Wer sich auf einen Abend mit der „Alphapussy“ einlässt, der weiß, dass es deftig werden wird. Die Komikerin aus Bergisch-Gladbach nimmt kein Blatt vor den Mund. Das ist allgemein bekannt. Und spätestens seit sie mit „Pussy Terror TV“ ihre eigene Fernsehsendung bekam, ist sie ohnehin in aller Munde. Dort gefallen besonders ihre musikalischen Parodien und die Worte, die sie gedoubelten Prominenten in den Mund legt.
In der fast komplett gefüllten Arena in Trier gab es zwar nur zwei kurze Musik-Einlagen, stattdessen aber Stand-up-Comedy vom Feinsten. Der Jubel war bereits grenzenlos, als Carolin zu ihrem Alphapussy-Song (Melodie: „Killing in the name of“) die Bühne stürmte. Und dann konnte es los gehen. Zeitweise ohne Punkt und Komma.
Zunächst einmal gab es eine Anbiederung ans Trierer Publikum („endlich normale Leute“) und los ging der Reigen durch die Themenvielfalt eines Kebekus-Abends: Wie machen Schweizer Dirty Talk? Kann der IS Terror Karneval kaputt machen? Warum hat man im Alter nach dem Saufen drei Tage Kater? Wem hilft ein Stützwasser zwischen zehn Bier? Wer dem innreren Monolog der Künstlerin folgen will, braucht bisweilen starke Nerven. Und er muss das Kopfkino abschalten können, wenn Carolin vom Kumpel erzählt, der besoffen durch ein Fliegengitter gekotzt hat.
Manche Themen kennt man, ohne sie aussprechen zu wollen. Das nächtliche Furzen beispielsweise – und das Schwanken, wie Carolin es nennt, „zwischen Schock und Stolz“. Dann wurde der aktuelle Schlagerwahn auf die Schippe genommen. Und zwar kräftig. „Die hören Schlager als wär das Musik.“ Und alle laufen plötzlich mit der Tchibo-Hausfrauen-Kollektion rum, nur weil Helene Werbung dafür macht. Von da ging die Reise zum Trierer Musikpark A1 (der sogenannten Szene-Disco) und der Frage, ob man da auch nur noch zum „Resteficken“ hin geht.
Spannend waren auch zwei Fragen, mit denen die Trierer in die Pause entlassen wurden: Zu welcher Musik der 90er Jahre wurde die Jugend von heute gezeugt? („Cotton Eye Joe“?) Und wie fühlt sich die überzeugte Atheistin, wenn sie nach dem letztlichen Ende doch merkt, dass es irgendwie auf ein Licht zugeht?
Nach 20 Minuten Verschnaufpause ging es im gleichen Tempo weiter. Carolin Kebekus gönnte sich selbst kein Innehalten und zog 140 Minuten (exklusive Pause) voll durch. Die YouTube-Gesellschaft hatte es ihr angetan („Ein Klick und zack – acht Stunden Lebenszeit weg.“), Produktvorstellungen dort und die unsägliche Check24-Werbung. Zur Freude aller Anwesenden stellte sie sich Fernsehen mit der Mutter vor. Und nicht nur das. Discotanz und Pornodreh mit Muttern – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt.
Ernst wurde es, wenn Carolin von den AFD Orks in ihrer Timeline erzählte und dem Hass, den sie täglich erfährt. Doch auch das Thema wurde mit einigen Lachern weg gewischt. Ist auch besser so. Viel lieber regte sie sich über Hipsters auf, Smoothies und No Carb Diäten. Warum? „Butterbrot mit Leberwurst ist ein Grundrecht jedes Menschen.“ Der Jubel im Saal gab ihr unumwunden recht. Trier und Carolin waren auf einer Wellenlänge.
Dass sich die Comedian inzwischen grundsätzlich unterhalb der Gürtellinie bewegte, störte ohnehin niemanden. Sie lamentierte über unsägliche Frauenpornos („Dieses ewige Gestreichel ist so nervig.“), lästerte über Christian Grey („Ich und weinen? Ich ficke den, dann weint er!“) und sinnierte lautstark über den ersten Sex zu „Bravo Hits 7“. Damit war auch klar, dass nach über zwei Stunden Frauenpower der Abschluss-Song nur ein Aerosmith-Titel sein konnte. „Cryin'“ in Carolins deutscher Fassung führte endlich zu stehenden Ovationen. Auch die Männer konnten aufstehen, obwohl sie oft ihr Fett weg bekommen hatten. Egal: Carolin Kebekus und Trier – ihr versteht euch!