Ein Geheimtipp sind sie schon lange nicht mehr. Auf Promo-Tour für ihr viertes Album füllen die Cold War Kids das Gebäude 9 daher mit Leichtigkeit – ausverkauft. Dass sie sich selbst „ausverkauft“ haben, indem sie ihren individuellen Sound zugunsten mainstreamtauglicher, Pop-orienterter Töne aufgegeben hat, wurde der Band in den letzten Jahren vermehrt von Kritikern und enttäuschten Fans vorgeworfen – und das neue Album in banger Erwartung herbei gesehnt.
Der Titel „Dear Miss Lonelyhearts“ ist angelehnt an den Roman „Miss Lonelyhearts“ von Nathanael West (1933), einer schwarzen Komödie über den Autor einer Zeitungs-Ratgeberkolumne. Sind hier Parallelen zu den eher mäßigen Kritiken der letzten Alben zu erkennen? Die Cold War Kids sind im Mainstream untergegangen, hieß es, der grungige Sound ausgetauscht gegen überproduzierte, polierte Pop-Titel.
Auch die neuen Songs lassen den minimalistischen Garage-Stil vermissen, und das überträgt sich auf die Stimmung im Publikum. Viele sind sicherlich eher aus nostalgischen Gründen hier. Das zeigt auch die enttäuschte Reaktion einiger Konzertbesucher, vor dem Auftritt der Band einen Blick auf die Setlist erhaschen können. Das neue Album soll promotet werden – da bleibt nicht viel Platz für die alten Hits.
Unter diesem schlechten Vorzeichen beginnt das Konzert eher mäßig. Sänger Nathan Willett scheint krank zu sein, seiner Stimme fehlt die eindrucksvolle Kraft, die eigentlich sein Markenzeichen ist. Die Stimmung wird gerettet durch Bassist Matt Maust und Gitarrist Jonnie Russell, die die Bühne und das Publikum rocken und dabei auch schon mal einen Bandkollegen liebevoll in die Schulter beißen. Die Energie des Publikums erreicht endlich ihren Höhepunkt, als ältere, bekannte Songs wie „Hang me up to dry“ und Old Saint John“ angestimmt werden. Schon ist die Menge wieder versöhnt!
Dass sie mit vollem Einsatz dabei sind – auch wenn es an diesem Abend etwas dauert – beweisen die Cold War Kids also auch heute wieder. Erst drei Wochen vor dem Konzert im Kölner Gebäude 9 wurde ihr Tour-Fahrer in Ohio Opfer eines bewaffneten Raubüberfalls – eine Kugel traf den Bus der Band, direkt dort, wo sich Nathan Willetts Schlafkoje befindet. Dennoch ging es gleich danach 14 Stunden weiter zum nächsten Gig. Mit besagtem Fahrer!
Die Cold War Kids werden sicherlich weiterhin für ausverkaufte Hallen und gute Albumverkäufe sorgen. Doch einen ganz winzigen Hoffnungsschimmer, dass sie Perfektion wieder gegen Originalität eintauschen, tragen wir dennoch in uns.