„Ending On A High Note“ – damit hatten sich a-ha im Jahr 2010 aufgelöst. Morten Harket startete eine Solokarriere und die Band war Geschichte. Eigentlich. Doch zum 30jährigen Jubiläum gab es fünf Jahre später eine Reunion, die mit „Cast in Steel“ sogar ein komplett neues Studioalbum nach sich zog (HIER unsre Review). Während das damals noch etwas halbherzig klang und auch ein Soloalbum des Frontmanns hätte sein können, machen a-ha mit „True North“ wieder einen großen Sprung nach vorne. So klingt das neue Album wie aus einem Guss und glänzt vor allem mit starken orchestralen Arrangements.
„Zunächst hatten wir die Idee, eine Studio-Session live aufzunehmen“, erklärt Gitarrist Pål Waaktar-Savoy. „Dann wollten wir eine Studio-Session filmen. Das Ganze hat sich dann zu einer Produktion mit dem norwegischen Orchester, der Arktischen Philharmonie, entwickelt, mit der wir zusammengearbeitet haben.“ Die Aufnahmen fanden in der norwegischen Stadt Bodø 90 Kilometer oberhalb des Polarkreises statt. Die Liebe zur Natur, zur Heimat und die Intimität dieses stillen Ortes finden sich in den meisten der Songs, die eine sentimentale Atmosphäre aufbauen.
In dem gleichnamigen Film „True North“ performen a-ha mit dem Orchester und nehmen gemeinsam Songs auf. Zudem wird die Landschaft rund um Bodø gezeigt, in der Magne, Morten und Paul über das Album sprechen. In wiederkehrenden Sequenzen stellen Schauspieler/-innen das Leben im Norden dar. Der mehrdimensionale Film schlägt einen erzählerischen Bogen, der den Spirit der neuen Songs verkörpert und aufzeigt, wie wir alle mit unserer Umwelt verbunden sind. Stian Andersen, ein langjähriger Partner von a-ha, hat dabei Regie geführt.
„True North“ zeigt durch und durch die nordische Seele der Band. Morten Harket kann mit seiner hohen Stimme den Gefühlen freien Lauf lassen. Zugleich präsentieren sich auch die Instrumente in ganz intimer Form. Es gibt kaum solistische Eskapaden – alles fügt sich in die harmonischen Orchesterarrangements ein. Statt Synthiepop gibt es jetzt wunderschöne Melodien und manchmal schimmert ein wenig Jazz durch. Polyphone Gesangspassagen wie bei „Bluest of Blue“ erinnern gar an die Beatles.
Die Videos lassen erahnen, wie der visuelle Aspekt von „True North“ funktioniert. Doch eigentlich braucht man das gar nicht. Die epische Musik spricht ganz für sich und führt uns über 50 Minuten lang in a-has Heimat und ihre ganz eigene Welt. Stark!
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
2020 stiegen die Progmetaller CONCEPTION aus Norwegen nach über zwanzig ruhigen Jahren wie Phönix aus der Asche. Der neue Longplayer “State of Deception” hielt die für CONCEPTION typische Weite progressiver Sounds perfekt fest, vom symphonischen Melodrama bis zur Rockriff-Utopie. Die Euphorie war im Nachgang des aktuellen Albums so groß, dass Noise Records jetzt auch die vier genialen Alben aus den 90er Jahren neu auflegen – als CD Digipacks, auf Vinyl, jeweils mit bisher unveröffentlichten Bonustracks. Ein Fest für jeden Fan!
CONCEPTION wurde 1989 in Norwegen vom Dag Østby (Vocals), Tore Østby (Gitarre), Werner Skogli (Drums) und Freddy Samsonstuen (Bass) gegründet. Schon nach einem Jahr stieg Sänger Dag noch vor Erscheinen des Debütalbums aus und der kongeniale Roy Khan kam mit seiner Opernstimme ins Spiel, der nach dem Ende von CONCEPTION bei den US-Metallern KAMELOT tätig wurde.
