Vor 40 Jahren, am 4. Juni 1984, kam Bruce Springsteens legendäre LP BORN IN THE U.S.A. erstmals auf den Markt. Anlässlich dieses Jubiläums veröffentlicht Sony Music das Album nun auf farbigem Vinyl. Die Platte erscheint in transparentem Rot, wird in einem Gatefold-Cover geliefert und bietet außerdem ein exklusives Booklet mit Archivmaterial aus der Entstehungszeit. Darin finden sich Liner Notes von Erik Flannigan und eine vierfarbige Lithografie.
BORN IN THE U.S.A. brach nach Erscheinen alle Rekorde. Nicht nur, dass es gleich sieben Titel der Tracklist in die Top Ten der Charts schafften, was bis dahin keinem Künstler gelungen war. Auch die Verkaufszahlen waren mit (bis heute) 17 Millionen verkauften Einheiten ebenfalls spektakulär.
Natürlich stellten Bruce Springsteen und die E-Street Band das Album einem Livepublikum vor und schrieben auch hier Geschichte: Auf ihrer bisher erfolgreichsten Tournee, die im Sommer 1984 startete, spielten die Musiker weltweit 156 Shows vor ausverkauftem Haus; bis heute sind Albumtracks wie “Dancing In The Dark,” “No Surrender” und “Glory Days” fester Bestandteil von Springsteens Konzerten.
Auch 40 Jahre später ist bei den Rock-Legenden keine Live-Müdigkeit zu spüren. Schon 2023 begeisterte Springsteen mit 66 Shows, die 1,5 Millionen Tickets verkauften und zu den besten zählten, die er in seiner langen Karriere ablieferte. Nun startet am ersten Maiwochenende 2024 die große Europatournee in Wales und das Publikum kann sich auf ein unvergessliches Event freuen. „Hier kann keine andere Band mithalten“, meint zum Beispiel das Billboard-Magazin und auch der renommierte Rolling Stone findet „es werden immer noch Maßstäbe gesetzt“. Variety setzt mit „die energiegeladenste Show … die er je auf die Beine gestellt hat“ noch eins drauf.
Die „40th anniversary“-Ausgabe von BORN IN THE U.S.A. setzt eine Veröffentlichungsreihe bei Sony Music fort. So erschien am 19. April die karriereumspannende „Best of Bruce Springsteen“-Collection mit 18 Tracks auf Doppel-LP und CD. Die Tracklist der digitalen Edition umfasste sogar 31 Songs.
Wie der Name schon sagt: Die RECLAM Reihe „100 Seiten“ versucht auf 100 Seiten Phänomene der Populärkultur zu beschreiben. Das können auch Schlagwörter sein wie Depression, Demokratie oder die Ereignisse des 11. September, aber spannend wird es mit Figuren wie James Bond und den Drei ???. Und dann sind da natürlich noch Bands und Künstler*innen, die im Fokus des öffentlichen Interesses stehen. Aktuell erscheinen Bände zu den Ärzten, Reinhard Mey und Bruce Springsteen. Eine große Vielfalt wird also geboten.
Der Autor Marcus S. Kleiner, geb. 1973, ist Professor für Kommunikations- und Medienwissenschaft an der SRH Berlin University of Applied Sciences. Er hat zu zahlreichen popkulturellen Themen publiziert und tritt als Medienexperte regelmäßig in Fernsehen und Radio auf.
Hier liefert er eine sehr persönliche Annäherung an den Boss, erzählt von eigenen Erfahrungen und der Liebe zur Musik. Viele Themen spielen im Umfeld des Künstlers eine Rolle: Der amerikanische Traum, die soziale Ungerechtigkeit oder das Trauma 9/11. Im Gespräch mit Wolfgang Niedecken und Thees Uhlmann findet Kleiner heraus, welche Rolle Springsteen für die Musikerkollegen spielt. Und er zeigt die Vielseitigkeit eines Künstlers, der so viel mehr ist als ein Rockmusiker.
