Wenn ich an das zu Ende gehende Konzertjahr denke, dann steht das Open Air der sympathischen Schottin Amy Macdonald im Trierer Amphitheater ganz oben auf der Bestenliste. Allein ihr wundervoller Akzent und die derben Worte, mit denen sie ihre Zuschauer grinsend bedachte, waren es wert, ihr zuzuhören. Ganz abgesehen von dem Hit-Gewitter, das sie inzwischen loslassen kann.
Der Release „Woman Of The World” mit dem Untertitel „The Best of 2007 – 2018” gibt einen sehr guten Eindruck davon. Den Anfang macht ihr Single-Debüt „This Is The Life“, das ihr in ganz Europa den Durchbruch bescherte und sich wochenlang auf den Top-Positionen der Charts hielt. Weitere Hits wie „Mr. Rock And Roll“, „Slow It Down” und „Don’t Tell Me That It’s Over” verschaffen einen guten Überblick über das Repertoire dieser genialen Sängerin.
Mit „Woman Of The World“ und „Come Home” gibt es zwei neue Stücke – ganz im gewohnten Stil. Amys Stimme ist eine Wucht. Prägnant, charismatisch und weit weg von all den piepsigen Stimmchen, die sich sonst so im Musikgeschäft tummeln. Wer die Sängerin / Songwriterin neu entdecken möchte, ist mit diesem Album bestens bedient. Und danach sollte er sich dringend ein Livealbum zulegen, beispielsweise „Under Stars – live“ aus dem Jahr 2017.
Ein starker Auftakt für das Amphitheater Open Air 2018 in Trier: Am Mittwoch gab sich Chris de Burgh die Ehre und stand ganz allein mit seiner Gitarre auf der Bühne, um dem Publikum Hits aus allen Epochen seiner langen Karriere darzubieten. Und am Donnerstag verzauberte Amy Macdonald die Zuschauer mit ihrem schottischen Akzent und herzerfrischender Bodenständigkeit.
Am 15. Oktober wird Chris de Burgh schon 70 Jahre alt. Das sah man ihm nicht an, als er mit leger geöffnetem Hemd und Windjacke die Bühne betrat. Das Auftreten ist ebenso sportlich, wie man das von dem unwesentlich älteren Reinhard Mey kennt. Und dann ein Set – solo vorgetragen allein mit Gitarre oder wahlweise am Piano. Ähnliches durfte ich eine Woche zuvor bei Ed Sheeran erleben. Der beglückt damit 80.000 vor allem jüngere Leute. Chris de Burgh muss sich mit 1.900 Zuschauern gesetzteren Alters begnügen. Aber er hat Spaß daran und das Publikum dankte ihm am Ende für viele emotionale Momente.
Es war ein Sitzkonzert – zumindest zu Beginn. Chris de Burgh zeigte sich zunächst sichtlich überwältigt vom Ambiente des römischen Amphitheaters. Eine Kultstätte für Altertumsforscher aber auch für Konzertgänger. Denn wenn Popp Concerts alljährlich zum Amphitheater Open Air rufen, wird für viele Musikrichtungen das Richtige geboten. Folk und Pop begeisterten die Zuschauer aus dem Mund von Chris de Burgh. Mangels Schlagzeug ließ er schon früh den Rhythmus vom Publikum mitklatschen. Das gelang gut.
„The Moonfleet Overture“ wurde als Intro gespielt. „Road To Freedom“ war der erste Song. Schon an dritter Stelle gab es mit „Missing You“ einen Klassiker zum Mitsingen. Zu „Waiting For The Hurricane“ ließ der Barde erstmals die Gitarre an der Seite und setzt sich ans Piano. Chris hielt guten Kontakt zum Publikum und war zum Scherzen aufgelegt. Haben die deutschen Fußballer in Russland zuviel Wodka getrunken? So lautete die Ansage zu „Moonlight And Vodka“. Dann erzählte er von einem Traum, in dem ein Römer ihm im Amphitheater ein kühles Bier bringt. Bei den herrschenden Temperaturen war er mit diesem Traum nicht allein – aber seiner ging letztlich in Erfüllung.
