Nach 18 Jahren als Sänger der überaus erfolgreichen (Indie)-Rock-Band MADSEN geht Sebastian Madsen erstmals eigene Wege und erkundet dabei komplett neues Terrain. Beim Reeperbahn Festival in Hamburg konnte man ihn kurz vor Erscheinen des Debüts mit einem überzeugenden Auftritt erleben. Anne de Wolff bereicherte die Band als Multiinstrumentalistin und allein das gab dem musikalischen Geschehen einen sehr eleganten Sound mit.
Die beiden anderen Madsen-Brüder sind übrigens im Line-up des Soloalbums prominent vertreten. Von möglichem Knatsch beim Beschreiten der Solopfade kann also vermutlich keine Rede sein. Es geht wohl vor allem darum, einfach mal die softere Songwriter-Schiene zu fahren und neue Instrumente zu erkunden.
Schon der Titel „Ein bisschen Seele“ gibt vor, dass es in die gefühlvolle Richtung mit Blues und Soul geht. Dabei gibt es durchaus auch gesellschaftskritische Texte. „Immer nur am Handy“ trifft den Nerv der Zeit und wird dabei von Bigband-Bläserklängen begleitet. Sebastian singt in hohen Tönen, die fast weiblich klingen. Steht ihm trotzdem gut.
Überhaupt nutzt der Songwriter die volle Breite eines großen Bandsounds. Der Titeltrack geht schon ordentlich in die Vollen mit energischem Gesang und viel Seele. Bei „Sei nur du selbst“ hilft Drangsal aus und „Ich löse mich auf“ hat Eva Briegel von Juli als Feature an Sebastians Seite. Dabei geht es durchaus retromäßig zu. Genregrößen wie Max Raabe lassen grüßen.
Alle Songs changieren zwischen Soul und Pop, es darf aber auch mal ein bisschen Disco oder Kopfgesang sein. Die Bläser- und Streicher-Arrangement stammen von dem Hamburger Arrangeur Markus Trockel, der zuvor unter anderem für Michel van Dyke, Pascal Finkenauer und Max Richard Leßmann gearbeitet hat. Das Ergebnis ist wirklich groß und wird Sebastian hoffentlich mal zu einer Theater-Tournee führen.
“Ich wollte schon lange ein Album machen, das meine Begeisterung für Musik abseits von MADSEN widerspiegelt”, sagt Sebastian Madsen, für den das Projekt alles andere als bloß ein Corona-Zeitvertrieb ist. “Ich möchte mich gerne langfristig auch als Solokünstler zeigen und Konzerte mit einer großen Live-Besetzung inklusive Background-Gesang und Bläser-Ensemble spielen.”
Fans von MADSEN werden sich vermutlich erstmal an den Sound gewöhnen müssen, denn Sebastian macht hier einiges anders als die Stammband. Streicher und Trompeten nehmen breiten Raum ein, machen die Stücke aber nicht beliebig, sondern geben ihnen durchaus eine glanzvolle Attitüde mit. So entspannt hat man den Sänger übrigens lange nicht erlebt. Also alles richtig gemacht.