Das Büchlein ist schnell und gut lesbar. Kleiner hat einen flüssigen Stil und versteht es, die Leser bei der Stange zu halten. Viele Abbildungen lockern den Text auf und es gibt informative Beiträge, beispielsweise mit einer Auflistung der Studioalben und einer Kurzbeschreibung der jeweiligen Inhalte,
Besonderer Clou ist ein QR-Code, der zur passend zusammen gestellten Spotify- und YouTube-Video-Playlist führt. Jedes Kapitel endet mit einer „Musikpause“ und man kann sich die entsprechenden Titel dort anhören.
Fans erfahren vielleicht nichts wirklich Neues, aber die Konzentration auf 100 Seiten Springsteen-Geschichte ist einfach ein feiner Zug. Vielleicht führt das auch dazu, dass moderne Musiklehrer Springsteen im Unterricht zum Thema machen. RECLAM hat ja mit günstigen Lektüren schon immer für die Allgemeinbildung gesorgt.
Nun ist nun auch das komplette Gespräch zwischen Bruce Springsteen und Eddie Vedder auf YouTube verfügbar! Bruce hatte Eddie auf seiner Farm in New Jersey zum Interview getroffen, um über Eddies neues Soloalbum „Earthling“ und musikalische Einflüsse und Vorbilder zu sprechen.
“The stuff that got put in my blender, it got started maybe with Jackson 5 when I was a kid”, erklärt Vedder. “And then Beatles as a kid and growing up and then the Who took over big time. And then, my friend … ” , führt er fort und gestikuliert dabei in Richtung Springsteen. “Ah, grazie”, erwidert dieser mit gespieltem Godfather-Lachen.
Schaut Euch hier das komplette Gespräch der beiden an:
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Eddie Vedders neues Soloalbum „Earthling“ ist am vergangenen Freitag bei Seattle Surf/Republic Records (Universal) erschienen (hier findet ihr unser Review).
„Renegades“ war ursprünglich ein Podcast, in dem sich zwei Legenden über ihr Leben, ihre Musik und die ausdauernde Liebe zu Amerika austauschen. Zwei Männer im Gespräch. Das wäre nicht so besonders, wenn es sich nicht um solch bekannte und einflussreiche Persönlichkeiten handeln würde: nämlich Barack Obama, den 44. Präsidenten der USA, und Bruce Springsteen, einen der erfolgreichsten Rockmusiker aller Zeiten.
Abtrünnige – so lautet die Übersetzung des Titels. Und das ist äußerst passend. Zum einen ist da der in New Jersey geborene Musiker (von allen nur „The Boss“ genannt) mit seinem Überhit „Born in the USA“, den ein selbst ernannter America-First-Nationalist wie Donald Trump gerne für sich nutzen würde, der aber in Wirklichkeit keineswegs patriotisch ist, sondern eine Abrechnung mit der Regierung und dem Vietnamkrieg darstellt. Und dann natürlich Obama, der erste dunkelhäutige Präsident mit familiären Wurzeln in Kenia und Europa. Zwei Männer, die die Welt verändert haben!
Der Podcast ist die eine Sache, doch viel mehr bewirkt man natürlich mit einem Buch, das enge Einblicke in die Freundschaft der beiden Männer gibt, in ihre Ideen und Gedankengänge. Die beiden erörtern alle möglichen Themen – über ihre Herkunft und die entscheidenden Momente ihres Lebens, über Familie und Vaterschaft bis hin zur polarisierenden Politik ihres Landes und der wachsenden Kluft zwischen dem amerikanischen Traum und der amerikanischen Realität.
Nach Vorworten der Protagonisten geht es direkt in die Vollen. Acht Kapitel behandeln die unwahrscheinliche Freundschaft der beiden und Themen wie „Die Story Amerikas“ (was bedeutet es, Amerikaner zu sein?), „American Skin“ (die Bedeutung von Hautfarben), „Eine furchtlose Liebe“ (der wichtige Anker Familie) und „The Rising“ (der Glaube an das amerikanische Versprechen).
Die Gespräche werden in Dialogform festgehalten und wirken damit überaus authentisch und lebendig. Ein großes Plus des Bildbandes sind allerdings die unzähligen großformatigen Bilder, die nicht nur die Erzählungen illustrieren, sondern darüber hinaus tiefe Einblicke in die Familien der Protagonisten geben und wichtige Wegbegleiter abbilden. Ganz stark wirken aber vor allem die Begegnungen der beiden, bei denen man die innige Verbundenheit und den großen gegenseitige Respekt visuell greifen kann.
