Philipp Poisel am 29.9.2018 in Trier – Konzertbericht
Philipp Poisel feiert im Jahr 2018 das zehnjährige Bühnenjubiläum. Grund genug, mal wieder auf Clubtour zu gehen und nach den großen Konzerten der letzten Jahre etwas kleinere Hallen anzusteuern. Die Europahalle Trier war in Windeseile ausverkauft und das Publikum zeigte sich altersmäßig bunt gemischt, aber ziemlich fest in weiblicher Hand, was man vor allem an den Mitsingparts während des Konzerts merken konnte.
Bevor es aber mit Philipp Poisel los ging, war der Support Luisa Babarro an der Reihe. Diese sang und spielte sich schnell mit leisen Klängen in die Herzen der Zuschauer. Sie erzählte von ihrer klassischen Ausbildung am Cello und dem Entsetzen, als plötzlich ein Pop-Künstler anfragte, ob sie ihn auf Tour begleiten würde. Mit dem Namen Philipp Poisel konnte sie damals gar nichts anfangen und sagte erst einmal ab. Doch gutes Zureden des Managements führte dann dazu, dass Luisa bei Poisels Projekt Seerosenteich dabei war. Viele der anwesenden Zuschauer haben sie in dieser Funktion schon live gesehen.
In Trier aber brachte sie ihre eigenen Songs, oft begleitet von einem Gitarristen, dann in einer Mischung aus Stimme und Cello. Der neue Song „Magnet“ glänzte mit elektronischen Klängen. Es war nur ein 20 Minuten kurzer Set, doch sie betörte das Publikum mit ihrer hohen Stimme, sang gefühlvoll und erzählte ihre Geschichten, beispielsweise davon, wie sich Flüchtlinge in ihrer neuen Heimat fühlen („Auf Papier“).
Philipp Poisel startete sein Konzert genau so ruhig, wie der Support geendet hatte. Die Clubtour bedeutet zunächst einmal die Abkehr von den groß angelegten Arena-Konzerten und Open Airs der letzten Jahre. Vom Projekt Seerosenteich ist nur noch ein Kontrabass übrig geblieben. Ansonsten wirkt die Show bodenständig mit starker Rockband. Und ganz ohne Leinwand-Brimborium oder Zur-Schau-Stellung des Künstlers. Im Gegenteil: Philipp bleibt fast das ganze Konzert über im Halbdunkel und wird im Gegensatz zu den Bandkollegen nicht angestrahlt. So etwas erlebt man nicht oft im Musikgeschäft, aber es ging im wohl darum, die Musik in den Mittelpunkt zu stellen und nicht sich als Sänger. Das ist zumindest meine Interpretation.
Das Album „Mein Amerika“ bedeutete schon eine stilistische Veränderung in der Musik Poisels. Mehr elektronische und auch amerikanische Klänge. Solche Neu-Interpretationen erfuhen auch manche Titel, die am Abend gespielt wurden. „Zünde alle Feuer“ funktionierte plötzlich sehr ungewohnt als amerikanische Rocknummer. Für „Froh dabei zu sein“ legte Philipp das Mikro weg und schaffte es, die ausverkaufte Europahalle bis in die letzten Reihen ruhig zu halten, um den Song ohne Verstärkung zu singen. Auch das ist eine enorme stimmliche Leistung.
„Mit jedem deiner Fehler“ wurde als ruhiger Song im Lauf des Stücks zum echten Soundgemälde, gefolgt von „Erkläre mir die Liebe“ im elektronischen Gewand, dem sehr basslastigen „Für immer gut“ und einem „Als gäb’s kein Morgen mehr“, für das Philipp einen elstatischen Ausdruckstanz inklusive Breakdance-Einlagen hinlegte. Für „Ich und du“ gab es gefühlvolle Unterstützung von Luisa Babarro am Cello. Und damit nicht genug: Gemeinsam im Duett sangen sie „Wenn du mich nicht mehr lieben kannst“ sehr herzergreifend und von den Zuschauern umjubelt.
Im Zugabenblock gab es das atmosphärische „Durch die Nacht“, den brandaktuellen Song „Freunde“, der noch auf keinem Album vertreten ist, den das Publikum aber dank YouTube textsicher mitsingen konnte, und die schmerzvolle Ballade „Wie soll ein Mensch das ertragen“. Doch erst mit „Liebe meines Lebens“ entließen die begeisterten Zuschauer Philipp Poisel nach zwei Stunden und 15 Minuten Konzertlänge von der Bühne. Ein glückseliges Ende für ein wundervolles Konzert. Während sich viele Selbstdarsteller auf den Konzertbühnen tummeln, hat Poisel mal wieder gezeigt, warum er an der Spitze der Deutschpoeten steht: Es ist der Song und nicht der Writer.
Setlist – Philipp Poisel, Trier Europahalle, 28.9.2019
Halt mich
Roman
Zünde alle Feuer
Wo fängt dein Himmel an
Froh dabei zu sein
Mein Amerika
Geh nicht
Markt und Fluss
Mit jedem deiner Fehler
Erkläre mir die Liebe
Für immer gut
Als gäb’s kein Morgen mehr
Ich und du
Wenn du mich nicht mehr lieben kannst (Duett mit Luisa Babarro)
Eiserner Steg
Ich will nur
Zum ersten Mal Nintendo
Bis ans Ende der Hölle
All die Jahre
Durch die Nacht
Freunde
Wie soll ein Mensch das ertragen
Liebe meines Lebens