Da gab es diesen Song von Reinhard Mey auf seinem letzten Album: „Wolle“. Er stellt sich vor, wie Wolfgang Petry mit einem Mojito im Schaukelstuhl seiner Finca sitzt und auf die Zeiten mit Zottelfrisur, Holzfällerhemd und Wollgewusel zurück denkt. Ein schönes Bild. Rentnerleben in relativ jungen Jahren – weg von Charts und Medientrubel. Doch anscheinend kann man das nicht so gut aushalten, wenn man jahrzehntelang im Rampenlicht stand. Wolfgang Petry unterstützte seinen Sohn Achim, brachte ein Album mit neuen Versionen der alten Hits heraus und jetzt gibt es tatsächlich ein brandneues Album, das dann auch prompt auf Platz 1 der Charts einsteigt. War abzusehen. Aber ist es das wert? Die Philosophen sagten „si tacuisses“. Im Fall Wolfgang Petrys wird aber schnell klar, dass er durchaus noch was zu sagen hat.
Das Alterswerk ist nicht wirklich ein solches geworden. Die Musik ist immer noch rau und hemdsärmelig. Dabei aber eine Spur rockiger als zu seinen Glanzzeiten, Die Gratwanderung zwischen Schlager und Deutschrock fällt hier eindeutig zugunsten des Rock aus. In einem gesungenen Vorwort und dem Song „Brandneu“ erklärt sich der Meister zunächst einmal selbst und sagt sinngemäß, dass er einfach ohne Erfolgsdruck weiter Musik machen will. Produzent René Lipps hatte schon Achims Album „Mittendrin“ produziert. Anscheinend hat Wolle der geradlinige, ehrliche Sound gefallen und es reifte die Idee, es ebenfalls mit diesem Produzenten neu zu versuchen.
„Brandneu“ enthält viel Unspektakuläres. Ganz normale Ohrwürmer halt, für die Wolfgang Petry bekannt war und bleibt. Schnoddrige Texte, hohe Authentizität. Doch es gibt auch einige Überraschungen. „Düdedip“ beispielsweise, ein Song im Liedermacher-Stil, den ich irgendwie als Antwort an Reinhard Meys „Wolle“-Song und somit als Hommage an den großen Liedermacher betrachte. „Spielerfrau“ ist eine schön spitze Satire und „Ich heb das Glas“ erinnert an die Songs Richtung Gemeinschaftsgefühl, wie man sie letztens von Andreas Bourani und Revolverheld vernehmen durfte.
Zwei Alterswerke sind dann doch auszumachen. Nämlich „Altes Eisen“, das vom Eiffelturm, dem Schrottplatz um die Ecke und den geschlossenen Zechen erzählt, und „Spielt mich wenn ich tot bin“ – ein nachdenklicher Song über das Musikgeschäft und die Vergänglichkeit. Absolutes Highlight aber ist das abschließende „Mio Padre“. Ein zehnminütiges, episches Werk, das Wolfgang Petry seinem Vater widmet. Was für ein starker Song! Der allein ist es wert, dass Wolle nicht mit Musikmachen aufhört.
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