Zunächst wollte man die aufkommende Thrashmetal-Welle reiten, doch nach und nach kristallisierte sich heraus, dass es in eine ganz andere musikalische Richtung gehen sollte. Das Line-Up wurde an den sich entwickelnden Musikstil angepasst und die lokalen Talente Arve Heimdal am Schlagzeug und Ingar Amlien am Bass verliehen der Band eine solide, groovy und einzigartig klingende Rhythmus-Fraktion. Zudem hatte man mit Roy jetzt einen Vokalisten, der kraftvoll und melodisch interpretierte und Bombast sowie Pathos den Boden bereitete.
„The Last Sunset“ war das Debüt und erschien mit altertümlichem Bandfoto-Cover auf eigenem Label. Nach ersten Erfolgen wurde es von Noise Records mit alternativem Cover neu veröffentlicht. Das Album wartete noch mit einem sehr harten Sound auf, der die Wurzeln im Thrashmetal deutlich machte. Roy brachte aber schon seine persönliche, sehr melodische Note mit ein. Und gerade diese Mischung sorgte für Aufsehen und machte das Album so einzigartig.
Nach dem Intro „Prevision“ liefert „Building a Force“ den perfekten Einstieg, der ebenso machtvoll klingt wie es der Songtitel andeutet. „Bowed Down With Sorrow“ und „Fairy’s Dance“ bestechen durch ihre energische Dynamik. Es gibt aber auch akustische Gitarren und gar Flamenco-Einlagen von Tore Østby. Der Grundstein für einen ganz eigenen Sound war gelegt. Während Grunge langsam aber sicher die rockigen Charts beherrschte, gingen CONCEPTION einen ganz anderen Weg und schufen sich ein melodisches Alleinstellungsmerkmal.
Als Bonus gibt es mit der Neuauflage drei Demoversionen, die es nicht zur Songreife geschafft haben.
Das erste reguläre Album bei Noise Records war „Parallel Minds“. CONCEPTION hatten sich inzwischen zur formidablen Liveband entwickelt und gossen ihre Energie in neue Songs. Khan und Østby hatten sich endgültig als Songwriter-Duo gefunden, da der Sänger jetzt alle Lyrics lieferte.
Es ist ein druckvolles und zugleich melodisches Album in der Tradition des Powermetal. Zudem machte die instrumentale Brillanz es auch für Freunde von Progressive Rock und Progmetal gut hörbar. Die Gesangs- und Melodielinien variieren von majestätisch bis leidenschaftlich. Ein sporadischer Einsatz von Keyboards rundet den endgültigen Klangkosmos ab, mit dem sich CONCEPTION in der Szene etablieren. Vom rockigen „Roll the Fire“ bis hin zum hymnischen Titelsong ist alles möglich.
Im Bonusbereich gibt es das Demo von „Silent Crying“ und die genannten Stücke „Roll the Fire“ sowie „Parallel Minds“ in fulminanten Liveversionen.
Das dritte Album bietet wie der Vorgänger ein fantastisches Cover, das man sich am besten im LP-Format anschaut. Es ist komplexer und progressiver als die Vorgänger und orientiert sich hörbar an Bands wie Queensrÿche sowie den komplexeren Werken von Iron Maiden. Dabei ist es immer Khans Ausnahmestimme, die den Tracks einen besonderen Drive mitgibt.
“Missionary Man“ und „Some Wounds“ schaffen eine recht mystisch-geheimnisvolle Atmosphäre, während „A Million Gods“ als Achtminüter sehr komplex und mit monumentaler Stärke daherkommt. Insgesamt ist „In Your Multitude“ ein wirklich episches Album mit komplexen Songstrukturen, das man keineswegs auseinanderreißen darf und immer am Stück hören sollte.
Ergänzt wird der neue Release wieder von zwei Demoversionen, darunter der Titelsong, und vom Stück „Gravity“, das sich ursprünglich als Bonus auf der japanischen Fassung fand.
Bis zum vorläufigen Ende haben CONCEPTION konsequent den Zweijahresrhythmus eingehalten und so erschien auch „Flow“ pünktlich im Jahr 1997. Doch musikalisch war plötzlich alles ganz anders, was man schon dem futuristischen Albumcover ansehen konnte. Plötzlich mischten sich elektronische Beats in die Tracks, ohne dass dies aber dem Hörgenuss schadete.
