„Break Out Of Babylon“ ist das vierzehnte Studioalbum von Wolf Maahn und es ist in mancherlei Hinsicht ein besonderes. Man könnte auch sagen ein gewöhnungsbedürftiges, fast schon experimentelles. Auf jeden Fall ist es das erste Konzeptalbum in Wolf Maahns vier Jahrzehnte währender Karriere. Es erzählt szenenhaft die Geschichte von William, einem Milliardär, der durch den Einfluss eines Aktivisten auf seine Frau und Tochter von einer Sinnkrise hin zu neuem, ungeahntem Glück findet. In den Songs spielen Themen wie Klimawandel, Artensterben oder gesellschaftliche Ungerechtigkeit eine zentrale Rolle.
Aber die Inhalte der Texte sind nicht das, was „Break Out Of Babylon“ – jedenfalls für mich – zunächst etwas sperrig macht. Es sind die ungewohnten Reggae Beats, die gut die Hälfte der insgesamt dreizehn Stücke dominieren. Zwar gab es auch auf den bisherigen Alben hin und wieder Reggae Tunes, aber hier erklärt Wolf Maahn sie zum zentralen Stilelement. Das gelingt mal mehr, mal weniger gut. Zudem singt er zwei Songs komplett auf Englisch.
Der Reigen beginnt mit „Tanzen gegen den Wahnsinn“, das durch ein tolles Bläserintro glänzt und sich als extrem bewegungsanimierend herausstellt. Live ist das Stück bestimmt der Knaller. Im Anschluss halten sich Licht und Schatten die Waage. Richtig gut wird „Break Out Of Babylon“ immer dann, wenn sich Wolf Maahn auf seine Wurzeln besinnt. Und die liegen nun mal im Rock. Exemplarisch dafür sei „In der Gegenwart von Schönheit“ genannt, das uns mit einem Gitarren-Gedächtnissolo von Roger Schaffrath in die Achtziger Jahre zurückversetzt. Auch „Aktivist“ ist eine hymnische Rocknummer mit angezogener Handbremse und das darauffolgende „Im falschen Licht“ haut in dieselbe entspannte Kerbe. Nicht zu vergessen der Titelsong, bei dem Wolf Maahn zum ersten Mal in seiner Laufbahn selbst mit einem längeren Gitarrensolo zu hören ist. Dass es das Stück auch noch in einer Reggae-Version, der sogenannten Late Night Edition, auf das Album geschafft hat, sei an dieser Stelle geschenkt.
Zwischen Licht und Schatten machen es sich der groovende Schunkler „Slow-Mo in New York“ und das poppige „Love Dimension“ gemütlich. Die etwas dunklere Abteilung wird angeführt von „Hamsterrad“, das fast schon als Industrial rüberkommt und kalt wie eine Eisenbahnschiene wirkt und den beiden englischsprachigen Stücken „Where The Homeless Go“ und „Williams‘ Daughter“, wobei letzteres zumindest noch bestens als Untermalung in einer Chill Out-Zone aufgehoben wäre. Da hat es Wolf Maahn für meinen Geschmack mit seinem musikalischen Eifer etwas übertrieben.
Die Botschaft hinter „Break Out Of Babylon“ ist aller Ehren wert. Wolf Maahn ist ja durchaus als Querdenker bekannt und wer ihn mal persönlich getroffen hat, der weiß, dass das kein imageförderndes Kalkül ist, sondern aus der Tiefe seines Herzens kommt. Nicht umsonst gilt er als einer der einflussreichsten und beständigsten Musiker des Landes. Deshalb nimmt man es ihm auch ohne zu zögern ab, wenn er im Booklet schreibt: „Es könnte ja auf wundersame Weise grundcool werden, der Erhabenheit der Schöpfung mit Respekt und Liebe zu begegnen und nicht wie ein Kutscher, der permanent sein Pferd peitscht“. Hier finden sich übrigens noch sämtliche Texte und eine Reihe beeindruckender Reisefotografien aus dem Maahn’schen Familienalbum.
„Break Out Of Babylon“ ist kein eingängiges Album, das sich direkt beim ersten Hören erschließt. Mir hat es sich noch nicht wirklich erschlossen und es kann durchaus sein, dass wir gar keine Freunde mehr werden. Vielleicht zünden die Songs aber auch erst live so richtig. Auf seinen Konzerten lässt Wolf Maahn Zielgruppen erfahrungsgemäß weitestgehend außer Acht und lädt zum Singen, Tanzen und Feiern ein. Ab Februar gibt es dazu wieder ausreichend Gelegenheit:
Seine Alben erreichten bereits in den 80ern Kultstatus und landen bis heute regelmäßig in den Verkaufscharts. Wolf Maahn gilt als einer der einflussreichsten und beständigsten Musiker des Landes. Über 1.200 Live Shows und etliche Festivals unter anderem mit Bob Marley, Fleetwood Mac oder Bob Dylan machten den Linkshänder und gebürtigen Berliner zu „einer der größten deutschen Live-Legenden“ (WDR). Dabei kann er sich auf Hits und lyrische Geniestreiche wie „Rosen im Asphalt“, „Ich wart auf Dich“ oder „Gelobtes Land“ verlassen. Und immer wieder ist es schön zu sehen wie ein Publikum, das Zielgruppen weitgehend außer Acht lässt, vereint mitsingt, -tanzt und -feiert. Ein ganzseitiger Konzert-Review in der Hamburger Morgenpost trug die Überschrift „Wolf Maahn spielte sein Publikum glückstrunken!“. Besser lässt sich die reale Wolf-Maahn-Live-Erfahrung wohl kaum zusammenfassen. Ende des Jahres startet er mit seiner erstklassigen Band wieder durch. Im Gepäck ein brandneues Album…
„Break Out Of Babylon“ (VÖ am 07.02.2020) ist das erste Konzeptalbum in Wolf Maahns vier Jahrzehnte währenden Karriere. Es wirft Schlaglichter auf den Zustand der Welt und erzählt dazu szenenartig die Geschichte eines Milliardärs, der zum Wohltäter wird – verbunden mit dem Appell, dass die Zeit gekommen ist, wo Superreiche ihren entsprechenden Beitrag zur Lösung der globalen Krisen leisten müssen. „Wir sind spätestens jetzt an dem Punkt angekommen, wo die, die am meisten vom Raubbau an unserem Planeten profitiert haben, einspringen müssen und entsprechend ihren Möglichkeiten an die Gemeinschaft und die Umwelt zurückzahlen müssen,“ so Wolf Maahn. „Einige gehen ja schon mit gutem Beispiel voran. Wir sollten das stärker thematisieren.“ Bei einigen Songs schlüpft er selbst in die Rolle des Star Investors oder bei “Leere Phrasen” auch mal in die seiner Ehefrau, und es wird deutlich, dass auch noch so viel Geld nicht vor Liebeskummer schützt. Auch stilistisch wird es einige Überraschungen geben. Zwar gab es auf den bisherigen Alben hin und wieder Reggae Tunes, nun aber singt Wolf Maahn, der bereits 1980 im Vorprogramm von Bob Marley & the Wailers auftrat, gut die Hälfte des Albums über Reggae Beats.