Besser als in diesem 320seitigen Wälzer kann man die Gegenwart der amerikanischen Kultur nicht abbilden. Es wird geplaudert, aber der Gesprächsinhalt ist jederzeit hochpolitisch, philosophisch und geht sehr tief in die amerikanische Seele. So gibt es wichtige soziale Botschaften – und zugleich wird der Zusammenhang zwischen Kultur und den großen gesellschaftlichen Fragen deutlich.
Neben den Illustrationen und Gesprächen gibt es einige textliche Ergänzungen wie Obamas Trauerrede auf den Bürgerrechtler John Lewis (mit handschriftlichen Anmerkungen), Springsteens handschriftliche Notizen für den Podcast und eine bebilderte Diskographie des Musikers. Das Buch ist sehr schön aufgemacht und kommt in hochwertiger Ausstattung. Ein absolut unterhaltsames Vergnügen!
Nach seinem von der Kritik gefeierten und kommerziell erfolgreichen Album „Blues With Friends“ aus dem Jahr 2020 legt Dion mit „Stomping Ground“ ein neues Album vor, auf dem er erneut mit Musikgrößen zusammenarbeitet, mit denen ihn gegenseitige Bewunderung verbindet. „Stomping Ground“, das am 5. November erscheint, wurde von Wayne Hood zusammen mit Dion produziert und wird über Joe Bonamassa und Roy Weismans Label KTBA Records veröffentlicht. Das Album wird sowohl digital als auch auf CD und als Zwei-LP-Set erhältlich sein.
Die meisten Songs des Albums wurden von Dion und seinem Songwriting-Partner Mike Aquilina geschrieben. Zu den Gastkünstlern, die auf dem Album zu hören sind, gehören Boz Scaggs, Mark Knopfler, Eric Clapton, Peter Frampton, Patti Scialfa, Bruce Springsteen, Billy F Gibbons, Keb‘ Mo‘, Sonny Landreth, Joe Menza, Mike Menza, Marcia Ball, Jimmy Vivino, Rickie Lee Jones, Wayne Hood, Joe Bonamassa und G.E. Smith mit Pete Townshends Linernotes, die Dion als „erstaunlich“ bezeichnet.
Dem Album ging letzten Monat die Veröffentlichung von „I’ve Got To Get To You“ voraus, ein Stück, bei dem Boz Scaggs zusammen mit dem Vater-Sohn-Gitarrenteam Joe und Mike Menza zu hören ist. Diese Woche erscheint „Take It Back„, bei dem Dion von Joe Bonamassa unterstützt wird. Nächsten Monat (13.10.) wird „Angel In The Alleyway“ mit Patti Scialfa (Gesang) und Bruce Springsteen (Gitarre und Mundharmonika) veröffentlicht.
Die umfangreichen Anmerkungen und Notes des Albums enthalten ein Intro von Dion, das die Philosophie hinter dem neuesten Werk des Rock and Roll Hall of Famers kurz und bündig zusammenfasst: „Als ich jung war, strebte ich immer nach Anerkennung und Bewunderung. Das waren meine Ziele. Aber als ich sie erreicht hatte, waren sie nicht wirklich zufriedenstellend. Als ich aufhörte, mich um all das zu kümmern, entdeckte ich grosse Freude darin entspannt mit Freunden Musik zu machen… Musik, die durch ihre Freude mehr Freunde für uns gewinnen würde. Mit Freunden Musik zu machen und durch die Musik Freunde zu finden: Ich kann mir kein besseres Leben vorstellen als dieses. Ich bin meinen Freunden, die Stomping Ground mit mir gemacht haben, sehr dankbar – und meinen neuen Freunden, die zuhören, auch.“
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Die Linernotes des Albums enthalten ein Vorwort von Pete Townshend, in dem es unter anderem heißt: „Dion ist wie ein kreisender Stern, der niemals verblasst, der die Energie und das Feuer erzeugt, das wir brauchen, um uns aufzurichten und neu zu beginnen. Dion ist ein Star, der genau weiß, wie man wieder anfängt und wie man weiter leuchtet. Alle paar Jahre schaut er auf seine Uhr. Verdammt! Lass uns ein Album machen. Passt auf. Dieses hier wird diese kleinen weißen Dinger in unseren Ohren direkt ins Gehirn blasen.“
Neben Townshends literarischem Beitrag liefert Dion eine Track-by-Track-Beschreibung aller 14 Stücke des Albums und das einzige, das nicht von ihm stammt, ist „Red House“ von Jimi Hendrix, der zu einem Blues-Standard geworden ist. Auf „Stomping Ground“ wird Dion von Keb‘ Mo‘ bei diesem Track unterstützt. Dion bemerkt: „Wir hatten einen Riesenspaß beim Grooven von ‚Red House‘. Ich fühle mich geehrt, ihn bei diesem Jimi Hendrix-Cover/Tribut dabei zu haben. Wir haben es so gut gemacht, wie wir konnten. Ich denke, Jimi würde es gutheißen!“ Es ist erwähnenswert, dass die Nachfolgesingle von Dions Hit „Abraham, Martin and John“ aus dem Jahr 1968 „Purple Haze“ war, was die Verbindung zwischen Dion und dem Vermächtnis von Jimi Hendrix noch unterstreicht.
