit dem ECHO ausgezeichnet wurde und den German Jazz Award erhielt.
Und was ist es nun, was ihn über andere Jazztrompeter hinaus hebt? Er hat sehr poppige und lautmalerische Elemente in seinen Stücken. Das hat nichts gemein mit lauter Blasmusik, ist aber auch nicht jazzig verkopft. Nils Wülker produziert einfach schöne Melodien, die von der Trompete über eine reduzierte, atmosphärische Begleitung getragen werden. Dabei setzt er sein Instrument ein wie andere Künstler ihre Stimme. Es kommt selten vor, dass ich bei Popmusik die Vocals absolut nicht vermisse.
„Decade – Live“ ist nicht nur sein zehntes Album sondern auch sein erstes Livealbum. „Live-Alben sind oft ein Anhängsel“, bemerkt Nils Wülker. „Für mich ist dies aber ein wichtiges und vollwertiges zehntes Album, nicht nur eine Dokumentation, wie das Studiowerk auf der Bühne klingt. Einfach weil dahinter eine für mich wesentliche musikalische Entwicklung steht und die interaktive Live-Seite bisher so eben auch noch nicht auf Album dokumentiert war.“
Und was wir hier nun hören, ist musikalische Perfektion in Liveatmosphäre. Wunderschön erklingen die Melodien, die zwar auf verschiedenen Konzerten in Deutschland mitgeschnitten wurden, aber wie aus einem Guss wirken. Schon die rhythmische Untermalung bei „Conquering The Useless“ und „Wanderlust“ ist einfach traumhaft. Wenn die Vocals von Rob Sommerfeld eingesetzt werden (bei „Grow“ und „Season“) ist das okay, aber eigentlich nicht nötig, da es fast schon von den Trompetenklängen ablenkt.
„Safely Falling“ klingt sehr verjazzt – also auch das ist möglich – und die ausufernden Keyboardklänge sind genauso stark eingesetzt wie immer wiederkehrende Pianotöne. Selbst rockige Passagen finden ihren Raum und Arne Jansens Gitarre darf sich durchaus in ordentlichen Riffs verlieren.
Das Album bringt dreizehn Wülker-Stücke aus ebenso vielen Jahren in einen Fluss – kraftvoll, dynamisch, beeindruckend frisch.