Als kleinen Vorgeschmack hier das Video zu “Tanzen gegen den Wahnsinn”:
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Wolf Maahn ist vor allem deshalb ein Phänomen, weil er immer da war. Auch wenn seine Alben nicht gerade die Hitparaden stürmten. Und ein ganz besonderes Erlebnis waren und sind seit je her seine Livekonzerte. Sehr schade also, dass es davon nur so wenige auf CD gibt. „Direkt ins Blut – (un)plugged“, I (1993) und II (2007) waren zwar beides denkwürdige Wolf Maahn Live Album Projekte, aber bekanntermaßen als Studio-Konzerte im kleinen Kreis und vorwiegend akustisch konzipiert. „Lieder vom Rand der Galaxis“ (2012) wiederum bestand ausschließlich aus Mitschnitten von seinen Solo Shows. Knisternd, nah, intim und vom Rolling Stone als „eine der schönsten Platten dieser Art“ bezeichnet. Das erste und bislang einzige Live Album von Wolf Maahn & Band ist damit also noch immer „Rosen im Asphalt“, veröffentlicht 1986 in der legendären 3er Vinylbox.
Grund genug, ein neues Teil aufzulegen. Es trägt den Titel „Live & Seele“ und wurde im Frühjahr 2016 beim Heimspiel im Gloria Köln aufgenommen. Mit dem „Montagssong“ startet die Show und dann wird gezaubert. Das aktuelle Album „Sensible Daten“ spielt Wolf Maahn fast komplett und fast in der Reihenfolge der Tracklist durch, unterbricht es aber – zur Freude der Zuschauer – mit Highlights aus seiner langen Karriere.
Die neuen Songs zeigen den alten Rebellen von seinen besten Seiten. Mal bissig und ironisch, dann wieder in endloser Romantik verklärt. So lieben wir ihn. Es ist erfrischend, dass er so von seinem aktuellen Werk überzeugt ist, dass kein Best Of-Programm für die Live-CD herhalten muss. Und wenn man ihn so hört, tut es mir mal wieder leid, dass er im ganzen Deutschrock-Geschäft immer ein Nischendasein fristen musste und nie an Grönemeyer, Niedecken und Westernhagen heran kam. Schade natürlich – aber so ist uns ein authentischer Künstler allersten Ranges erhalten geblieben.
Als Überraschungsgast entert für zwei Songs Helmut Krumminga die Bühne, der bereits in Maahns Band spielte bevor er lange Zeit bei BAP die Leadgitarre übernahm. „Freie Welt“, „Irgendwo in Deutschland“ und natürlich „Fieber“ sowie „Rosen im Asphalt“ sind die Klassiker, die als Perlen zwischen dem Gegenwartsprogramm die Setlist aufpeppen. Dem über 100minütigen Live-Feuerwerk (inklusive fünf Zugaben) folgen als Audio-Bonus noch vier Takes aus einer Radio Show der „Vereinigte Staaten Tour“, aufgenommen im Sendesaal des SWR in Baden-Baden mit seiner studioähnlichen Akustik.
Im Handel findet ihr das Teil als Doppel-CD, als Deluxe Version inklusive DVD und im Vinyl-Format (3 LP, DVD, Audio Download Code).
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Wolf Maahn zählt zu den erfolgreichsten, kreativsten und leider wohl auch unterbewertetsten Persönlichkeiten im hiesigen Rocksektor. Seit 1982 sorgt der gebürtige Berliner, der schon lange als waschechter Kölner gilt, bereits für Hits und lyrische Geniestreiche. Die Alben von Wolf Maahn haben Tiefgang und machen trotzdem Spass, seine Songs pendeln zwischen sehnsüchtigen Liebesschwüren und beißender Ironie. Seine Konzerte, ob mit Band oder als One-Man-Show, sind stets von einer leichten Verwirrtheit umweht, die ihn ungemein sympathisch macht. Eines ist der mittlerweile 60-Jährige von Anfang an gewesen und bis heute geblieben: Ehrlich und geradeaus. Das macht ihn in einem Genre, das grösstenteils nur noch auf Absatzzahlen und Radiotauglichkeit schielt, wertvoller denn je.
Nach einem leichten Karriereknick in den Neunziger Jahren veröffentlicht Wolf Maahn spätestens seit 2010 mit “Vereinigte Staaten” oder “Lieder vom Rand der Galaxis” wieder ein gutes Album nach dem anderen. “Sensible Daten”, insgesamt die Nummer 13, macht da keine Ausnahme. Neben der Tatsache, dass er alle dreizehn Songs (inklusive Bonus-Track) selbst geschrieben und produziert hat, kann sich Wolf Maahn der Unterstützung einer exzellenten Begleitband sicher sein, mit der er dann ab September auch wieder auf ausgedehnte Tour geht, die ihn bis Ende April des kommenden Jahres durch 28 deutsche Städte führt.
Der Opener “Montagssong” ist eine wunderbar lässige Blues-Nummer, die live mit Sicherheit für viele im Takt schwingende Arme und einen soliden Mitsingchor sorgen wird. Später gibt es noch einen “Dienstagssong” und beide feiern sie die Zukunft und den Aufbruch zu neuen Ufern. “Gelobtes Land” oder “Schlaflos in Eden” erinnern an die alten verträumten Highlights der Marke “Ich wart’ auf dich”, die man schon tausendmal gehört hat und trotzdem niemals wieder vergessen wird. Sternschnuppensturm und Gänsehaut inbegriffen. “Fallen in deine Arme” hat zwar einen etwas sperrigen Titel, ist ansonsten aber ähnlich grosses Gefühlskino wie die melancholische Hoffnung auf bessere Zeiten, die er in “Über uns” beschreibt.
