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Urheber/Fotograf: Simon Engelbert

Kay Ray 15.10.2017 Tuchfabrik / Trier

Kay Ray – Politische Frechheiten in vollendeter Form

Kay Ray in der Tuchfabrik Trier (kurz: Tufa). Sein neues, abendfüllendes Programm trägt den Titel „YOLO“ und steht für „you only live onces“. Abendfüllend war es im wahrsten Sinne des Wortes, stand der gute Mann doch bis nach 23 Uhr auf der Bühne.

Bekannt wurde Kay  Ray als bunter Hund, als Diva mit Bart und grün-blauem Lippenstift, mit toupierten Haaren und dramatischem Make-up. So war es schon überraschend, dass er plötzlich in Hemd und Sakko und mit fliegendem Haar auf der Bühne stand. „Paradiesvogel ging mir auf den Sack“, lautete sein lapidarer Kommentar. Ob er nun tatsächlich ruhiger geworden sei, wie es der Pressetext sagt? „Am Arsch“, war die Antwort auf die nicht gestellte Frage.

Der exzentrische Kabarettist legt bei seinen Liveauftritten eine Energie an den Tag, die kaum zu überbieten ist. Egal ob er mit Band auf der Bühne steht oder – wie in Triers renommiertem Kulturzentrum – ganz allein mit Mikrofon und einem Tablet als Musikmaschine.

Dieser Typ ist der helle Wahnsinn, was Auftreten, Ausstrahlung und Gesang angeht. Ein Kabarettkünstler, der unter anderem mit seiner Bisexualität kokettiert, dies aber nicht zum Hauptaspekt seiner Show macht. Im Prinzip singt er ein Programm aus vor allem eigenen Stücken (und das mit kräftiger, klarer Stimme, was man ihm zunächst gar nicht zutraut), verliert sich aber zwischendurch stets in ellenlangen Ansagen, die die wahre Essenz seiner Auftritte ausmachen. Es geht um Männer und Frauen, Schwule und Heteros, Alltäglichkeiten und Ungereimtheiten, Religion und Politik. Es machte durchweg Spaß, dem schrillen Entertainer zuzuhören.

Ein heißes Eisen packte er sehr gerne an: Satire darf alles – auch über Religionen lästern. Der Rundumschlag ging gegen Papst Franziskus, das Judentum und den Islam bis hin zur Lieblingsfeindin Claudia Roth, diesem „Empörungsmoppelchen“. Gesungen wurde tatsächlich relativ wenig. „Leichen meiner Feinde“ erklang im zweiten Teil, Milva wurde mal kurz angesungen und Kate Bushs „And Dream Of Sheep“ musste für die Never-ending-Story des ersten Teils herhalten.

Die politische Korrektheit wurde bewusst mit Füßen getreten. Kay machte Witze über Behinderte („sonst würden die ja schon wieder ausgegrenzt“), Hasenscharten-Träger und seine Familie. Der rote Faden war schon lange verloren gegangen, doch ich fand es erstaunlich, wie Kay die skurrile Handlung immer wieder neu aufnahm. Es gab ein Zitate-Quiz, einen verbalen Streifzug durchs Nachtprogramm und brühwarme Erlebnisse aus einer sechswöchigen Kur.

Bis zum ersten Zugabenblock waren bereits über drei Stunden furchtloser Selbstdarstellung vergangen. Kay Ray hatte sein Publikum sichtbar erschöpft, wie man anhand der Frequenz umfallender Gläser feststellen konnte, doch gegangen war keiner. Eine völlige Verausgabung des Künstlers war der Lohn für alle Zuschauer, die seinen frechen Schimpftiraden freiwillig folgten.

Kay Ray - Haarscharf/Vom Friseur zum Weltstar
Kay Ray – Haarscharf/Vom Friseur zum Weltstar
  • Kay Ray (Schauspieler)
  • Zielgruppen-Bewertung: Freigegeben ab 12 Jahren

Letzte Aktualisierung am 2024-12-09 at 03:15 / Affiliate Links / Bilder von der Amazon Product Advertising API / Bezahlte ANZEIGE