„A Woman’s Heart“ besang Chris als das größte Geheimnis von allen. Dann wandte er sich der aktuellen Platte „A Better World“ zu, aber nicht ohne eine Seitenhieb auf die USA, wo die Welt anscheinend verrückt geworden ist. Ein folkiges „Shipboard Romance“ durften wir hören. Dann „The Hands Of Man“ und schließlich das autobiographische „Where Would I Be“. Der akustische Set brachte mehr Folk- als Rocksongs. Das passte gut zur abendlichen Atmosphäre in Trier. Ganz romantisch und abenteuerlich kamen dann auch Stücke vom „Moonfleet“ Album hinzu – Geschichten über Schätze und Piraten, die Chris de Burgh gekonnt erzählte.
Schließlich gab es für ein jubelndes Publikum „Borderline“ und der Sänger konnte schon nach einer Konzertstunde stehende Ovationen der Zuschauer empfangen. Ob er damit gerechnet hatte? Seine Interpretation am Piano war jedenfalls so berührend und auch pathetisch, dass es die meisten nicht auf den Sitzen hielt. Um die Situation danach etwas aufzulockern, gab es einige witzige Instrumental-Cover wie „Here Comes The Sun“, „Hotel California“ und „Pretty Woman“, bevor mit „Revolution“ der Song gespielt wurde, der eigentlich als „Borderline“-Fortsetzung gedacht ist.
Hier konnte auch ich mich zuhause fühlen, der ich doch vor allem in den 80ern zu Zeiten von „The Getaway“ und „Man On The Line“ einer großer Fan des Iren war. Damals gab es noch rockigere Klänge, die spätestens mit „The Lady In Red“ dem soften Chris de Burgh wichen. Dieser Titel wurde natürlich auch gespielt. Und das als einziger im Playback mit elektronischen Klängen. Warum? Natürlich damit der alte Haudegen und Herzensbrecher einen Ausflug zu den Damen im Publikum machen und ein paar Tänzchen aufs Parkett legen konnte. Spätestens jetzt war aus dem Sitz- ein Stehkonzert geworden. Und viel (vor allem weibliches) Volk stürmte den Platz direkt vor der Bühne.
Chris de Burgh hat ein treues Publikum. Und das weiß, was es bekommt: Eine gesunde Mischung aus alten und neuen Songs. Bei den älteren Titeln wie „Sailing Away“ gibt es ein paar Schwierigkeiten in den Höhen. Das bringt Chris aber nicht davon ab, munter zwischen Brust- und Kopfstimme zu wechseln. Und er kann es sich erlauben. Die Highlights „Don’t Pay The Ferryman“ und „High On Emotion“ folgten erst kurz vor dem Zugabenblock. Und auch die Rocksongs kommen gut zur alleinigen Gitarrenbegleitung. Chapeau!
Nach 100 Minuten Konzertlänge beendeten atmosphärische Zugaben wie „Where Peaceful Waters Flow“ ein eindrucksvolles Konzert. Es waren selige Gesichter, in die man blicken konnte. Und viele sollten ja am nächsten Abend direkt wieder kommen.
Amy Macdonald zog gut 3.000 Leute, die im Schnitt auch jünger waren als am Vorabend. Zudem war es ein Stehkonzert und es gab einen Support: Die 26jährige Antje Schomaker hatte ihr Debüt „Von Helden und Halunken“ mitgebracht. Die junge Frau vom Niederrhein hörte sich mit ihren selbst geschriebenen Songs unaufgeregt und doch emotional an. Ihre bisweilen lapidar wirkende Stimme klang wie das weibliche Gegenstück zu AnnenMayKantereit. „Bis mich jemand findet“ drückte enorme Lebensfreude aus. Und der Song „Gotham“ ist einfach genial, wenn Antje zwischen tiefer Stimme und hohen Tönen switcht. „Irgendwohin“ erklang als neuer Song für die beste Freundin und „Auf und davon“ rührte zu Tränen als Stück für eine Freundin mit Depressionen. Am 17. Oktober wird Antje Schomaker mit ihrer Band im ExHaus Trier spielen. Und dafür rührte sie ordentlich die Werbetrommel. Wer ihren Gig im Amphitheater gesehen hat, ist sicher auf den Geschmack gekommen.