Leicht schräg wird es mit dem reggaelastigen “Konkurrenztanz”, doch das gehört bei Wolf Maahn ebenso dazu wie die eingestreuten Oh-oh’s und Hey-hey’s. “Wer ich bin könnt ihr nicht haben” singt er dann auch folgerichtig im Titelsong, der ebenso gut ins Zeitalter der Neuen Deutschen Welle gepasst hätte. Dazwischen liegen mit “Zoll Achtung!” und “Vom selben Strand” zwei wahre Meisterwerke, die auf den Tanzflächen der Republik für ausgiebigen Bewegungsdrang sorgen werden, wenn sich jemand traut sie zu spielen. In die gleiche Kerbe haut “Homo Sapiens”, nur eine Spur hymnischer und weniger euphorisch. Neben all dem kann Maahn selbstverständlich rocken wie eine “coole Sau”, was er im selbstironischen “TV aus dem Hotelzimmer” beweist.
“Sensible Daten” hat wieder viele dieser maahntypischen Songmomente abseits der angestrengten Kopflastigkeit eines Herbert Grönemeyer oder des mittlerweile auf Hochglanz polierten Langweilerpops eines Marius Müller-Westernhagen. Wer es nach all den Jahren im deutschsprachigen Musikzirkus schafft, ein solch abwechslungsreiches und souveränes Album aus dem Ärmel zu schütteln, ohne dabei in irgendwelche Plattitüden oder schmalzigen Pathos abzurutschen, der muss ein ganz Großer sein.
Rückblick: Nach einem dreijährigen Schreib- und Aufnahmeprozess erscheint 2004 ein neues Studioalbum von Wolf Maahn. Es ist das erste nach “Soul Maahn” mit ausschließlich neuen Songs. Sein Titel: “Zauberstrassen”. Wolf Maahn beschreitet darauf für ihn völlig neue musikalische Wege und experimentiert mit Industrial-, Rock- und Dance-Elementen. Als seine damalige Plattenfirma Universal genau in der Release-Phase das gesamte zuständige Team des Motor Labels entlässt, gerät auch “Zauberstrassen” in schwieriges Fahrwasser. Trotzdem trifft das Album bei Fans und Kritikern gleichermaßen auf Zustimmung. Für Wolf Maahn selbst bleibt die verpatzte Veröffentlichung jedoch eine grosse Enttäuschung, die schließlich zur Trennung von Universal führt. Nach langwierigen Verhandlungen gelingt es ihm immerhin sich die Rechte an “Zauberstrassen” zurückzuholen. Bis zum nächsten Wolf Maahn-Album mit ausschließlich neuen Songs wird es danach übrigens weitere sechs Jahre dauern, aber das ist eine andere Geschichte…
Gegenwart: Fast ein Jahrzehnt nach dem ursprünglichen Release erscheint “Zauberstrassen” nun frisch remastered und mit dem Zusatz “Revisited” auf Wolf Maahn’s eigenem Label Libero Records quasi neu. Erweitert um eine zweite CD mit 16 zum Teil bislang unveröffentlichten Songs. Wenn man “Zauberstrassen” heute hört, dann wirken die elf Stücke immer noch ein wenig wie aus der Zeit gefallen. Ich persönlich bin nie so wirklich damit warm geworden. Mir ist der Stilmischmasch nach wie vor eine Spur zuviel des Guten. Dabei hat “Zauberstrassen” mit “Schatzjäger” oder “Treibsand” einige wahre Perlen zu bieten. Was den Re-Release aber erst lohnenswert macht, ist die Zugaben-CD, die einige feine Entdeckungen bereithält.
Zum einen sechs unveröffentlichte Live-Takes der “Zauberstrassen”-Tour, aufgenommen in der Hamburger Fabrik beim 1.000sten Wolf Maahn-Konzert am 1. April 2004, darunter auch “Here Comes The Sun” von den Beatles. Dazu gibt es lange Zeit unvollendete Songs der “Zauberstrassen” Studio Sessions, wie etwa “Fest der Liebe” oder das zweiteilige Dance Opus “Es La Musica!” und last but not least remasterte Stücke aus vergangenen Studioalben, die zum größten Teil nicht mehr erhältlich waren. Zum Beispiel die “Ich wart auf dich”-Interpretation des vergriffenen 2001er “Absolut Best Of” oder die Synthiepop-Hymne “Mutter Erde”, die Wolf Maahn 1997 für den Greenpeace-Sampler “Taten statt Warten” produzierte.
So wird “Zauberstrassen Revisited” letztlich doch zu einer runden Sache, die sich auch für all diejenigen lohnt, die das Original-Album bereits im CD-Regal stehen haben. Die liebevolle Aufmachung beweist zudem, wie stolz Wolf Maahn bis heute auf das Album ist. “Die Leute wollen Wunder hören und alle leidenschaftlichen Musiker sind damit beschäftigt, in diese Zauberstrassen vorzustoßen”, hat er einmal gesagt. Er hat es längst geschafft!
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Im vergangenen Jahr feierte Wolf Maahn mit dem grossartigen Solo Live-Album “Lieder vom Rand der Galaxis” seinen 30. Geburtstag. Natürlich rein musikalisch gesehen. “Deserteure” hieß sein Erstlingswerk von 1982 und es ist bemerkenswert, wie aktuell seine Texte, sogar viele aus den 80er Jahre-Songs, auch heute noch sind. Auf Solopfaden wandelt der 58-jährige Wahl-Kölner tourmäßig allerdings erst seit 2005. Als “Ein-Maahn-Band” verlässt er sich dabei ganz auf seine Spontaneität, seinen direkten Zugang zu den Fans und die Unberechenbarkeit seiner gerne mal etwas längeren Ansagen. Wolf Maahn hat die seltene Gabe die Leute emotional mitzunehmen. Er wirkt authentisch, witzig und immer ein klein wenig verpeilt.
Die Bonner Harmonie ist heute überraschenderweise bestuhlt. Im Saal herrscht eher Kneipen- als Konzertatmosphäre. Diejenigen, die keinen Sitzplatz mehr ergattert haben, müssen halt stehen, was sich im Verlaufe des Abends bewegungstechnisch jedoch als Vorteil erweist. Auf der Bühne bilden fünf Gitarren, ein Barhocker, eine Cajoon und ein stilisierter Mond den stimmungsvollen Rahmen. Wolf Maahn spielt als Linkshänder von jeher Rechtshändergitarren, die er einfach umdreht ohne die Saiten umzuspannen und so in aller Regel die hohen Töne zuerst anschlägt.