Schon der Opener „Gethsemane“ kommt mit sphärisch sterilen Klängen und läutet damit das moderne Albumkonzept ein. Erst wenn Gitarre und Vocals einsetzen, hört man wieder den typischen CONCEPTION-Sound. Roy Khan hat dabei eine sehr erzählende Ausrichtung, die dem Album keineswegs schadet. Mit “Tell Me When I’m Gone” und “Would It Be The Same” geht es dann auch wieder in hart rockende Gefilde. Geheimnisvoll mit einer Mischung aus Synthesizerklängen und starken Riffs war das vorerst letzte Album der Band ein respektablrer Parforceritt, der das Ende der Band umso schmerzvoller machte.
Im Bonusbereich finden sich diesmal das Demo von „Cry“, der Song „Hand on Heart“ von der japanischen Pressung und „Sundance“, das ursprünglich ein Bonus auf der „In Your Multitude“ LP war.
Zur Neuauflage kommen die genialen Macher nochmal selbst zu Wort:
Tore: “Die Band zusammenzustellen und sich gemeinsam auf diese musikalische Reise zu begeben war ein wahres Abenteuer. Mit einem gemeinsamen Drang zu entdecken und uns selbst und unsere Musik weiterzuentwickeln zeigt jedes Album ganz klar die verschiedenen Phasen, die wir von Album zu Album durchlaufen haben. Wir sind heute genauso stolz auf jedes Album wie an den Tagen, als wir die Arbeit an ihnen abgeschlossen haben.”
Roy: “Es hat über die Jahre eine wachsende Nachfrage nach unseren ersten Alben gegeben und wir sind sehr froh, sie in Kooperation mit BMG endlich verfügbar machen zu können. Außerdem freuen wir uns sehr, in diesem Paket auch einige sehr alte Demos und bisher unveröffentlichte Songs aus den absoluten Anfangszeiten von Conception zu veröffentlichen. Diese frühen Demos demonstrieren noch eindeutiger die Reise und Entwicklung der Band vom Anfang bis dahin wo wir heute stehen. Viel Spaß damit!”
Alle vier Alben aus den 90ern seien versierten Metallern ans Herz gelegt. Wer CONCEPTION bisher noch nicht entdeckt hat, sollte jetzt schleunigst zuschlagen. Skandinavische Bands waren schon immer eine Wucht und sind es bis heute.
„Beech Street“ ist das zweite Album des norwegischen Singer/Songwriters Jarle Skavhellen. Dabei denkt man beim Hören gar nicht an skandinavische Weiten, sondern an Einflüsse von Country und Americana. Kein Wunder, hat Jarle das Album doch in den USA aufgenommen und konnte seine Liebe zum Folkrock voll ausleben. Wie er selbst sagt: „Dieser Vibe war nie eine bewusste Entscheidung, es passierte einfach. Ich höre sehr viel Folk und die Übergänge zu Americana sind fließend. In bin großer Fan von J.J. Cale und Ry Cooder und es scheint als hätten sich einige dieser Einflüsse aufs Album geschlichen.“
Die Geschichten, die Jarle mit seinen Songs erzählt, passen in beide Welten. Es geht um lyrische Beobachtungen voll Wärme und Melancholie, die zu Herzen gehen. Er erreicht die Hörer mit seiner charismatischen Stimme und am Ende ist es gar nicht mehr wichtig, wovon er erzählt. Endlose Autofahrten oder Nachtschichten hinter der Bar – nichts bleibt wirklich banal.
Trotz aller Ruhe liegt auch ein großes Pathos in den Stücken. Eindringlich lässt Jarle seinen Gefühlen freien Lauf. Es geht ums Älterwerden („Lion“) und um die nordische Heimat („Northern Lights“), aber ebenso um die Weiten des amerikanischen Inlands („Drive“, „Winnebago“, „Montana“). Der Sound ist sehr organisch gehalten. Die allgegenwärtige akustische Gitarre reicht aus, doch Jarle entscheidet sich bisweilen auch für filigrane rhythmische Arrangements wie im Titeltrack „Beech Street“.
