Interview mit OSKA in Trier vor dem Konzert im Brunnenhof, 14. Juli 2025
Am 14. Juli 2025 spielte OSKA aus Österreich als Support für Philipp Poisel. Wir konnten die sympathische Singer-Songwriterin bereits zum zweiten Mal nach 2021 für ein Interview gewinnen und sie dazu befragen, was seit unserer letzten Begegnung in ihrer Karriere passiert ist.
Hallo Maria. Schön, dich wieder zu treffen. Wir haben uns zuletzt 2021 beim Reeperbahnfestival in Hamburg getroffen. Seitdem hat deine Karriere so richtig Fahrt aufgenommen. Magst du uns ein wenig erzählen, wie es dir ergangen ist?
Ja, da muss ich kurz nachdenken. Damals war ich Anfang 20 und es ist viel passiert seitdem. Reeperbahn war deswegen so spannend, weil man rückblickend sieht, wie sich eines aus dem anderen ergeben hat. Man fängt irgendwo an und träumt auch gar nicht so groß. Ich bin aus einem kleinen Dorf in Österreich und wusste gar nicht, was alles möglich ist. Beim Festival war ich damals für den ANCHOR Award nominiert. Ich hab den zwar nicht gewonnen, aber Tom Odell saß in der Jury und hat mich im Anschluss gefragt, ob ich mit ihm auf Tour gehen möchte.
Du kanntest ihn vorher gar nicht?
Nein. Er hat mich dann auf Instagram angeschrieben und gesagt, dass er meinen Auftritt so toll fand. Und dann hat er mich auf die Europatour mitgenommen. So ergibt sich eins aus dem anderen. Das ist sehr komisch und lustig und schön. Es gab viele Prozesse in mir. Unsicherheiten, denen ich mich hab stellen müssen. Was will ich jetzt eigentlich und wie soll es bei mir weitergehen? Weil es doch schwierig ist, Musik zu machen und davon leben zu können. Ich dachte aber, ich möchte das so gerne.
Inzwischen hast du ja zwei eigene Alben veröffentlicht.
Genau. Ich war letztes Jahr in England und hab dort mein zweites Album aufgenommen und auch viel von dem verarbeitet, was man so Mitte 20 an Gedankenstrudeln hat. Wo man nicht ganz weiß, wohin mit sich. Aber es ist sehr viel Schönes passiert, was mir dann auch immer wieder das Selbstbewusstsein gegeben hat, mit der Musik weiterzumachen.

Du bist bestimmt schon tausend Mal wegen der Coldplay-Konzerte befragt worden. Magst du trotzdem was dazu erzählen? Wie war das so? Lernt man eine solch große Band wirklich kennen oder ist das eher anonym?
Ich hab das am Anfang in Interviews nicht so erwähnt, weil das damals alle wissen wollten und ich verhindern wollte, dass die Leute sich allein darauf aufhängen. Ich wollte es auch für mich behalten, weil es so schön war. Es war unglaublich – die Woche meines Lebens – und sie hat sich sehr lang angefühlt. Oft vergeht ja die Zeit so schnell, wenn was Tolles passiert, aber ich hab die Zeit so richtig genießen können. Es waren vier Konzerte und ich habe gemerkt, wie ich jeden Abend dran gewachsen bin. Es hat mir sehr viel bedeutet, dazu eingeladen zu werden. Es war ein guter Moment, da auch bei mir in dieser Zeit viele Veränderungen waren. Ich habe gemerkt, ich schaff das irgendwie und fühle mich jetzt gewappneter für gewisse Dinge.
Wie hat dein Umfeld reagiert?
Meine Tante war so lieb. Sie sagte nach den Konzerten, sie hat sich so gefreut. Sie hatte Angst, dass ich ausgebuht werde. Und ich sagte dann: „Wow. ich eigentlich auch.“ Diese Angst, die man hat, vor so vielen Leuten zu spielen… Es hat mich sehr gefreut, dass es dann doch so gut geklappt hat. Es war wie Geburtstag haben vier mal die Woche und ganz Österreich ist gefühlt mit dabei.