Als Amy Macdonald die Bühne betrat, war vom ersten Ton an Stimmung angesagt. Die Haare plötzlich blond – das war schon sehr überraschend – dazu blaue Boots. Die Schottin ist eine traumhafte Erscheinung und dabei so bodenständig, wie man als weltweit erfolgreiche Sängerin nur sein kann. Ihre in manchmal schwer verständlichem Schottisch vorgetragenen Ansagen hörten sich an, als sei man zu später Stunde an der Theke in einem schottischen Pub. Verdammt – hat das Spaß gemacht!
Und hinzu kam natürlich wundervolle Musik zu einer lauten Rockband. Dabei hatte Amy meist ebenfalls eine Gitarre in Händen. Sie begann mit dem Titelsong des aktuellen Albums „Under Stars“. Es folgten die stimmungsvollen Titel „Spark“ und „Youth Of Today“, bevor es schon an vierter Stelle den Hit „Mr. Rock And Roll“ gab. Jetzt war der Damm gebrochen und alles sang lauthals mit. Amy erklärte, es sei schon sehr heiß für jemanden aus Schottland. Bei ihnen begänne man ab 15 Grad zu schwitzen. Und jetzt weit mehr als das Doppelte. Dann amüsierte sie sich über die zahlreichen Zaungäste in den Weinbergen: „Man will dabei sein, aber nichts zahlen.“ Das kenne sie auch aus Schottland.
Zu „Slow It Down“ wollte Amy einen Zuschauerchor formieren. Doch Totenstille im Publikum. Sie machte sich ernsthaft Sorgen, ob man ihren Akzent in Trier nicht versteht. Doch dann interpretierte sie das Schweigen zugunsten des Publikums als höfliches Zuhören. Wer weiß? Zumindest klappte der Mitsing-Refrain bei „Slow It Down“ letztendlich hervorragend. Danach kam mit „4th Of July“ eine Liebeserklärung an New York.
Das Amphitheater schien auch Amy zu imponieren. „Ihr habt noch nicht gekämpft. Gut so!“ Sie freute sich über unzählige schottische Flaggen („mehr als bei mir zuhause“) und verwies auf die Fußballtrikots, die sie extra im schottischen und deutschen Design hat anfertigen lassen. „We are Scheiße together“, so hob sie die beiden Mannschaften spielerisch auf ein Level und hatte das Gelächter auf ihrer Seite. Beeindruckend und unterhaltsam.
Musikalisch bot die 30jährige Schottin einen Rundumschlag aus vier hervorragenden Alben. Und den Song „Woman Of The Word“ aus dem Soundtrack der Disney-Komödie „Patrick“, an dem sie mitgewirkt hat. Überhaupt singt Amy mit starker Stimme und großer Überzeugungskraft. Die Band ist glanzvolles Beiwerk, aber sie braucht das nicht, wie die Ballade „It’s Never Too Late“ zu Pianobegleitung eindrucksvoll bewies. Und endlich kam auch „This Is The Life“, der Über-Hit, bei dem ordentlicher Jubel ausbrach.
Nach 95 Minuten war das Konzert zu Ende und alle lauschten beseelt den hymnischen Klängen von „Let’s Start A Band“, das man gut mit „This Is The Life“ verwechseln kann. Die Schottin hat es allein gezeigt. Die Liebe zwischen Deutschland und Schottland ist ungebrochen. Daran wird auch der Brexit nichts ändern können.
Es gab eine lange Pause von 2012 bis zu ihrem neuen Studioalbum „Under Stars“ im Jahr 2017 – doch dann war Amy Macdonald wieder da, als sei sie nie weg gewesen, und enterte die vorderen Chartplätze in UK, Deutschland und der Schweiz. Und mit dem dazu gehörigen Livealbum beweist sie mal wieder, dass sie auf der Konzertbühne einfach sensationell gut ist.