Um kurz nach 20 Uhr wird er mit lautem Jubel begrüsst. Eine Gitarre, ein stampfender Fuß und dann geht es los mit “Treibsand” von seinem 2004er “Zauberstrassen”-Album, das am 15.11. übrigens in einer um 16 Songs erweiterten Neuauflage erscheint. Ungewöhnlich früh im Set findet sich der Klassiker “Rosen im Asphalt”. Wolf Maahn sprüht vor Wortwitz und Spielfreude. Als er sich bei “Vereinigte Staaten” doch mal verhaspelt, überspielt er das gewohnt nonchalant und mit einem breiten Grinsen. “Wie war euer Tag?” fragt er vor “Durch alle Zeiten” und zieht seine Jacke aus. Es beginnt warm zu werden in der Harmonie. “Kind der Sterne” sorgt für den ersten Kloß im Hals, bevor das nicht minder gänsehautintensive “Total verliebt in dich” nach 55 Minuten eine kurze Pause einläutet. Zeit um Durchzuatmen, ein frisches Bier zu holen und den Gefühlshaushalt neu zu sortieren.
“Selbstrespekt” ist der Auftakt zum zweiten Teil. Danach erzählt Wolf Maahn von einem Dialog zwischen Angela Merkel und Barack Obama, die ja anscheinend seit Jahren in engem Handykontakt stehen, ohne es zu wissen und lässt “Irgendwo in Deutschland” folgen. Das Stück wird von den Fans würdig abgefeiert und so langsam beginnen die Stühle beim Tanzen zu stören. Spätestens zu “Kathedralen von Zahlen” mit einem beeindruckenden Gitarrenintro gibt Wolf Maahn endgültig Gas und die anschließenden “Freie Welt” und “Blinder Passagier” (aus dem zwischendurch “Knockin’ On Heavens Door” wird) singen die Bonner lautstark mit. Zuvor bekomme ich mit “Ich wart’ auf dich” noch meine ganz persönliche Heulnummer. Man hat fast den Eindruck, als würde man zuhause im Wohnzimmer sitzen, mit guten Freunden die alten Schallplatten anhören und in gemeinsamen Erinnerungen schwelgen.
Zum ersten Zugabenblock erscheint Wolf Maahn mit Zigarette. Nach “Der Clown hat den Blues” und “Wenn der Regen kommt” ist er wieder weg. Doch er hat die Rechnung ohne Bonn gemacht. “Direkt ins Blut”-Sprechchöre fordern eine weitere Zugabe. Hier will schon lange keiner mehr sitzen! Wolf Maahn lässt sich angesichts der herrschenden Begeisterung natürlich nicht lumpen und schiebt “Stunde um Stunde” und “Kleine Helden” hinterher. Nach fast zweieinhalb Stunden verabschiedet er sich von einem “5-Sterne-Publikum” (O-Ton), das ihm für ein 5-Sterne-Konzert mit stehenden (!) Ovationen dankt.
Die grosse Kunst und das grosse Geheimnis von Wolf Maahn ist, sich zwar immer wieder neu zu erfinden, dabei aber stets unverwechselbar zu bleiben. Und das mit der ihm eigenen schmunzelnden Lässigkeit. Hoffen wir, dass ihm seine lyrischen Geniestreiche nie ausgehen. In der Harmonie hat er einmal mehr bewiesen, dass man für einen wundervollen Abend nicht viel mehr braucht als fünf Gitarren, einen Barhocker und eine Cajoon.
Wenn man nicht alles selber macht… Mitte Dezember in Köln: Die Chefredaktion verabschiedet sich in den vierwöchigen Urlaub, während die geknechtete Schar der Redakteure und Fotografen noch tief gebeugt über den aus rohem Holz gezimmerten Schreibtischen sitzt, die letzten Reviews schreibt, Fotos bearbeitet und sich im ungeheizten Redaktionsbüro den A…llerwertesten abfriert. Eine Woche später kommt dann eine Postkarte aus der Karibik: “Denkt daran, dass alle den Poll ausfüllen. Der Praktikant kümmert sich drum!”. Der Praktikant? Der Praktikant, der 24 Stunden am Tag in seinem fensterlosen 8-qm-Raum still vor sich hin schuftet? Genau der! Und deshalb ist er hier also wieder: Unser traditioneller Jahresrückblick aus der Musicheadquarter-Redaktion in 12 Kategorien. Okay, manche haben geschummelt, einige haben sich gedrückt (“Mir ist zu kalt”), aber wir hoffen ihr habt trotzdem ein wenig Spass mit unseren Tops und Flops 2012!
In diesem Sinne bedanken wir uns bei euch und all unseren Promo-Partnern für die Treue und grossartige Zusammenarbeit in den vergangenen zwölf Monaten und wünschen allen einen bruchsicheren Rutsch und ein neues Jahr voller guter Musik! Bleibt gesund, munter und vor allem neugierig!
Eure Musicheadquarter-Chefredaktion (auf der Suche nach der nächsten Cocktailbar…)
MARC BRÜSER
Beste Neuentdeckung:
Nothington
Größte Live-Überraschung:
Sick Of It All auf dem Area 4 (Ruhe in Frieden) in diesem Jahr. Lustige Aktionen mit Wasserschlauch in die Menge halten und Wall Of Death. Sum 41, Köln – ich hatte wirklich schlimmes erwartet, aber das Konzert war mit eines der besten in diesem Jahr.
Top 3 – Alben 2012:
Nothington “Borrowed Time”
Blumentopf “Nieder mit der GbR”
The Offspring “Days Go By”
Flop 3 – Alben 2012:
Justin Bieber “Believe”
Cro “Raop”
Green Day “Uno!”
Top 3 – Konzerte 2012:
Broilers, Düsseldorf
Donots, Area 4
Nothington, Köln
Flop 3 – Konzerte 2012:
Bullet For My Valentine, Area 4 – Eine Lachnummer, die ihresgleichen sucht.
The Gaslight Anthem, Köln – haben sehr unmotiviert gewirkt
Prinz Pi, Köln – viel zu viele Balladen.
Bestes Festival:
Area 4 – Das beste Festival, welches je stattgefunden hat und nie mehr geben wird.
Musikmoment des Jahres:
Wall Of Death bei Sick Of It All (wieder Area 4), wo die Security einen Wasserschlauch in die Menge gehalten hat. Und Social Distortion – “I Was Wrong” live zu hören (ihr könnt euch denken wo).
