Um Herman van Veen zu beschreiben, muss man weit ausholen. Er ist Holländer, 68 Jahre alt, geboren in Utrecht. Er ist Liedermacher, Komponist, Sänger, Violinist, Pianist, Texter, Schriftsteller, Clown. Werde ich nach einem bekannten Lied des Künstlers gefragt, fällt mir als erstes natürlich seine Zeichentrick-Schöpfung Alfred Jodocus Kwak ein – und damit der gute Laune verbreitende Song „Warum bin ich so fröhlich“. Geschrieben hat diesen der Pianist Erik van der Wurff. Beide zusammen feiern, wie Herman van Veen erzählt, gerade gemeinsam ihr 50jähriges Bühnenjubiläum. „Damals habe ich an der Universität eine junge hübsche Pianistin gesucht – und Erik hat sich gemeldet.“ Fünfzig gemeinsame Jahre auf der Bühne. Unzählige Songs und Alben. Doch ein wirklicher Chartbreaker war nicht dabei. Darum fällt es auch so schwer, seine Kunst zu erklären.
In Trier war er mit seinem Programm „Bevor ich es vergesse“. Ein sehr passender Titel, denn man hatte das Gefühl, van Veen gibt uns einen Rundumschlag durch sein Leben, erzählt von Begebenheiten und Beziehungen, so als wolle er noch einiges los werden, bevor es ihm nicht mehr einfällt. Dafür war die ehemalige Reichsabteikirche St. Maximin ein schöner Schauplatz. Eine großartige Band nahm dort gemeinsam mit dem Meister Platz: Erik van der Wurff am Piano, von den Zuschauern bei jeder Vorstellrunde begeistert gefeiert, Jannemien Cnossen an der Violine und zudem mit einer fantastischen Jazz-Stimme, Willem Wits an diversen Percussion-Instrumenten und Dave Wismeijer am Bass. Hinzu gesellte sich Edith Leerkes, eine niederländische Gitarristin und Sängerin, die selbst schon auf eine beachtliche Anzahl an Veröffentlichungen zurück blicken kann.
Van Veens Lieder erzählten von Dingen, bei denen jeder mitreden kann. Das machte sie so greifbar für die Zuschauer. Er sang von glücklichen und gescheiterten Beziehungen, von Kindern und Enkelkindern, vom Sterben seiner geliebten Frau. Hier kam der Clown durch, der ein trauriger Clown ist, aber die Menschen zum Lachen bringt. So erzählte er vom Tod und man spürte, wie es ruhig wurde im Saal und auch unbequem. Zu den sentimentalen Gedanken gesellten sich aber schöne Erinnerungen und ein Witz. Plötzlich verwandelte sich das Trauern in ein herzhaftes Lachen – so wurden die Zuschauer mitgenommen auf eine emotionale Reise.
Van Veen und seine Mitstreiter ließen uns kaum durchatmen. Es gab zwar viele stille, leise, ruhige Momente mit Schlafliedern, Nachdenklichkeiten, philosophischen Ideen zum Grübeln. Dann aber plötzlich wieder ein schnelles Stück, van Veen sprang über die Bühne, tanzte , schrie. Ein wundervoller Entertainer und zugleich ein wunderbarer Mensch, denn er kann erzählen, so dass man ihn schon ewig zu kennen glaubt. Dann hatte er plötzlich eine imaginäre Panflöte im Mund und fabrizierte ein lustiges Flötensolo. Natürlich spielte er allerlei echte Instrumente wie Gitarre, Piano, Violine und Mundharmonika. Doch auch die übrigen Musiker bekamen viel Raum, konnten sich in Szene setzen. Jannemien sang ein Lied, Edith gleich mehrere.
Das Konzert zog sich fast bis 23 Uhr hin. Zu Beginn schien das Schema noch ziemlich strikt. Nach der Halbzeitpause aber erzählte van Veen von Liedwünschen, die ihn per Mail erreicht haben. Er sang ein Lied von Alfred Jodocus Kwak und spielte weitere Wünsche. Sein Repertoire ist ohnehin unerschöpflich und so wollte dann auch der Zugabenblock kein Ende finden. Das Publikum feierte einen fantastischen Künstler wild applaudierend und stehend. Er kam ein ums andere Mal zurück und präsentierte weitere Songs. Auch ein holländisches Lied, bei dem er zu einem kleinen Sprachkurs ausholte und alle mitsangen. Irgendwann war Schluss und er verabschiedete sich mit den Worten: „Ich will jetzt das tun, was ihr auch tun solltet: ein gutes Glas Wein trinken und ein Brötchen mit Lachs essen.“
Wenn ich jetzt zurück denke, habe ich vor dem Konzert nur eines der Lieder gekannt: den Song „Küsschen“, der von der neuen Frau an Papas Seite handelt, der man plötzlich abends ein Küsschen geben muss. Alles andere war Neuland für mich. Ein Abend voller Poesie, in den man sich fallen lassen konnte. Herman van Veen hat ein Händchen für tief gehende Texte, die in Erinnerung bleiben. Wie der Titelsong seiner aktuellen CD „Für einen Kuss von dir“: „Wenn du keinen See hast, ich mal dir einen. Hast du keinen Himmel, ich glaub dir einen.“ Hier konnte das kirchliche Ambiente seine Wirkung voll entfalten, auch wenn die Räume heutzutage als Schulturnhalle genutzt werden.
Nächster Konzerttermin in der Region: Herman van Veen – „Für einen Kuss von dir“ am 26. Oktober 2013 in der Gebläsehalle Neunkirchen