Im Moment bist du wieder als Support unterwegs. Zunächst mit Philipp Poisel, dann mit Christina Stürmer. Was dürfen wir denn von der Show heute erwarten?
Ich finde es sehr schön, ein zweites Album zu haben und noch mehr auswählen zu können, was man spielt. Ich bin bei den Support-Shows meist alleine und nicht mit Band. Das wird dann noch intimer und sehr ursprünglich. Ich komme ja auch von der Straßenmusik und ich hoffe, den Leuten gefällt’s. Gestern habe ich José González gesehen, der auch nur mit der Gitarre auf der Bühne sitzt. Ich mag das ganz gern.

Es gibt ganz unterschiedliche Settings, in denen man dich sehen kann. Beim letzten Reeperbahn Festival 2024 habe ich drei Konzerte von dir gesehen, allein mit Gitarre vor dem Reeperbus, in der St. Pauli-Kirche und mit einer sehr ausgefeilten Show im Bunker. Was magst du davon am liebsten?
Shows sind immer was unglaublich Fragiles. Ich hatte schon tolle Auftritte mit Band. Da ist eine großartige Dynamik auf der Bühne. Jedem geht es irgendwie anders. Manchmal bekommen die Leute das gar nicht so mit, aber ich schon. Und dann hatte ich Shows, wo ich selber nicht so das gute Gefühl hatte und dann kamen manche zu mir und gaben mir voll gute Resonanz. Das gleiche ist es, wenn ich alleine auf der Bühne bin, aber da habe ich es mehr selbst in der Hand, was passiert. Jede Show ist anders und es spielen ganz viele Faktoren mit rein. Ich hab Phasen, wo ich voll gern alleine spiele, aber dann spiele ich auch wieder gern mit Band.
Dein neues Album „Refined Believer“ ist kürzlich erschienen. Der Titel bezieht sich darauf, dass du nach einer Zeit der Zurückhaltung wieder Vertrauen in die Menschen deiner Umgebung entwickelt hast. Magst du uns davon erzählen?
Ja. Es geht schon um diesen Beruf, Musiker zu sein. Dies zu erreichen, das erste Album zu veröffentlichen, und dann war sehr viel los. Es war wie beim ersten Job, den man hat, und der Erkenntnis, was finde ich gut dran und was finde ich nicht so gut. Was will ich verändern… Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, ist es doch mit Schwierigkeiten verbunden, in der heutigen Zeit Musiker zu sein. Und das zweite war, dass eine Beziehung sich sehr verändert hat, die mir sehr wichtig war und von der ich glaubte, das kann nicht erschüttert werden. Das hat mich so in meinen Grundfesten erschüttert und es war schwierig, wieder Vertrauen zu fassen. Ich war dann in England und hatte eine Zeit, in der ich ganz allein war, auch ohne Freundesgruppe. Ich war im Studio, habe Musik gemacht und konnte mit Distanz auf manche Dinge blicken. Das war voll schön – eine richtig tolle Zeit. Und ich habe mir die Zeit genommen, wieder Vertrauen zu schöpfen und einen gesunden Abstand zu manchen Dingen zu gewinnen. Dadurch wurde das Album sehr persönlich und es war sehr wichtig für mich, davon zu schreiben. Das war fast schon therapeutisch für mich.
Der Titel ist zweideutig. Im Deutschen würde man es mit „Bekehrter, geläuterter Gläubiger“ übersetzen. Gibt es religiöse Aspekte für dich?
Ich finde die Übersetzung nicht schön. In der deutschen Sprache funktioniert der Titel nicht. Auf Englisch bedeutet er so viel mehr und man kann viel mehr rein interpretieren. Mir gefällt das Wort „geläutert“ nicht und auch „Gläubige“ mag ich nicht, weil das gleich so festgefahren ist. Dabei hat der Albumtitel etwas total Positives für mich. Es geht nicht um Religion, sondern um den Glauben an die Welt und an sich selbst.

Was hat es denn mit den Tarotkarten auf sich, die deine Entscheidung beeinflusst haben, nach London zu gehen. Warst du bei einer Wahrsagerin?