Es gibt noch mehr Neuigkeiten über Dion. „The Wanderer“, ein Musical, das auf dem Leben und der Musik von Dion basiert, wird am 24. März 2022 im Paper Mill Playhouse in Millburn, NJ, seine Weltpremiere vor dem Broadway feiern. Michael Wartella (Wicked) spielt die Rolle des Dion, neben Christy Altomare (Anastasia) als Susan, Dions Frau. Original New Kids on the Block-Mitglied Joey McIntyre (Waitress) spielt Johnny, Dions besten Freund. „The Wanderer“ wurde von Charles Messina (A Room of My Own) geschrieben, von Kenneth Ferrone (Cruel Intentions) inszeniert und von Sarah O’Gleby choreographiert. Der Tony-Preisträger Beowulf Boritt ist der Bühnenbildner. The Wanderer wird vom Paper Mill Playhouse in Zusammenarbeit mit Jill Menza und Charles Messina produziert.
Side A
Take It Back with Joe Bonamassa
Hey Diddle Diddle with G.E. Smith
Dancing Girl with Mark Knopfler
If You Wanna Rock ‘n’ Roll with Eric Clapton
Side B
There Was A Time with Peter Frampton
Cryin’ Shame with Sonny Landreth
The Night Is Young with Joe Menza and Wayne Hood
Side C
That’s What The Doctor Said with Steve Conn
My Stomping Ground with Billy F Gibbons
Angel In the Alleyways with Patti Scialfa and Bruce Springsteen
Side D
I’ve Got To Get To You with Boz Scaggs, Joe Menza and Mike Menza
Red House with Keb’ Mo’
I Got My Eyes On You Baby with Marcia Ball and Jimmy Vivino
I’ve Been Watching with Rickie Lee Jones and Wayne Hood
Bruce Springsteens einzigartige Karriere erstreckt sich mittlerweile über mehr als vierzig Jahre, angefangen mit dem 1973 erschienenen Album „Greetings From Asbury Park, NJ”. Seitdem hat der Boss achtzehn weitere Alben veröffentlicht, mal solo, mal zusammen mit der E Street Band. Dabei ist er stets der gleiche hemdsärmelige Kumpeltyp geblieben, der den Träumen, Sehnsüchten und stillen Triumphen des “kleinen Mannes” eine Stimme gibt und nicht aufhört, den Mächtigen dieser Welt seine Meinung mitzuteilen. Trotz seines immensen Erfolges wirkt der seit kurzem 71-Jährige noch immer bodenständig und authentisch.
Im Juni 2019 beendete Springsteen mit „Western Stars“ eine fünfjährige schöpferische Pause. Das vorhergehende Album „High Hopes“ von 2014 war zugleich sein bisher letztes mit der E Street Band, welches jedoch nur ältere Stücke enthielt, die bei den Produktionen der Vorgängeralben übriggeblieben waren. Danach sah man ihn noch im Rahmen der „The River“-Tour 2016 gemeinsam mit Nils Lofgren, Steven Van Zandt, Garry W. Tallent, Roy Bittan, Max Weinberg und seiner Frau Patti Scialfa auf der Bühne. Das war’s. Gerüchte um eine erneute Zusammenarbeit hielten sich seitdem hartnäckig.
