Von der Band hatte ich bislang noch nicht gehört – und auch Jens Lueck als Mastermind hinter der Geschichte war mir bislang kein Begriff. Allerdings ist er kein unbeschriebenes Blatt: Der Wahl-Hamburger hat als Produzent, Engineer, Komponist und Musiker für Isgaard, diverse Filmmusikproduktionen, Sylvan, Frank Ramond, Rainbow Serpent, Eloy, Kind of Blue, Lidia Kopania, Syrinx Call, Rain for a day und viele mehr gearbeitet. Bei manche Namen klingelt es da schon, sind doch Eloy und Sylvan seit Jahrzehnten Aushängeschilder des deutschen Prog und Isgaard gehört zu den Sängerinnen, die Klassik und Pop perfekt verbinden.
In seiner Jugend durch ältere Freunde geprägt von Genesis und Pink Floyd orientierte sich die Musik seiner ersten Bands an Progressive Rock und Art Rock. Durch verschiedenste Projekte, an denen er danach als Musiker, Komponist, Produzent oder Audioingenieur im eigenen Studio beteiligt war, kamen zahlreiche weitere Genres dazu: Soundtrack, Worldmusic, Electronic, Art Pop. Es musste aber immer irgendwie speziell sein, denn „Mainstream war mir immer fremd“, so der Musiker.
Wenn man jetzt hört, dass er sich für das Debüt von Single Celled Organism an Porcupine Tree anlehnt, ist das schon eine Hausnummer. Und es funktioniert! Das Album orientiert sich an modernem Prog, Neoprog, vor allem in der Gitarrenarbeit an Pink Floyd. Da es ein Konzeptalbum ist, macht es kaum Sinn, einzelne Passagen raus zu greifen. „Splinter In The Eye“ enthält zwei lange Teile, die von einem jeweils 6-minütigen Prolog und Epilog eingerahmt werden.
Der Wechsel zwischen sphärischen Passagen und starker Gitarrenarbeit ist fulminant. Unterstützung holte sich Jens Lueck für die Aufnahmen bei den beiden E-Gitarristen Jan Petersen (ex-Sylvan) und Ingo Salzmann, mit denen er früher schon bei zahlreichen Projekten zusammengearbeitet hatte, dem Akustikgitarristen Dieter Koch, dem Flötisten Volker Kuinke (Eloy) sowie den Streicherinnen Katja Flintsch (Violine, Bratsche) und Annika Stolze (Cello), mit denen er bereits bei vielen Soundtracks sowie den Isgaard-Alben kooperiert hatte.
Auch Isgaard selbst, die Lebenspartnerin von Jens Lueck, tritt als Vokalistin auf und verleiht beispielsweise „New Horizons“ im Duett mit Lueck eine sanfte Dimension, bevor es wieder in die floydesken Klänge geht. Das Album erzählt die wissenschaftliche Dystopie einer jungen Frau, die Zeit ihres Lebens in einem Labor festgehalten wird, während draußen ein biologischer Krieg tobt. Daraus entwickeln sich Titel wie „The Virus“ die tatsächlich stark an Porcupine Tree erinnern.
Irgendwie stimmt hier einfach alles. Das Konzept ist schlüssig, die Melodieführung zwar abstrakt, aber in sich stimmig. Es gibt ständige Wechsel der musikalischen Ausrichtung, wie man das von den Longtracks Pink Floyds gewohnt ist. „Splinter In The Eye“ ist ein bemerkenswertes Debüt. Ich kann kaum erwarten, wie es weiter geht mit der Band und ob man sie mal live sehen kann.