Woran merkt man, dass man älter wird? Wenn Lieblingsalben 25jähriges Jubiläum feiern. Das war noch Sturm-und-Drang-Phase, als ich erstmals „Losing My Religion“ hörte und die Band überhaupt nicht einordnen konnte. Kein Wunder, denn ihr College Rock / Alternative Rock hatte sich in Europa noch nicht durchgesetzt und war auch in den USA nur jenseits der breiten Masse bekannt.
Nun aber – im Jahr 1991 – das Album „Out Of Time“. Es war der kommerzielle Durchbruch der Band und die Platte steht in vielerlei Hinsicht für eine starke Veränderung. Erstmals gab es eher Pop als Rock. Akustische Gitarre, Mandolinen und Streicher schlichen sich in die Arrangements.
Konzerte fanden eher in kleinen Locations statt und die Musik reduzierte sich auf das Wesentliche. Wer R.E.M. in dieser Phase kennen gelernt hat, bekam einen ganz anderen Zugang zu der Band und konnte vermutlich auch deren größten Erfolg „Automatic For The People“ klarer bewerten als die Fans der ersten Stunde, die dem Ausverkauf ihrer Lieblingsband sehr kritisch entgegen sahen.
Der Durchbruch im Mainstream machte R.E.M. zu einem globalen Phänomen und zum Vorreiter einer ganzen Welle von Alternative Rockbands, die in den Jahren danach die Charts erobern sollten. Michael Stipe wurde zum Helden einer ganzen Generation und „Out Of Time“ zum Soundtrack vieler Jahrgänge.
Die Jubiläumsauflage von „Out Of Time“’ erscheint in drei unterschiedlichen Formaten: Das 2CD-Set enthält eine remasterte Version des Originalalbums, Demoversionen der Albumtracks und zweier nicht auf dem Album befindlicher B-Seiten, sowie einen bisher unveröffentlichten Song. Das 3LP-Set enthält neu gemasterte Vinylversionen des Originalalbums und die Demos. Die 25th Anniversary Deluxe Edition von „Out Of Time“ besteht aus vier Silberlingen mit dem remasterten Album, den Demos, Liveaufnahmen des Mountain Stage-Auftritts von 1991 (eine Aufnahme mit Seltenheitswert, da die Band mit diesem Album nicht auf Tour ging) und eine BluRay-Disc mit Hi-res Audio und 5.1 Surround Sound-Versionen von „Out Of Time“, allen Musikvideos zu diesem Album und dem EPK „Time Piece“ von 1991 mit Studiomaterial, exklusiven Auftritten und mehr. Alle Versionen enthalten ausführliche Begleittexte von Annie Zaleski, Interviews mit allen vier Bandmitgliedern und den Produzenten Scott Litt und John Keane.
Mir liegt die 2-CD-Version in einer feinen Pappschachtel vor. Das Design ist unaufdringlich und zeitlos. Im Inneren finden sich beide CDs (Studioalbum und Demos) in Papphüllen, dazu ein dickes Booklet und ein gefaltetes Poster. Das Studioalbum klingt auch heute noch hervorragend. Songs wie „Losing My Religion”, „Shiny Happy People”, „Near Wild Heaven” und „Radio Song” wurden kurz nach Erscheinen zu Klassikern und waren doch künstlerisch und kommerziell bahnbrechend.
Die Demos, die in den Versionen der „Out Of Time“-Reissue zu finden sind, entstanden Anfang 1990 in John Keanes Studio und geben sehr interessante Einblicke in den Schaffensprozess. So enthalten sie z. B. frühe Instrumentals, abweichende Lyrics bei „Losing My Religion“ und „Texarkana“ und sogar eine Aufnahme von „Radio Song“, auf der Drummer Bill Berry für eine Strophe die Leadvocals übernimmt – eine absolute Rarität.