Als im September mit „Ghosts“ plötzlich ein neuer Song auftauchte, erhielten die Gerüchte weitere Nahrung. Besonders weil Springsteen „Ghosts“ in einem Interview als Ausdruck einer besonderen musikalischen Magie beschrieb: „Diese Magie, diesen Soul, dieses Herzblut spüren wir gemeinsam in der E Street Band.“ Kurz darauf wurde die Gerüchteküche endgültig geschlossen. Sony Music kündigte die Veröffentlichung von „Letter To You“ für Ende Oktober an. Zusammen mit der E Street Band (verstärkt durch Charlie Giordano und Jake Clemons) hatte Springsteen das Album in nur fünf Tagen in seinem Home Studio in New Yersey eingespielt. Es enthält zwölf neue Songs. Wobei es bei genauerer Betrachtung eigentlich nur neun neue Songs sind, denn drei Stücke sind Neu-Aufnahmen von bislang unveröffentlichten Kompositionen aus den Siebziger Jahren. Begleitet wird „Letter To You“ von einer Dokumentation auf Apple TV, die einen Blick hinter die Kulissen dieses kreativen Prozesses erlaubt.
Erstes Ergebnis ist der Opener „One Minute You’re Here”, ein leiser und emotional intensiver Einstieg. Springsteens Gesang umarmt den Hörer wie eine weiche Decke. Stimmlich hat er nichts von seiner Anziehungskraft verloren. Der Titelsong „Letter To You” rockt dann in bester Springsteen-Manier los. Die E Street Band zeigt erstmals ihr ganzes Können und Max Weinberg hält den Song mit seinem Schlagzeug zusammen. Das folgende „Burnin’ Train” schließt da nahtlos an und klingt tatsächlich wie ein Zug, der unter Volldampf durch eine Landschaft aus Blues und Rock stampft, mit Nils Lofgren und seiner Gitarre im Führerhaus.
„Janey Needs A Shooter” ist die erste der drei bereits erwähnten Altkompositionen. Das Stück wirkt im Vergleich eher schwermütig, allerdings im positiven Sinne und hätte nicht nur wegen des typischen Mundharmonika-Parts bestens auf „Born To Run“ von 1975 gepasst. Wo wir gerade dabei sind: Das mit über sechs Minuten fast schon epische „Song For Orphans” haut in die gleiche Kerbe. Der dritte „Oldie“ im Bunde, „If I Was The Priest”, fügt sich ebenso nahtlos in die Reihe auf „Letter To You“ ein, was den Schluss zulässt, dass sich Springsteen im Jahr 2020 wieder mehr seiner musikalischen Wurzeln besonnen hat. Und das ist gut so.
Demgegenüber steht das ausgelassen durch die Luft tanzende „Last Man Standing”, bei dem Jake Clemons zeigen darf, was er von seinem 2011 verstorbenen Onkel Clarence gelernt hat. Auch „The Power Of Prayer” präsentiert Springsteen und die E Street Band in Hochform. Das Zusammenspiel von Saxophon, Gitarre, Schlagzeug und Klavier zaubert auch Stunden später noch ein Dauergrinsen ins Gesicht. „House Of A Thousand Guitars” verlässt sich zunächst ganz auf Springsteens Stimme und Roy Bittan’s Piano, bevor der Rest der Band einsetzt und den Song auf eine Ebene mit den Stücken von „Born In The U.S.A.“ erhebt. Dazu passt auch „Ghosts”, das von der Freude handelt, in einer Band zu spielen, was man dem Song deutlich anhört. Das Stück dürfte auf der nächsten Stadion-Tour ein Mitklatsch- und Mitsing-Favorit sein. Zu „Ghosts“ gibt es übrigens auch ein Video mit Ausschnitten aus den Recording Sessions in Springsteens Home Studio sowie Videosequenzen aus seinen Anfangstagen, u.a. mit seiner ersten Band The Castilles zu Beginn der 70er Jahre. Bleiben noch „Rainmaker”, das mit einem klagenden Gesang glänzt und „I’ll See You In My Dreams” als gutgelaunter Abschluss, der Springsteen nochmal in seiner ganzen Vitalität und Frische zeigt. Altes Eisen klingt eindeutig anders.