Enttäuschung des Jahres:
Und wieder: Der Tod des Area 4 (Wir haben es verstanden. Anm.d.Praktikanten)!
Held des Jahres:
Jay Northington, ein absolut genialer Musiker, der es schafft mit simplen Melodien Berge zu versetzen.
Gute Vorsätze für 2013:
Die Buchhaltung nicht wegen jedem Kleinscheiß anzurufen.
MICHAEL HASS
Beste Neuentdeckung:
Alt-J
Größte Live-Überraschung:
Joss Stone
Top 3 – Alben 2012:
Alt-J “An Awesome Wave”
…And You Will Know Us By The Trail Of Dead “Lost Songs”
Calexico “Algiers”
Flop 3 – Alben 2012:
The Faceless “Autotheism”
Down “Down IV Part I”
Fear Factory “The Industrialist”
Top 3 – Konzerte 2012:
Jack White im E-Werk Köln
Deichkind im Palladium Köln
Mono im Gebäude 9 in Köln
Flop 3 – Konzerte 2012:
Of Monsters And Men im E-Werk Köln
Wilco im E-Werk Köln
Bestes Festival:
Leider dieses Jahr keine Zeit für Festivals…
Musikmoment des Jahres:
Die Überraschung war groß als eine Handvoll sehr hübscher Frauen elfengleich in weißen Kleidern die Bühne enterten und sich als unfassbar gute Backingband für Jack White erwiesen…
Enttäuschung des Jahres:
Unsere Bundesregierung beschliesst die Herdprämie… Politik aus der Steinzeit.
Held(en) des Jahres:
Alle Menschen die sich selbstlos und ehrenamtlich für Andere einsetzen… die kleinen Taten zählen (Endlich denkt mal einer an mich! Danke! Anm.d.Prakt.)!
Depp(en) des Jahres:
Unsere Bundesregierung
Gute Vorsätze für 2013:
Mehr Spocht, weniger Suff – mmmhhh… wie jedes Jahr…
LANA GIESE
Beste Neuentdeckung:
Imagine Dragons
Größte Live-Überraschung:
Jennifer Rostock
Top 3 – Alben 2012:
Kraftklub “Mit K”
Deftones “Koi No Yokan”
The Gaslight Anthem “Handwritten”
Flop 3 – Alben 2012:
Green Day “Dos”
Cro “Raop”
Top 3 – Konzerte 2012:
Jennifer Rostock
Placebo
Your Demise
Flop 3 – Konzerte 2012:
Red Hot Chili Peppers – auch wenn ich gesteinigt werde, aber die Jungs haben meine Erwartungen leider nicht erfüllt (Wo sind meine Steine? Anm.d.Prakt.).
Angels & Airwaves – tolles Konzert aber das gewisse Etwas hat gefehlt.
Bestes Festival:
Vainstream (ein Tag volle Power).
Musikmoment des Jahres:
Jennifer Rostock beim CSD.
Enttäuschung des Jahres:
Blink 182 nicht zu sehen!
Held des Jahres:
Brian Fallon (The Gaslight Anthem)
Gute Vorsätze für 2013:
Weiter so!
SHIRIN KAY
Beste Neuentdeckung:
Mist Within
Größte Live-Überraschung:
Whalerider
Top 3 – Alben 2012:
Crippled Black Phoenix “Mankind The Crafty Ape”
Gazpacho “March Of Ghosts”
Kaizers Orchestra “Violeta Vol. III”
Flop 3 – Alben 2012:
keine
Top 3 – Konzerte 2012:
Crippled Black Phoenix
Pain Of Salvation
Gazpacho
Flop 3 – Konzerte 2012:
Katatonia
Lis Er Stille
Gavin Harrison & 05RIC
Bestes Festival:
keins
Musikmoment des Jahres:
Crippled Black Phoenix in der Harmonie Bonn (Rockpalast).
Enttäuschung des Jahres:
Anathema Acoustic Show
Held des Jahres:
Mein Vater
Depp des Jahres:
Mitt Romney
Gute Vorsätze für 2013:
Noch mehr gute Konzerte besuchen und fotografieren!
STEFAN KAULEN
Beste Neuentdeckung:
Art By Numbers
Größte Live-Überraschung:
Give Em Blood
Top 3 – Alben 2012:
Gojira “L’Enfant Sauvage”
Cattle Decapitation “Monolith Of Inhumanity”
Pig Destroyer “Book Burne”
Gute Vorsätze für 2013:
Das 500ste Konzert fotografieren (Lokalrunde! Anm.d.Prakt.).
THOMAS KRÖLL
Beste Neuentdeckung: Led Zeppelin
Größte Live-Überraschung: Bob Mould
Top 3 – Alben 2012: Ich nenne vier… dafür aber nur zwei Flop-Alben… Brad “United We Stand”
Chris Robinson Brotherhood “Big Moon Ritual”
Wolf Maahn “Lieder vom Rand der Galaxis”
Black Country Communion “Afterglow”
Flop 3 – Alben 2012:
Ben Harper “By My Side”
Aerosmith “Music From Another Dimension”
Top 3 – Konzerte 2012: Foo Fighters, O2 Arena, Prag
Peter Gabriel, König Pilsener Arena, Oberhausen
Bruce Springsteen & E Street Band, RheinEnergie Stadion, Köln
Soundgarden, FZW, Dortmund (Das sind wieder vier! Hält sich hier überhaupt jemand an die Regeln? Anm.d.Prakt.)
Flop 3 – Konzerte 2012: Rich Robinson, Luxor, Köln
Alabama Shakes, Live Music Hall, Köln
Musikmoment des Jahres: 10 Jahre Musicheadquarter!
Und einige schöne Interviews, aber insbesondere das mit Jan Plewka und Leo Schmidthals von Selig, die sich am Ende eines langen Tages noch fast eine Stunde Zeit nahmen.
Enttäuschung des Jahres: Das ganze Musikjahr 2012 war eine Enttäuschung. Und der völlig unnötige Abstieg des FC.
Held(en) des Jahres: Meine Familie (im engeren und weiteren Sinne)
Depp(en) des Jahres: Jede Menge! Vor allem die ganzen religiös Verblendeten (egal welchen Glaubens), die meinen, dass ihr Gott der einzig Wahre ist. Aber auch ihr werdet irgendwann merken, dass die Erde keine Scheibe ist!