Mit sanfter und markanter Stimme führt uns Jarle Skavhellen durch ein Album voller unterschiedlicher Einflüsse. Das fröhliche Lagerfeuer-Feeling von „Crash & Burn“ machen dabei ebenso viel Spaß wie die intensive Freude von „Northern Lights“ und der berührende Piano-Abschluss mit „Anyway / Anyhow“.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren
Vor fünf Jahren hat die Norwegerin Maria Mena ein großartiges Konzeptalbum vorgelegt: „Growing Pains“ beschäftigte sich mit ihrer Scheidung und der schwierigen Zeit danach, mit Selbstvorwürfen und einer Achterbahn der Gefühle, mit Suche nach Schuld bei sich und in der eigenen Vergangenheit. Es war ein durch und durch autobiographisches Album. Schonungslos offen und ehrlich. Zeitweise von so großem Schmerz, dass es kaum zu ertragen war. Und doch wunderschön – voller zu Herzen gehender Melancholie.
Inzwischen sind einige Jahre vergangen. Und wenn man Maria Mena glauben mag, die auch in den sozialen Medien sehr aktiv ist und keinen Hehl aus ihrer Gefühlswelt macht, ist sie noch immer voller Selbstzweifel und auf der Suche nach der großen Liebe. Der Albumtitel „They Never Leave Their Wives“ ist aussagekräftig und unverschlüsselt. Es geht genau darum: Die zweite Geige zu spielen, beispielsweise wenn man in einen verheirateten Partner verliebt ist.
Zum Titelsong sagt sie: „‘Lies (They Never Leave Their Wives)‘ ist eine Art Patchwork aus Geschichten und Schicksalen. Einige davon sind meine eigenen, andere wiederum sind Beobachtung oder inspiriert von den Dingen, die meine Freunde erleben. Ganz speziell geht es immer darum, die Nummer zwei zu sein. Und die abschließende Erkenntnis, dass die feige Entscheidung des anderen nur zu deinem Besten war, dass du einer Kugel ausgewichen bist, auch wenn du nicht ganz unbeschadet davongekommen bist.“
Während „Growing Pains“ noch die durchgängige Geschichte einer Trennung erzählt hat, ist „They Never Leave Their Wives“ eher ein Streifzug durch Emotionen und prägende Momente. Die Pianoballade „Let Him Go“ thematisiert das Loslassen des Menschen, von dem man sich entfremdet hat. „Miss Him Every Day“ zeigt die andere Seite – den Zwiespalt der Gefühle. „Broken“ ist ebenso Ausdruck von Verzweiflung wie „Not OK“: Die Trennung hat mich beinahe zerbrochen. Und nein, es geht mir nicht gut. „Conversation“ hingegen zeigt das Umfeld der Gekränkten, das helfen will aber nicht zu ihr durchdringt.
Die Produktion des Albums stützt sich ganz auf Marias wundervolle Stimme, die oft nur sphärisch oder mit vorsichtigen Instrumentalpassagen unterlegt wird. Sie schreibt und singt ihre Texte aus vollem Herzen. Das Album ist eine deutliche Fortführung von „Growing Pains“ – wie ein Sequel, das mit mehreren Jahren Abstand geschrieben wurde und neue Erkenntnisse bringt bis hin zu Moral „You Live And You Learn“ als Ergebnis der Sinnsuche.
Für mich hat dieses Album ebenso die Höchstwertung verdient wie sein Vorgänger. Es gibt allerdings zwei Punkte, die das verhindern: Zum einen ist es mit sieben Songs sehr kurz ausgefallen. Da hätte man nach fünf Jahren Wartezeit schon mehr erwartet. Und dann erscheint es nur digital. Waaas? Das nimmt ihm definitiv die verdiente Wertigkeit, auch weil man die wichtigen Texte in keinem Booklet verfolgen kann. Vielleicht denkt Maria nochmal darüber nach und veröffentlicht „Growing Pains“ gemeinsam mit den neuen Stücken als homogenes neues Werk. Dass die beiden nämlich wie Topf und Deckel zusammengehören, steht außer Frage.
Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube. Mehr erfahren