Bruce Springsteen hat die Produktion von „Letter To You“ im Nachhinein als eines der größten Aufnahmeerlebnisse bezeichnet, die er je hatte. Das will was heißen bei einem Mann, der sich schon zwanzig Grammys, einen Oscar und einen Tony Award an sein Revers heften durfte und der 1999 in die „Rock And Roll Hall Of Fame“ aufgenommen wurde. Vielleicht liegt es auch daran, dass er sich in den neuen Songs weniger politischen und gesellschaftlichen Themen widmet, von denen es zur Zeit ja mehr als genug gäbe. „Letter To You“ ist vielmehr als ein Blick in den Spiegel zu verstehen. Bruce Springsteen schreibt die Briefe darauf gewissermaßen an sich selbst. Und so klingt das Album dann auch: Mal nachdenklich und sentimental, mal befreit und enthusiastisch. Eben eines voller Magie, Soul und Herzblut.
Diesmal geht es um die Musik von Bruce Springsteen. Damit folgt „Blinded By The Light“ der Tradition von Filmen wie „Bohemian Rhapsody“, „Rocketman“ und „Yesterday“, die momentan voll im Trend sind: Stets steht die Musik eines einzelnen Künstlers bzw. einer Band im Vordergrund des Filmgeschehens, wenn auch die Herangehensweise jeweils grundverschieden ist. Ob Pseudodokumentation oder Rahmenhandlung mit fantastischen Elementen – immer spielt die Musik eine herausragende Rolle, wenn nicht gar die eigentliche Hauptrolle.
Auch „Blinded By The Light“ haut in diese Kerbe, wenn auch nicht die Person Bruce Springsteen im Vordergrund steht, sondern die Bedeutung, die seine Musik für einen Menschen haben kann. Filmstart ist am 22. August. Ich habe den Film also noch nicht gesehen, aber den Soundtrack finde ich schon sehr überzeugend.
Zur Handlung: Der von New Line Cinema produzierte Film basiert auf einer wahren Geschichte, die Sarfraz Manzoor in seinem Buch „Greetings from Bury Park: Race, Religion and Rock ‚N‘ Roll“ beschrieben hat. Es ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden, in der Javed (gespielt von Viveik Kalra), ein britischer Teenager mit pakistanischen Wurzeln, die Hauptrolle spielt. Der Film von Regisseurin Gurinder Chadha spielt im Jahr 1987 in der englischen Stadt Luton. Javeds Leben wird komplett umgekrempelt, als er in einer Zeit von ethnisch und wirtschaftlich motivierten Unruhen erstmals mit der Musik von Bruce Springsteen in Kontakt kommt.
“Als lebenslanger Fan von Bruce bin ich überglücklich darüber, dass das Publikum von Springsteen-Songs durch den Film begleitet wird. Dazu kommen noch weitere, teils sehr persönliche Songs – angefangen bei dem Lieblingssong meines Vaters bis hin zu einer Britischen Banghra-Hymne”, sagt Regisseurin Chadha. “Als wir aufwuchsen, konnten weder Sarfraz noch ich uns jemals ein Universum vorstellen, in dem ein Soundtrack-Album existiert, auf dem alle Songs versammelt sind, die unsere Leben widerspiegeln.”
Der Soundtrack beinhaltet komplette Songs und einige kurze gesprochene Filmschnipsel. Zu Beginn muss man sich durch „It’s A Sin“ und „The Sun Always Shines On TV“ durchquälen, die im Film vermutlich den Zeitgeist einfangen, dann aber geht es umgehen los mit dem Boss. Di Zusammenstellung vereint zwölf Songs aus dem Oeuvre von Bruce Springsteen, darunter einige seiner größten Hits wie „Born To Run“, „Dancing In The Dark“ oder „Hungry Heart“. Dazu kommen bisher unveröffentlichte Titel wie die Studioversion von „I’ll Stand By You“. Auch zwei rare Konzertmitschnitte von Springsteen sind zu finden: der Klassiker “The River” (aufgenommen am 2. September 1979 auf dem No Nukes-Konzert im New Yorker Madison Square Garden) und die akustische Solo-Version von “The Promised Land” (aus dem “Concert for Valor” in der Washingtoner National Mall am 11. November 2014).