Ich hatte ein ganzes starkes Gefühl, dass meine Zeit in Wien vorbei ist. Ich habe meine Wohnung aufgelöst und überlegt, wie es weitergeht. Auch jetzt weiß ich immer noch nicht, wohin mit mir, wo ich leben möchte. Es zieht mich in verschiedene Richtungen – ganz spannend. So war das damals auch und ich dachte, Berlin wäre ganz cool. Meine Schwester hat mir ein Tarotkarten-Set geschenkt und ich leg halt einmal im Jahr die Karten, meist am Ende des Jahres. Und ich hab die Karten gefragt, ob Berlin eine gute Stadt für mich wäre. Und das Ergebnis war eher: ganz schlimm, es wird dir nicht gut gehen, es ist kalt. Da dachte ich erst, jetzt will ich erst recht nach Berlin, es gab aber auch Karten mit neuen Türen, die sich öffnen. Ein paar Wochen später hatte ich die Möglichkeit, nach London zu gehen. Ich hatte Angst davor und war unsicher, ob es die Leute dort überhaupt interessiert, mit einer Österreicherin zu arbeiten. Aber es war gar nicht so. Ich habe in zwei Wochen dort so viele Kontakte geschlossen und es hat sich so gut angefühlt. Alle wollten mit mir arbeiten, ich hatte Sessions, habe meinen Produzenten kennen gelernt, der mit mir am zweiten Album gearbeitet hat. In Österreich habe ich zu meiner Mama gesagt, es wäre cool, einen Raum für mich in London zu haben. Und sie hat noch am gleichen Abend einen Anwalt kennengelernt, der in London lebt, und ihm davon erzählt. Lustigerweise hatte der sich grad ein Haus gekauft und meinte: „Wenn sie ein Zimmer braucht, soll sie sich melden.“ Solche Zufälle passieren und in meinem Leben zieht sich das durch. Ich habe immer geglaubt, dass sich was ergeben wird und so war es dann auch.
Siehst du das neue Album als Konzeptalbum, bei dem die Songs einem bestimmten Thema folgen?
Ja, schon. Es ist eine Momentaufnahme von einem sehr herausfordernden Jahr, wo ich etwas über mich hinaus gewachsen bin. Ich hab mich neue Dinge getraut und dieses Thema kommt in den Texten immer wieder vor, wie in „Like a song“: Du machst, dass ich mich fühle, als könnte ich wieder an etwas glauben. Das zieht sich durch die Lieder durch, auch in „Gloria“. Ich hatte ganz viel überlegt, was die Trackliste angeht. Das Album startet mit „The Final Straw“, was ich dann ganz lustig fand, es quasi mit dem Ende zu beginnen und die Geschichte rückblickend zu erzählen. Das Album beginnt mit dem „Breaking Point“ und wird dann positiver. Wie ganz zum Schluss im Titelsong: „It’s gonna take all my life“. Die Phase war irgendwie abgeschlossen für mich, als das Album fertig war, und ich kann jetzt weitermachen. Aber was ich da gelernt habe und was passiert ist, das werde ich ein Leben lang mit mir weitertragen. Ich freue mich jetzt auf die neuen Dinge, das dritte Album, weil ich grade so viele Lieder schreibe und mich irgendwie befreiter fühle.
Gibt es Songs auf dem Album, die dir besonders viel bedeuten? „Forever blue“ spielst du ja schon sehr lange live. Oder sind dir alle Songs gleich viel wert?
Ich habe schon Songs, die mir besonders viel bedeuten. „Like a song“ gehört auf jeden Fall dazu. Das spiele ich super gern mit Band. Und „Forever blue“ ist für mich auch ein wichtiges Lied, weil es einer der ersten Songs war, die ich für das Album geschrieben habe. Da spreche ich von der Traurigkeit, die immer irgendwie da ist. Dabei sagen alle zu mir: Du bist doch so ein positiver Mensch. Aber es gibt eine Grundtraurigkeit, die sich dann irgendwo versteckt. Ich gehe persönlich für mich ins Detail, ohne dem Hörer zu viel zu verraten. So dass jeder sich darin wiederfinden kann, auch wenn es eigentlich sehr persönlich ist.
Danke für deine offenen Worte und wir freuen uns sehr auf das Konzert heute Abend!


