Der Live-Set enthält sieben Songs des neuen Albums, dessen Review sich HIER findet. „Ich bin so stolz auf die Songs und sehr zufrieden mit dem Album. Da gibt es so viele unglaubliche Momente und ich glaube, dieses Album enthält einige meiner besten Arbeiten“, sagt Amy selbst dazu. Ergänzt werden diese durch Klassiker wie das unverwüstliche „Mr. Rock And Roll“, die akustische Schönheit „4th Of July“ und natürlich den Dauerbrenner „This Is The Life“.
In jedem Fall kommt Live-Feeling auf und Amy Macdonald ist mitreißend in ihrer Interpretation. Wenn ich vor allem die neuen Titel mit der Studioversion vergleiche, gefallen mir die Livetracks noch eine ganze Stufe besser. Sie singt sich sympathisch und mit großer Leidenschaft durch den Set. Die Stimmung im Berliner Tempodrom kommt perfekt rüber.
Auf der beiliegenden Bonus-DVD befindet sich leider nicht das komplette Konzert, sondern eine Auswahl von drei Livetracks und drei Videos. Schade.
Fast 10 Jahre ist es jetzt her, dass eine junge schottische Songwriterin mit ihrer Akustikgitarre und den Folk-Pop-Songs „Mr. Rock´n´Roll“ und „This is The Life“ ganz Europa begeisterte. Drei erfolgreiche Alben und zahllose Konzerte später hat Amy Macdonald es in den letzten vier Jahren etwa ruhiger angehen lassen, zumindest was ihre musikalischen Veröffentlichungen betrifft. Seit Anfang des Jahres hat sie allerdings mit „Dream On“ wieder eine absolute Ohrwurm-Single am Start, und aktuell erscheint endlich das dazugehörige Album „Under Stars“.
Statt wie bisher im Alleingang zu komponieren, hat sich Amy für ihre vierte CD mit ihren Musikerkollegen Jimmy Sims und Ben Parker zusammengetan, ist dabei aber trotzdem ihrem eigenen Stil treu geblieben. So hören sich die neuen Songs ganz unverwechselbar nach Amy Macdonald an, bringen jedoch auch eine spürbar neue Energie mit. Und sie sind überwiegend geprägt von Optimismus und Lebensfreude – vom mitreißenden und unglaublich positiven Opener „Dream On“ über den kraftvollen Titelsong „Under Stars“ bis zum beinahe trotzigen „The Contender“.
Dabei ignoriert die Sängerin aber keineswegs die negativen Aspekte des Lebens. Hoffnung und neue Energie resultieren in ihren Texten häufig aus Fehlschlägen und Enttäuschungen und mit Titeln wie „Leap of Faith“ oder der ruhigeren Pianoballade „Never Too Late“ ermutigt sie sich selbst und ihre Hörer, Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu haben und den eigenen Weg zu gehen. Und selbst die scheinbar pessimistische Grundaussage von „Prepare To Fall“ ist einfach ein pragmatischer Ratschlag: Wer darauf vorbereitet ist, auch mal zu fallen, wird nicht so sehr verletzt, wenn es tatsächlich passiert.
Musikalisch bewegt sich Amy Macdonald mit „Under Stars“ auf dem vertrauten Terrain des gitarrendominierten Folk-Pops, meist recht aufwändig arrangiert. Dass dies gar nicht immer sein müsste, zeigt sich etwa an der einfach gehaltenen ersten Strophe von „Feed My Fire“, die alleine mit Gesang, akustischer Gitarre und Hand-Claps auskommt. Das melancholische „Down by The Water“ tanzt stilistisch etwas aus der Reihe, schafft aber gerade dadurch eine ganz besondere Atmosphäre. Dies gelingt Amy dann erneut mit dem abschließenden „From The Ashes“, das sich von anfänglicher Mutlosigkeit angesichts von Verlust und Zerstörung zu einer hoffnungsvollen Überlebens-Hymne entwickelt, wie sie leider viel zu viele Menschen auf dieser Welt derzeit bitter nötig hätten!
Amy Macdonald verfolgt auch mit ihrem vierten Album konsequent ihren musikalischen Weg weiter, ohne große Überraschungen, aber auf weiter steigendem Niveau. Und man glaubt gern, dass dieser Weg für die 29jährige Musikerin noch lange nicht zu Ende ist.