Myrath und das Vermächtnis von Karthago

Wer bisher um Progressive Metal mit orientalischem Einschlag einen weiten Bogen gemacht hat, sollte das schleunigst ändern. Die Tunesier MYRATH legen hier ihren ersten Live-Release vor, der etwas ganz besonderes ist.

2019 war ein großes Jahr für die Metalband. Sie eroberten weltweit die Rockbühnen, sei es auf dem renommierten Sweden Rock Festival oder dem Wacken Open Air, und begeisterten Fans mit ihrem sechsten Studioalbum „Shehili“ – einer wunderschöne Sammlung kraftvoller Songs vor dem Hintergrund nahöstlicher Melodien. Wie ich vor einem Jahr dazu geschrieben habe: „Songs wie “No Holding Back” und “Darkness Arise” lassen es nach den metallischen Krachern etwas ruhiger angehen. “Stardust” kommt fast schon als romantische Ballade rüber. Das ändert aber nichts an der Komplexität des Albums, die uns sehr vielfältige Eindrücke eines Albums zwischen europäischem Rock und nordafrikanischer Weltmusik mitgibt. “Shehili” ist eine Scheibe, die das Genre bereichert und an vielen Stellen aufhorchen lässt.“ (HIER findet ihr die komplette Review).

Der Mitschnitt, der jetzt bei eraMUSIC erscheint, entstand schon 2018, also vor besagtem Studioalbum, und war zunächst nur im Direktvertrieb erhältlich. Selbst als live-CD funktioniert er sehr gut und enthält beispielsweise als Bonus-Schmankerl eine Studioaufnahme des Songs „Believer“ mit Altmeister Don Airey an den Keys. Soundtechnisch ist die Aufnahme vor einer 7.000köpfigen Zuschauerkulisse mehr als gelungen.

Extrem spannend wird es aber, wenn man sich im Videoformat den Schauplatz des Geschehens vor Augen führt. Das Amphitheater von Karthago gehört mit weiteren historischen Stätten der vorchristlichen See- und Handelsmacht zum Weltkulturerbe. Heute ist sie geographisch ein Vorort von Tunis, doch das antike Erbe ist noch sichtbar. Wundervoll, dass hier ein Rockkonzert stattfinden durfte.

MYRATH haben dann auch groß aufgefahren. Neben der historischen Kulisse gibt es eine große Videoleinwand und ausufernde Licht-Installationen. Die Bühne selbst wirkt wie ein orientalisches Wohnzimmer – und steht damit in starkem Kontrast zu der metallischen Musik. Die Begeisterung des Publikums hat fast schon „Brot und Spiele“-Charakter.

Musikalisch sind MYRATH voll in ihrem Element und fahren das Alleinstellungsmerkmal einer afrikanischen Progmetalband voll aus – nicht nur mit dem Bühnenbild, sondern auch mit Percussion und Tänzerin. Absolut stimmig, was hier geboten wird. Neben eigenen Klassikern wie „Madness“ und weiteren Songs der früheren Alben gab es auch schon einen Vorgeschmack auf „Shehili“. Dieses Erlebnis in Bild und Ton sollte man sich nicht entgehen lassen. Gerade jetzt, wo die anstehende Europatournee leider verschoben werden muss.

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