Gute Vorsätze für 2013: Interview mit Dave Grohl! (Träum weiter! Anm.d.Prakt.)
MIRIAM ROBELS
Beste Neuentdeckung:
Reptile Youth
Größte Live-Überraschung:
We Are Augustines (wow!) und Die Orsons (ja, wirklich).
Top 3 – Alben 2012:
Habe viele “Tops”, spontan fallen mir diese ein:
Reptile Youth “Reptile Youth”
Friends “Manifest!”
Lana Del Rey “Born To Die – ist ein bisschen peinlich, aber da muss ich durch.
Top 3 – Konzerte 2012:
Hier muss ich ganz rebellisch die Regeln brechen und auf meine Top 5 ausweichen (grrrrrr… Anm.d.Prakt.):
We Are Augustines – das letzte Konzert der 15-monatigen Tour. So gut, dass selbst der Klomann rauskommt, um zu gucken, was da los ist.
Boots Electric – mit Fotos aus der Pogogrube. Ab der Hälfte dann ein Eagles Of Death Metal Konzert.
Reptile Youth – alle Gerüchte stimmen.
Moneybrother – zum Jahresende noch reingerutscht. Großartige Liveband, immer wieder.
We Were Promised Jetpacks – stillstehen und nicht glauben wollen, dass der Typ auf der Bühne das gerade wirklich live singt.
Musikmoment des Jahres:
Die Ärzte und Jack White spielen am selben Tag in Köln.
Enttäuschung des Jahres:
Ich hatte Ärzte-Karten und hätte Jack White-Karten kaufen sollen.
Held(en) des Jahres:
Security bei Konzerten, die auf meine Kamera aufpasst, damit ich da bleiben kann. Anders Wendin – hat meinen Namen gesagt.
Depp(en) des Jahres:
Der Film “Rock Of Ages”. Ein Film, der aus klassischen 80er Jahre Rocksongs fröhlich-glitzernde Glee-Songs macht und das mit einer der dümmsten Handlungen seit jedem beliebigen Teenie-Film verbindet. Wer allerdings gerne aus Augen und Ohren blutet, sollte sich den Film mal ansehen. Und Lana Del Rey – machte mir mit starrem Blick auf den H&M-Plakaten jeden Morgen Angst auf dem Weg zur Arbeit.
THORSTEN SCHMIDT
Größte Live-Überraschung: Neneh Cherry & The Thing
Top 5 – Alben 2012:
Für Flops hatte ich keine Zeit in 2012! (Ich geb’s auf… Anm.d.Prakt.)
Motorpsycho & Stale Storlokken “The Death Defying Unicorn”
CAN “The Lost Tapes”
Animal Collective “Centipede HZ”
The Swans “The Seer”
Neil Young & Crazy Horse “Psychedelic Pill”
Top 5 – Konzerte 2012:
Pearl Jam – Amsterdam II, Ziggo Dome
Motorpsycho mit Orchester – Oslo, Oper
Animal Collective – Rolling Stone Weekender
Primus – Köln, Live Music Hall
Here We Go Magic – Rolling Stone Weekender
Musikmoment des Jahres:
“Crown Of Thorns” endlich live
Bestes Festival:
Weekendfest Köln
Held(in) des Jahres:
Meine Tochter
Depp des Jahres:
DFB
INGRID SILVASI
Beste Neuentdeckung:
Meine persönliche: Philipp Poisel, auch wenn kleine Mädchen ihn schon länger anschmachten… ich bin durch einen Zeitungsartikel erst vor kurzem auf ihn aufmerksam geworden und die Dortmunder Konzertkritik war so gut geschrieben, dass ich in der Mittagspause direkt das Album kaufte und es nicht bereut habe.
Größte Live-Überraschung:
Russkaja – Wacken-Stimmung auf dem Höhepunkt!
Top 3 – Alben 2012:
Philipp Poisel “Projekt Seerosenteich” …und das für mich als Metalbraut! (Headbangen in Zeitlupe. Du machst mir Angst! Anm.d.Prakt.)
Paradise Lost “Tragic Idol”
Tremonti “All I Was”
Flop 3 – Alben 2012:
Richie Sambora -“Aftermath Of The Lowdown” (nicht direkt ein Flop, jedoch für mich recht enttäuschend).
Top 3 – Konzerte 2012:
Richie Sambora – Berlin, Huxley: trotz enttäuschendem Album ein grandioses Konzert!
Opeth – Bochum, Christuskirche: Gänsehaut wegen Atmosphäre, Licht, Songauswahl. Schade nur, dass es keine Zugaben gab…
Annihilator auf dem 70.000 Tons
Flop 3 – Konzerte 2012:
Epica in Berlin – war ganz nett, aber mehr auch nicht… habe mich an der Band satt gesehen…
Bestes Festival:
Mit dem 70.000 Tons Of Metal-Schiff durch die Karibik schippern und dabei mit Metal beballert zu werden! Bereits zum zweiten Mal nicht enttäuscht worden!
Musikmoment des Jahres:
Unzählige Momente auf dem 70.000 Tons-Schiff… mit Jeff Waters quatschen, Bobby Blitz mit seiner Frau bei der Delphin-Show treffen, Michael von In Extremo total betrunken erleben, mit Kenny Winter über Tourismus philosophieren, im Fitness-Center auf Anette Olzon treffen, mit Mary Demurtas und Fabio Lione auf Italienisch plaudern und vieles mehr!
Und: Henry Rollins Spoken Words auf dem Wacken-Festival – habe großen Respekt vor ihm!
Enttäuschung des Jahres:
Die Europäische Union schwindet dahin.
ANDREAS WEIST
Beste Neuentdeckung:
Mumford & Sons
Größte Live-Überraschung:
Royal Republic
Top 5 – Alben 2012:
Birdy “Birdy”
Kylie Minogue “Abbey Road Sessons”
Purple Schulz “So und nicht anders”
Muse “The 2nd Law”
Cro “Raop”
Flop 3 – Alben 2012:
Robbie Williams “Take The Crown”
Mando Diao “Infruset”
The Killers “Battle Born”
Top 3 – Konzerte 2012:
Philipp Poisel – Projekt Seerosenteich
Westernhagen – Hottentottenmusik
Gregor Meyle – Meile für Meyle
Flop 3 – Konzerte 2012:
keine
Bestes Festival:
Burg Herzberg Festival
Musikmoment des Jahres:
Udo Lindenberg (egal was er macht)
Enttäuschung des Jahres:
Gottschalk beim Supertalent
Held(en) des Jahres:
Pussy Riot
Depp des Jahres:
Peer Steinbrück
Gute Vorsätze für 2013:
Diesmal nicht!
