Die Dominanz von Olly Murs im britischen Pop-Business ist fast schon beängstigend. Der smarte Sänger, der 2009 den zweiten Platz bei „The X Factor“ belegte, hat inzwischen vielen Kollegen den Rang abgelaufen. Inzwischen gab es vier Platinalben und eine Reihe von Hitsingles. Den Klängen von „My Heart Skips A Beat“ kann bis heute keiner entkommen.
Am 11. November veröffentlichte der Brite mit „24 HRS“ sein brandneues Album. Neben dem aktuellen Hit „You Don’t Know Love“, dem neuen Radio-Ohrwurm, findet sich auf dem Longplayer auch die zweite Vorabsingle „Grow Up“. Das Werk soll für ihn ein Neuanfang sein – vielleicht der Trennung von seiner langjährigen Lebensgefährtin geschuldet. Das bedeutet aber keine Abwendung vom Pop, sondern eine Ergänzung des weiterhin bestehenden Stils um R&B- und Britpop-Elemente.
„You Don’t Know Love“ ist ein überzeugender Dancefloor-Hit, der gleichzeitig auch als melancholischer Rückblick funktioniert. Doch es muss weitergehen – Songs wie „Read My Mind“ und „Private“ kommen durchaus optimistischer daher. Gerade mit solchen Titeln wirkt Olly ungeheuer sympathisch und dient sich als legitimer Nachfolger der Heroen von Take That an. Andere Dancefloor-Kracher legen mit verrückten Ideen nach. „Deeper“ lädt mit Streichern und Scat-Gesang zum Abfeiern ein, „Back Around“ bietet angedeutete Country-Elemente. Olly Murs hat sich umgeschaut und Songwriter aus verschiedenen Teilen der Welt engagiert.
Mir gefällt er aber am besten, wenn das Piano die Szene beherrscht. Da ist zum Beispiel die schöne Ballade „Flaws“, die den regulären Albumteil sehr emotional beendet, und die Hymne „Years & Years“, die mit einem Piano beginnt und sich immer weiter steigert.
Olly setzt den Albumtitel mit seiner Lebenssituation in Verbindung: “ Jede Zeitspanne von 24 Stunden ist anders. An manchen Tagen bekommst du gute Nachrichten und du fühlst dich großartig. An anderen denkst du, alles geht schief oder du machst dich verrückt wegen Familie oder Arbeit. Ich weiß, es ist schwierig, aber wenn etwas hat, an dem man jeden Tag Freude hat oder über das man jeden Tag lachen kann, dann ist das eine große Hilfe.“
Was bleibt ist ein wundervolles Popalbum, das definitiv eine stilistische Weiterentwicklung auf Ollys Karriereweg darstellt. Er gibt auch zu, dass er es seiner Ex vorgespielt hat, als es fertig war. „Sie mochte es und wünschte mir alles Gute damit“, sagt er. „Okay, es gab ein paar Songs, die sie nicht so spitze fand, weil sie ganz offensichtlich von ihr handeln, aber wir hatten immer darüber gescherzt, als wir noch zusammen waren, dass ich nach unserer Trennung wahrscheinlich mein bestes Album machen würde. Es sollte sich heraus stellen, dass wir recht hatten.“
Während die normale Edition mit 12 Songs aufwartet, bekommt man auf der Deluxe Edition vier weitere Titel. Zumindest ist es fair, hier gleich mit offenen Karten zu spielen. Manche Kollegen bringen die erweiterte Auflage konsequent erst ein halbes Jahr nach dem ersten Release heraus.