Die vergangenen zwei Jahre standen für die Beatsteaks unter keinem besonders guten Stern. Schlagzeuger Thomas Götz verletzte sich schwer bei einem unglücklichen Treppensturz, die folgende Tour musste abgesagt werden und es herrschte längere Zeit Stille im Lager der Punkrockkönige. Doch spätestens seit dem überwältigenden Erfolg ihres Anfang August veröffentlichten siebten und selbstbetitelten Albums scheint 2014 zu ihrem Jahr zu werden. Danach machte das Quintett auf der „Club Magnet“-Tour zunächst einige kleinere Läden dem Erdboden gleich, um nun auf der „Creep Magnet„-Tour die grösseren Hallen in Schutt und Asche zu legen. Das Kölner Palladium kommt dabei gleich zweimal in den Genuss des musikalischen Aufräumkommandos aus Berlin. Der heutige Mittwoch ist der reguläre Tourtermin, das Zusatzkonzert fand gestern statt und beide waren in Rekordzeit ausverkauft.
An der Gästeliste gilt es zunächst eine Spende von 5 Euro pro Person abzudrücken, die für einen guten Zweck verwendet wird (den ich leider vergessen habe…). Im Foyer des Palladiums präsentieren sich die Hilfsorganisation Oxfam und die Umweltschützer von Sea Shepherd mit eigenen Ständen. Die Vorgruppe Bilderbuch aus Österreich schenken wir uns zugunsten eines Kaltgetränks und eines warmen Snacks. Danach geht’s hinein ins proppevolle Vergnügen, aus dem wir zweieinhalb Stunden später schweißgebadet wieder auftauchen werden. Der Abend endet schließlich mit tumultartigen Szenen am Merch-Stand. Aber der Reihe nach.
Es ist Punkt 21 Uhr als Arnim Teutoburg-Weiß, Bernd Kurtzke, Peter Baumann, Torsten Scholz und Thomas Götz auf die Bühne marschieren und das Publikum im Palladium getreu des Openers „Up On The Roof“ sofort an die Decke geht. Torsten Scholz hat sich für die Fans heute besonders in Schale geworfen. Seinem Anzug fehlt nur die Krawatte. Zu Krachern wie „Monster“, „Cheap Comments“, „Jane Became Insane“ oder „Milk & Honey“ wird nach Herzenslust getanzt, gehüpft, gepogt und vor allem geschwitzt. Obwohl er noch an den Folgen eines Meniskusrisses leidet, gibt selbst Arnim Teutoburg-Weiß wie immer ordentlich Gas. Die überschäumende Party vor ihm lässt ihn mehrfach sprachlos und sichtlich überwältigt zurück. Immerhin wagt er mit „Kölle, ich hann dich leev“ einen mutigen Ausflug in den rheinischen Dialekt. Eine erste Verschnaufpause gibt es bei „Let Me In“. Teutoburg-Weiß fordert die Fans dazu auf sich hinzusetzen und die Handys wegzustecken („Eure Freunde sind hier und nicht bei Facebook“). Sogar die Crowdsurfer stellen vorübergehend ihren Betrieb ein. Nach kurzem Luftholen wird dann auf Kommando mit „SaySaySay“ und „Demons Galore“ weitergefeiert. Die Temperaturanzeige im Palladium nimmt subtropische Ausmaße an. Der Rolling Stones-Klassiker „Beast Of Burden“, „Hello Joe“ und „Hand In Hand“ markieren schließlich das Ende eines in Punkto Sound, Stimmung und Songauswahl beeindruckenden Mainsets.
Aber es ist noch lange nicht Schluss. Der erste Zugabenblock besteht aus „Under A Clear Blue Sky“, „Cut Off The Top“ und „Automatic“. Abgang Band, Jubel, Klatschen, „Beatsteaks„-Sprechchöre. Der zweite Zugabenblock beginnt leiser. Bernd Kurtzke singt die herzzerreißenden Cover „Hey Du“ von Ilona Schulz und „Frieda und die Bomben“ von Fu Manchu. Ganz Köln singt mit ihm. Danach folgt „I Don’t Care As Long As You Sing“ in voller Bandbesetzung und eine ausgiebige Verabschiedungszeremonie inklusive Konfettikanone. Abgang Band, Jubel, Klatschen, „Beatsteaks„-Sprechchöre. Das Licht im Palladium geht an, die Rausschmeißmusik vom Band auch und die Leute drängen zu den Ausgängen. Falsche Entscheidung! Denn plötzlich steht Arnim Teutoburg-Weiß wieder auf der Bühne. Mit Gitarre. Alleine. Und er singt „To Be Strong“ so inbrünstig, als wäre der Titel genau das passende Motto für diesen Abend. Nach und nach gesellen sich Bernd Kurtzke, Peter Baumann, Torsten Scholz und Thomas Götz dazu und nach kurzer interner Diskussion legen die Fünf noch drei Schippen obendrauf: „Atomic Love“, das grossartige Police-Cover „So Lonely“ und zum endgültigen Abschluss „I Never Was“. Danach sieht man um sich herum nur ebenso erschöpfte wie glückliche Gesichter. Auch das Palladium ist in seinen Grundfesten erschüttert, steht aber ebenfalls noch.
Das wäre dem Merch-Stand beinahe nicht gelungen. Arnim Teutoburg-Weiß hatte sich nämlich als Letzter mit dem Hinweis verabschiedet, dass „draußen noch 500 Karten für das Konzert in Dortmund verschenkt werden“. Was jeder zunächst für einen Witz der Marke „Freibier für alle“ hält, erweist sich schnell als wahr. Der Merch-Stand im Foyer wird kurzerhand gestürmt. Zum Glück hat die Security die Lage relativ schnell unter Kontrolle. Außer ein paar Tränen der Enttäuschung bei denjenigen, die leer ausgehen, gibt es keine weiteren Schäden. Doch keine Sorge, wer sich von den Beatsteaks mal so richtig die Birne durchpusten lassen möchte, der hat dazu noch bis Mitte Dezember Zeit. In Köln haben sie ihrem Ruf als exzellente Live-Band jedenfalls wieder mal alle Ehre gemacht!
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