ASTRID WEIST
Beste Neuentdeckung:
Christina Perri und Fun!
Größte Live-Überraschung:
Wallis Bird als Support von Boy im Exhaus Trier
Top 3 – Alben 2012:
Anna Depenbusch “Sommer aus Papier”
Gregor Meyle “Meile für Meyle”
Purple Schulz “So und nicht anders”
Flop 3 – Alben 2012:
Ich habe keine Zeit, mir schlechte Alben anzuhören!
Top 3 – Konzerte 2012:
Maria Mena Viktoria Tour im E-Werk Köln
Gregor Meyle live im Café Hahn in Koblenz
Philipp Poisel live in der Philharmonie Luxemburg (Meine Güte, was hat dieser Philipp Poisel nur was ich nicht habe??? Anm.d.Prakt.)
Flop 3 – Konzerte 2012:
Ich habe auch keine Zeit, mir schlechte Konzerte anzuhören!
Musikmoment des Jahres:
Auftritt mit dem Chorschatten beim Herbstkonzert in Fohren-Linden.
Held(en) des Jahres:
Alle, die trotz des angekündigten Weltuntergangs noch ein Apfelbäumchen gepflanzt haben.
Depp(en) des Jahres:
Alle, die sich freiwillig der öffentlichen Beurteilung durch Dieter Bohlen ausgesetzt haben.
Gute Vorsätze für 2013:
Zumindest nichts schlechter zu machen als 2012!
THOMAS WELSCH
Beste Neuentdeckung:
Witchcraft
Größte Live-Überraschung:
Billy Talent, 9.10., Düsseldorf
Top 3 – Alben 2012:
Motorpsycho & Stale Storloekken “The Death Defying Unicorn”
Baroness “Yellow & Green”
Deftones “Koi No Yokan”
Neil Young & Crazy Horse “Psychedelic Pill”
Torche “Harmonicraft”
Flop 3 – Alben 2012:
Brad “United We Stand”
Top 3 – Konzerte 2012:
Motorpsycho & Stale Storloekken, Leuven
Pearl Jam, Kopenhagen
Billy Talent, Düsseldorf
Flop 3 – Konzerte 2012:
keins
Musikmoment des Jahres:
Pearl Jam Konzert während “Baba O’Riley”.
BETTINA ZIMMERMANN
Beste Neuentdeckung:
Admiral Fallow
Jake Bugg
Größte Live-Überraschung:
Parov Stelar Band
Reptile Youth
Top 5 – Alben 2012:
Mumford & Sons “Babel”
Keane “Strangeland”
Of Monsters And Men “My Head Is An Animal”
Borko “Born To Be Free”
The Lumineers “The Lumineers”
Flop 3 – Alben 2012:
The Killers “Battle Born”
Placebo “EP3 (EP)”
Billy Talent “Dead Silence”
Top 5 – Konzerte 2012:
Mumford & Sons – Hurricane Festival, Scheeßel
Two Door Cinema Club – Große Freiheit 36, Hamburg
Nada Surf – Markthalle, Hamburg
Keane – Docks, Hamburg
Beatsteaks – FM4 Frequency Festival, St.Pölten Österreich
Flop 3 – Konzerte 2012:
New Order – Hurricane Festival, Scheeßel
The Stone Roses – Hurricane Festival, Scheeßel
Hey Rosetta! – Haus 73, Hamburg
Bestes Festival:
Open Air – Hurricane Festival Scheeßel
Clubfestival – Reeperbahn Festival Hamburg
Musikmoment des Jahres:
Musikpreis HANS in Hamburg
Enttäuschung des Jahres:
Konzertabbruch von Placebo nach nur einem Song auf dem FM4 Frequency Festival.
Held des Jahres:
RIP Oscar Niemeyer (Architekt von Brasilia)
Depp(en) des Jahres:
Rücksichtslose Zuparker in meiner Straße.
Gute Vorsätze für 2013:
Mehr und vor allem regelmäßig Erholungsurlaub (Urlaub? Was ist Urlaub? Anm.d.Prakt.)!
Im August erschien Wolf Maahn’s erstes Solo-Live-Album “Lieder vom Rand der Galaxis”. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass er nun schon seit sieben Jahren regelmäßig alleine auf Tour geht. Anfangs gab es noch Zweifel. Kann nur eine Gitarre eine Band ersetzen und den ganzen Abend genug Abwechslung liefern? Sie kann! Wolf Maahn hat das inzwischen oft genug bewiesen, auch wenn er das Rechtshänder-Instrument linksrum spielt und das immer noch ein bißchen durchgeknallt aussieht. In diesem Jahr feiert er sein dreißigjähriges Jubiläum. Was also lag da näher, als die “Ein-Maahn-Band” erneut mit den “Liedern vom Rand der Galaxis” auf eine Reise über den kleinen blauen Planeten zu schicken?
Heute abend landet er in seiner Wahlheimat Köln, genauer gesagt im schönen Stadtteil Nippes. Hier steht eine neogotische Lutherkirche. Neben den allsonntäglichen Gottesdiensten werden dort seit zehn Jahren auch Konzerte veranstaltet. Das Nippeser Gotteshaus hat sich inzwischen als “Kulturkirche Köln” weit über die Grenzen der Domstadt hinaus einen Namen gemacht. Das Ambiente im Inneren ist wirklich einzigartig. Die hohen Mauern sorgen für eine tolle Akustik, der Altar ist durch eine Bühne ersetzt, an den Wänden hängen Lichttraversen neben Heiligenfiguren und eine Theke sieht man in einer Kirche auch nicht alle Tage. Die engen Bänke sind rappelvoll als Wolf Maahn nahezu pünktlich um 20 Uhr auf seinem Barhocker Platz nimmt, um sich herum vier Gitarren, ein Mikro, einen Notenständer und eine flachgelegte Cachon, auf der er sich mit dem rechten Fuß selbst rhytmisch begleitet. Im Hintergrund hängt passend zum Albumtitel ein weißer Mond vor einem Sternenhimmel.
