Wolfgang Niedecken und BAP auf Zeitreise in Mannheim
Mit dem 1983er Livealbum „Bess demnähx“ begann meine Liebe zur Musik von BAP. Daher hat es bis heute einen großen Stellenwert – ebenso wie die kultigen Studioalben „Für usszeschnigge!“ (1981) und „Vun drinne noh drusse“ (1982). Es waren die ersten Nummer-1-Alben der Band als Vorhut der vielen, die noch kommen sollten.
Beide Alben sind längst zu einem Stück deutscher Rock-Geschichte geworden, sie wirken über Generationen, sind von zeitloser Bedeutung. In den Jahrzehnten danach gelang BAP eine einmalige Karriere mit zahlreichen herausragenden Alben und Songs für die Ewigkeit. Man vergisst das zu oft, weil Niedecken niemand ist, der sich mit solchen Erfolgen brüsten würde: Zwölfmal erreichten BAP bis heute den ersten Platz der deutschen Albumcharts, das haben sonst nur die Beatles geschafft.
Und so ist die Mission klar, mit der BAP momentan auf Tour sind: Kein Song der Setlist ist jünger als vierzig Jahre. Fans sind aus dem Häuschen und die Konzerte allerorten ausverkauft. Am Wochenende beispielsweise in der Arena Trier und im Mannheimer Rosengarten. Konzertlänge natürlich solide drei Stunden – das war bei BAP immer schon gesetzt und wird in der Liveszene höchstens noch vom „Boss“ Bruce Springsteen übertroffen.
Für viele Fans gibt es momentan die perfekte Setlist. Zum Glück wird die Tour auch noch open air durch die kleineren Stadien gehen, so beispielsweise im August 2025 in St. Wendel. Die Arrangements der meisten Stücke sind fluide bei größtmöglichem Respekt vor den Originalversionen und der damaligen BAP-Besetzung. Sie leben, wie die Lieder selbst. BAP sind keine Jukebox ihres eigenen Katalogs, das würde nicht zu einer Band passen, die vor allem an der Gegenwart interessiert ist. Die aktuelle Besetzung mit (unter anderen) Ulrich Rode, Sönke Reich, Werner Kopal und Michael Nass macht einen hervorragenden Job.
Was soll man zur Zusammenstellung der Show viel sagen? Am besten lässt man die Musik sprechen. Und die Setlist hat es in sich: „Koot vüür aach“ als Hommage an die Minuten vor dem Auftritt und die legendären „Südstadt, verzäll nix“ sowie „Nemm mich met“. Der Mundart-Rock ’n‘ Roll von „Waschsalon“ funktioniert wie eh und je. „Nit für Kooche“ ist der ultimative Anti-Karnevals-Hit. Immer noch.
„Müsli-Män“ und „Wenn et Bedde sich lohne däät“ laden zum Mitsingen ein, doch es gab auch ruhige, fein arrangierte Klassiker wie „Wellenreiter“, „Jupp“ und natürlich „Do kanns zaubre“. Ein Akustik-Set wurde dazu genutzt, auch die seltenen Balladen wie „Fuhl ahm Strand“, „Weisste noch?“ und „Eins für Carmen un en Insel“ zu spielen. „Kristallnaach“ ist aktuell wie vor vierzig Jahren und wurde wie „Verdamp lang her“ abgefeiert. In den Ansagen wetterte Wolfgang gegen die AFD. Bei seinem Publikum musste er nicht mit Widerspruch rechnen.
Wenn man dachte, dass die besten Songs doch alle raus sind, gab es noch „Anna“, „Wahnsinn“ und „Helfe kann dir keiner“. Die Band mit Anne de Wolff an Geige und Cello, Axel Müller am Saxofon, Johannes Goltz an der Posaune, Benny Brown an der Trompete – das ergibt einen satten Sound. „Pause, Zugabe, alles Quatsch“, hatte Wolfgang schon zu Beginn gesagt – und Wort gehalten: „Wir spielen die dreißig Stücke einfach durch“. Es gab Hintergrundgeschichten zu manchen Songs, aber nicht zu viele. Alle Anekdoten hätten den Abend definitiv gesprengt und sind besser im Programmheft nachzulesen. Das Publikum verließ nach drei Konzertstunden beseelt die Halle – ja, so wollte man BAP nochmal erleben. Mission erfüllt!
Alle Fotos vom Konzert in Trier, 16.11.2024 – Credit: Simon Engelbert, PHOTOGROOVE