Den Titelsong kennt man vor allem in der Fassung von Manfred Mann’s Earth Band (ebenso wie „Because The Night“ aus dem Munde von Patti Smith), doch die hier enthaltenen Versionen von Bruce entfalten ihre ganze Stärke und es bleibt zu hoffen, dass der Film genauso außergewöhnlich und atmosphärisch ist, wie diese Zusammenstellung.
Die Reihe „The Story Behind…“ erscheint bereits seit 2016 und aktuell liegt mir die vierte Ausgabe zur Review vor, die am 29.10.2018 erschienen ist. Das Konzept ist denkbar einfach: Autor Thomas Steinberg nimmt sich bekannte Hits der Musikgeschichte vor und erzählt die Geschichte, die ihnen zugrunde liegt.
Für Volume 4 wurden die 70er Jahre als Thema gewählt. Da passt es auch hervorragend, dass Udo Lindenberg das Vorwort des gut 200seitigen Bands schrieb. Auch Herausgeber Stephan Fennel steuert ein Essay bei, das den Glam-Rock der Seventies behandelt.
In erster Linie ist das Buch eine gelungene Bestandsaufnahme wichtiger Songs, die den Sound der 70er ausmachten. Da ist natürlich Lindenbergs „Andrea Doria“ – und die Heroen des Jahrzehnts kommen mit ihren wichtigsten Titeln zu Wort. Ich nenne nur Deep Purples „Child In Time“, Springsteens „Born To Run“ und Pink Floyds „Comfortably Numb“.
Autor Thomas Steinberg ist Jahrgang 1962 und kann seine profunden Kenntnisse und vor allem seine Liebe zu diesem Jahrzehnt nicht verleugnen. Der bekannte Radiomoderator begann 1978 als Journalist in diversen Tageszeitungen und Musikmagazinen. Die meisten Storys hat er aus den vielen Hintergrund-Interviews erfahren, die er im Verlauf seiner Karriere geführt hat.
Steinbergs lockerer und flüssiger Schreibstil macht das Buch zum Genuss. Anfangs blätterte ich nach den Songs, die mich besonders interessierten. Doch mit der Zeit macht es durchaus Freude, das Buch im Gesamten zu lesen und auch die übrigen Geschichten zu entdecken.
Zum Reinhören verweist das Buch übrigens auf eine Spotify-Playlist. Man muss mit der Zeit gehen!
„The Searcher“ ist eine neue dreistündige Dokumentation zum Phänomen Elvis Presley, die am 14. April 2018 beim US-Sender HBO erstmals gezeigt wird. Gut eine Woche zuvor erscheint der Soundtrack dazu auf drei CDs bei RCA/Sony Music. Die Dokumentation, die unter der Regie des Emmy- und Grammy-Preisträgers Thom Zimny entstand, soll seltenes Bild- und Tonmaterial enthalten. Wer vorab schon den Soundtrack hört, bekommt einen kleinen Eindruck davon.
Im Film sind 18 Elvis-Presley-Hits versammelt. Dazu kommen seltene alternative Versionen von Songs, die Elvis Presleys künstlerischen Werdegang illustrieren, mit dem sich Zimny in seiner dreistündigen Dokumentation beschäftigt. Der Zuschauer erlebt die Entwicklung des King of Rock’n’Roll, angefangen bei seinen Blues- und Country-Wurzeln, über seine wegweisenden Beiträge zur modernen Popkultur, bis hin zu den Aufnahmesessions des Jahres 1976 in seinem “Jungle Room” in Graceland.
Das drei CDs umfassende Deluxe-Boxset präsentiert neben den 18 Songs des Films 37 weitere Elvis-Titel und Ausschnitte aus der instrumentalen Filmmusik. Diese Scoremusik wurde von Pearl Jam-Gitarrist Mike McCready komponiert. Weitere Highlights des Boxsets: “Wooden Heart” in einer Interpretation von Tom Petty and the Heartbreakers und die Musik, die Elvis inspirierte, wie R&B- und Country-Klassiker oder der Titel “Home Sweet Home”, gesungen von Elvis’ Mutter Gladys Presley.
Die Box ist sehr schön im Vinyl-Single-Format aufgemacht und enthält ein aufklappbares Digipack im Schuber. Ein separates 40-seitiges Softcover-Booklet mit seltenen Fotos, Liner Notes von Warren Zanes und einem Grußwort des Regisseurs Thom Zimny runden das Package ab. Fans dürfen sich über aussagekräftige Fotos aus allen Epochen des King freuen.
Zimny schreibt in seinem Text: “Von Anfang an wusste ich, wie sich der Soundtrack anhören muss. Ich machte nicht einfach einen Film, sondern dachte natürlich auch darüber nach, welche Songs ich den Zuschauern präsentieren würde. Sie sollten meine Erfahrungen, die ich mit dem Künstler und seiner Musik gemacht habe, teilen. Dankenswerterweise gaben unsere Freunde bei Sony mir und dem Searcher-Team die Chance, diese einmalige Kollektion zusammenzustellen, die für mich untrennbar mit der Dokumentation verbunden ist.”
Musikjournalist Warren Zanes beschreibt die Songauswahl in seinen Liner Notes so: “Es handelt sich nicht um ein ‚Best of Elvis’, sondern um ein Künstlerporträt, dessen Puzzleteile sich Song für Song zusammenfügen. Und dabei spürt man, wie dieser Künstler sich konsequent und mutig seinen Darbietungen hingab, als könnte er so einen fehlenden Teil seines Selbst entdecken. Die Wahrheit, die aus seiner Stimme sprach, war die eines Suchenden. Er ging diesen Weg und sammelte dabei ein Oeuvre an Songs an, das sich aus der unendlichen Vielfalt amerikanischer Musik speiste.”
Bruce Springsteen, der in der Dokumentation zu Wort kommt, hält Elvis für eine Ausnahmeerscheinung im Pantheon der Musik. „Es gibt eine Kategorie von Künstlern, die im Bann ihrer Genialität gefangen sind, ohne Ahnung davon zu haben, wohin ihre Reise geht. Sie wissen eigentlich nicht einmal genau, was sie tun, bis zu dem Moment, in dem die Musik einsetzt. Sie sind dort draußen im unbekannten Grenzland – an einem unverdorbenen und aufregenden Ort.”
Das Schlusswort gebührt Tom Petty, der über den King sagte: “Er war ein Licht für uns alle. Wir sind ihm etwas schuldig, denn er stieg als erster in den Ring. Als er auftauchte, gab es keine ausgetretenen Pfade, auf denen er gehen konnte. Er musste sich selbst einen Weg bahnen. Wir sollten nicht den Fehler machen, einen großen Künstler nur wegen des ganzen Tamtams, das später um ihn gemacht wurde, einfach abzuschreiben. Wir dürfen eines nie vergessen: was er schuf, ist wunderbar und unvergänglich – es ist einfach großartige Musik!”
1995 ist „Born In The USA“ elf Jahre alt und das aktuelle Werk trägt den Titel „The Ghost Of Tom Joad“. The Boss ist live immer noch der Größte, aber hitparadenlastig längst nicht mehr so präsent wie noch in den 80er Jahren. Das stört aber weder Fans noch Radiomacher.
Hier wird uns ein live Radiokonzert vom 09.12.1995 aus dem Tower Theater in Philadelphia beschert. Es enthält unter anderem als Opener den Titelsong des aktuellen Albums, den All-time-Favoriten „Born In The USA“ in einer melancholischen Country-Folk-Version und das wundervolle „Streets Of Philadelphia“.
Man hört ein klangvolles Gitarrenspiel des Meisters und auch seine Vocals kommen deutlich aus den Boxen. So wünscht man sich manches Bootleg in der Sammlung. Die Radio-Konzertlänge wird durch gut 30 Minuten Interview-Schnipsel aufgefüllt. Das wäre nicht unbedingt nötig gewesen (hört man sich ohnehin nur einmal an), ist aber eine nette Geschichte, um die Kapazitäten der CD Länge zu erschöpfen.