Er beginnt sein Set mit “Flucht nach vorn” und “Vereinigte Staaten” von seinem gleichnamigen letzten Studioalbum. Bei “Durch alle Zeiten” wird dann erstmals gegroovt. Wolf Maahn ruft “Wir wollen Spaß haben” und die Leute vor ihm tauen spürbar auf. Anschließend träumen alle mit dem wunderbaren “Kind der Sterne”. Leider ist der Gitarrensound im Verhältnis zur Stimme eine Spur zu laut abgemischt. Doch Wolf Maahn überspielt das gewohnt nonchalant. Egal ob er vor “Nothing But A Heartache” erstmal seine Gitarre stimmen muss oder sich während “Total verliebt in dich” im Text verhaspelt, es sind diese kleinen Patzer, die den 57-Jährigen so sympathisch machen. Bei “Unter einem großen Himmel” versinkt er förmlich in seinem Gitarrespiel und freut sich wie ein kleines Kind über die Publikumschöre zu “Wenn der Regen kommt”. Anschließend macht er überraschenderweise fünfzehn Minuten Pause. Erfreulicherweise ist der Sound danach deutlich besser.
Mit den beiden Klassikern “Rosen im Asphalt” und “Irgendwo in Deutschland” geht es weiter. Jetzt tobt die Kulturkirche vor Begeisterung. Es folgt meine persönliche Gänsehaut-Nummer “Ich wart’ auf dich”. Wie immer erzählt Wolf Maahn (“Ich laber heute auch Scheiße”) das ein oder andere Anekdötchen. So analysiert er vor “Kathedralen von Zahlen” für uns das Bankensystem: “Die Banken leihen sich untereinander nichts mehr. Die sind misstrauisch. Komisch, oder?”. Schließlich geht er mit “Deine Küsse” (von 1983) und “Blinder Passagier” (1982) ganz weit zurück bis zu seinen Anfängen mit den Deserteuren. Zwischendurch schweift er in Bob Dylan’s Kultsong “Knockin’ On Heaven’s Door” ab, bevor es an die Zugaben geht.
Die starten mit “Eins für die Schwärmer” vom 2004er “Zauberstraßen”-Album, das es übrigens bald als aufwändigen Re-Release geben wird. “Sterne in meinen Schuh’n” widmet Wolf Maahn seiner Frau Angelika. Den würdigen Schlußpunkt setzt dann nach über zwei Stunden “Kleine Helden”. Die Kulturkirche hat sich da schon längst erhoben und feiert einen grossartigen Konzertabend und einen sichtlich überwältigten Wolf Maahn. Noch in derselben Nacht schreibt er auf Facebook: “Diesen Abend werde ich so schnell nicht vergessen! Danke Köln, danke Nippes! Danke der Kulturkirche! Ihr habt gerockt!!”. Der Dank ist ganz auf unserer Seite, Wolf. Und vergiß nicht zu tanzen!
Solokonzerte von Wolf Maahn galten lange Zeit als seltene Ausnahmen. Es waren eher kurze Auftritte, wie beim legendären Wackersdorf-Festival vor 120.000 Zuschauern oder einer Benefiz-Gala in der Bonner Oper. Erst 2005 kam der 57-jährige Wahl-Kölner zu der Erkenntnis, dass “die Solo-Shows rocken”. Seitdem sind sie erfreulicherweise zum festen Bestandteil seines alljährlichen Tourkalenders geworden. Wer die “Ein-Maahn-Band” schonmal live auf der Bühne erlebt hat, der weiß, wie intensiv ein solcher Abend für Künstler und Fans gleichermaßen ist. Davon kann man sich nun auch endlich auf Wolf Maahn’s erstem Solo-Live-Album “Lieder vom Rand der Galaxis” überzeugen. Dabei hat er sich gegen die Veröffentlichung ebenfalls lange gesträubt. Die bange Frage war: “Funktioniert das auch auf einer kleinen Stereoanlage in einem Wohnzimmer irgendwo in Deutschland?”. Die eindeutige Antwort lautet: Ja, es funktioniert!
Fünfzehn “Lieder vom Rand der Galaxis” hat Wolf Maahn für das Album ausgewählt, aufgenommen während der “Fieber Hautnah Solotour 2011” in Berlin, Kassel, Kiel, Leverkusen, Zwickau, Lübeck und Eppelborn. Passend zu seinem 30-jährigen Jubiläum, das er im September feiert, ist es gleichzeitig eine Art persönliches Best Of geworden. So finden sich in der Tracklist zahlreiche Klassiker wie “Rosen im Asphalt”, “Seltsamer Tag” und “Der Clown hat den Blues” ebenso wieder wie Songs seines letzten Studioalbums “Vereinigte Staaten” (“Unter einem großen Himmel” oder das wunderbare “Am heutigen Morgen”). Ganz gross ist das nahezu komplett veränderte “Kathedralen von Zahlen” mit einem furiosen Gitarrenintro. Nicht weniger herrlich interpretiert Maahn “Ich wart’ auf dich”, eines der schönsten deutschsprachigen Liebeslieder der Welt. Auch “Kind der Sterne” oder “Sterne in meinen Schuh’n” drücken kräftig auf die Tränendrüse. Wolf Maahn singt von Liebe, Hingabe und Freiheit und die Stücke gewinnen in ihrer reduzierten Form tatsächlich ein Nochmehr an emotionaler Kraft. Hinzu kommt mit “Nothing But A Heartache” ein völlig neuer Song. Rhythm & Blues gefärbter Rock at its best, ganz so wie wir es von Wolf Maahn seit nunmehr drei Jahrzehnten gewohnt sind.
Was ein klein wenig fehlt, sind die launigen Geschichten, die er üblicherweise während seiner Soloauftritte erzählt. Aber das hätte den Rahmen von 71 Minuten wohl deutlich gesprengt. Und dem ein oder anderen wird wie immer dieser oder jener Song fehlen. Doch darum geht es nicht. Es geht auf “Lieder vom Rand der Galaxis” darum, Wolf Maahn’s künstlerische Unabhängigkeit und Integrität zu dokumentieren, die ihn zwar vielleicht eine Karriere á la Westernhagen oder Grönemeyer gekostet hat, ihn aber immer authentisch und nah an den Fans bleiben ließ. Dazu reichen ihm eine Gitarre, ein stampfender Fuß und seine Stimme. Im Booklet bedankt er sich für all die Freude und den umarmenden Applaus, den er bei seinen Solokonzerten erlebt hat. Der Dank ist ganz auf unserer Seite.
Ab Oktober rockt Wolf Maahn dann auf seiner Jubiläumstour durch die folgenden Städte – natürlich wieder solo live: