Man kann Philipp Poisel in den unterschiedlichsten Settings erleben. Allein an der Gitarre, mit kompletter Band, mit Cello-Begleitung, ja sogar in Projekten mit orchestralem Charakter. Jedes seiner Konzerte ist ein Erlebnis. Aber gerade wenn er in reduziertem, akustischem Rahmen unterwegs ist – wie momentan als Duo mit Florian Ostertag – bekommen seine Auftritte etwas absolut Magisches. Da braucht es gar keine atmosphärische Location, doch die kam in Trier auch noch dazu. Der Brunnenhof direkt neben der Porta Nigra bietet ein grandioses Ambiente, eingeschlossen von hohen Mauern, in vielen Momenten (abgesehen von den Vogelschwärmen in der Luft) absolut ruhig.
Natürlich war das Konzert ausverkauft. Schon lange. Und die Fans standen bereits eine Stunde vor Einlass an, um einen guten Sitzplatz zu ergattern. In gespannter Erwartung konnte man sich auf den Support OSKA freuen. Die 28jährige Songwriterin aus Wien ist einfach grundsympathisch und hat ein absolut einnehmendes Wesen. So kam sie um 19.35 Uhr mit knapper Verspätung auf die Bühne gehetzt und spielte den ersten Song „Starstruck“, bevor sie mit ihrem österreichischen Charme erklärte, dass sie eigentlich von 20 Uhr als Beginn ausgegangen ist, als sie plötzlich jemand fragte, warum sie nicht auf der Bühne sei.

Diesen Stress ließ sie sich aber gar nicht anmerken und leistete ihr 25minütiges Set mit Bravour. Der zweite Titel hieß „Misunderstood“, was ihr großes Gelächter im Publikum einbrachte. Es gab den ganz neuen Song „Stadiums“, der vielleicht davon inspiriert ist, dass OSKA im vergangenen Jahr vier Konzerte als Support von Coldplay gespielt hat, und „Like a song“, eine wunderschöne Nummer vom aktuellen Album „Refined Believer“.
Die Songs von Maria Burger (so heißt sie mit bürgerlichem Namen) sind eine musikalische Kuscheltherapie. Ganz sanft und melancholisch klingen ihre Vocals stets etwas naiv, haben aber eine poetische und philosophische Tiefe. OSKA singt über die Liebe und erzählt alltägliche Geschichten. Dazu eine akustische Gitarre und eine kleine blaue Wolke als Dekoration. Man braucht nicht viel, um zeitlos schöne Popsongs zu schaffen.

Obwohl alles sehr melancholisch klingt, haben die Lieder fast immer eine optimistische Grundhaltung und können auch in traurigen Momenten witzig klingen. So beim letzten Song „Mona Lisa, a girl’s best friend“, der von einem verstorbenen Hund erzählt. Der Set von OSKA ging viel zu schnell vorbei und viele hätten ihr noch länger zuhören wollen, wie man am lang anhaltenden Applaus erkennen konnte.
Der Umbau dauerte nur kurz und Philipp Poisel kam zum Song „Halt mich“ zunächst allein mit Gitarre auf die Bühne. Das letzte seiner Alben ist 2021 erschienen, man konnte also nichts wirklich Neues erwarten. Doch seine Lieder sind einfach zeitlos schön und wurden durch die Bank von weiten Teilen des Publikums mitgesungen.
Als Sidekick hatte Philipp sich Florian Ostertag mitgebracht, der ihn schon lange begleitet und der inzwischen selbst ein renommierter Songwriter ist. Zu „Roman“ kam Flo auf die Bühne und Philipp nahm am Keyboard Platz. Zeitweise saßen sie dort auch zusammen (wie bei „Eiserner Steg“) und spielten vierhändig. Oder sie waren mit zwei Gitarren im Mittelpunkt („Wie du“).

Philipp Poisel ist der Anti-Typ des deutschen Pop. So untypisch, dass es fast schon wieder Methode hat. Schüchtern, introvertiert, authentisch. Er lebt seine Lieder auf der Bühne – und wenn er diese ganz reduziert ohne Band darbietet, wird es noch intensiver. So klingt „Bis nach Toulouse“ noch viel mehr nach dem Aussteigersong, den der Text hergibt. Und dann „Bordsteinkantenleben“ ganz allein am Piano – grandios!
Es gab neben den romantischen auch viele humorvolle Momente. Philipp hatte ein Schwäbisch-Lexikon dabei und versuchte, dem Publikum neue Schimpfwörter beizubringen. Danach folgte „Erkläre mir die Liebe“, um den inhaltlichen Bruch perfekt zu machen. Nicht immer war er deutlich zu verstehen. Ein Markenzeichen, durch das vielleicht Herbert Grönemeyer auf ihn aufmerksam wurde. „Ein Song aus der Zeit, als ich noch genuschelt habe“, sagte er „Alt und grau“ an. Das Gelächter war groß und der Sänger musste auch selbst in sich rein schmunzeln.
Zur Freude vieler gab es die bewegende Geschichte „Herr Reimer“. Vielen kennen das Lied über den Arbeiter, der noch nie auf Mallorca war. Doch das gibt es nur live. Den Zeitpunkt, es auf ein Album zu bannen, hat Philipp irgendwie verpasst. Aber das macht es doppelt schön.

Nach dem Urlaubssong „Garten von Gettis“ und „Wie soll ein Mensch das ertragen“ (wundervoll ganz allein an der Gitarre) folgte zum vorläufigen Abschluss „Froh dabei zu sein“, eine Ballade über das Leben und den Tod, die Philipp bei fast jedem Konzert ganz akustisch spielt. Und dann sollte schon Schluss sein. Nach 60 Minuten Spielzeit? Oh nein, so wollten die Trierer ihn nicht weggehen lassen.
Der Zugabenblock dauerte dann auch geschlagene 40 Minuten und brachte Highlights wie „Ich und du“, „Liebe meines Lebens“ und ganz zum Schluss „Mit jedem deiner Fehler“. Pure Romantik für verliebte und gebrochene Herzen. Daneben gab es „Wolke 7“, im Original von Max Herre featuring Philipp Poisel, und „Als gäb’s kein Morgen mehr“, das als einziges Stück mit einem starken Beat vom Band versehen wurde.
Um 22 Uhr wurden Poisel und Ostertag frenetisch gefeiert. Es war ein absolut magisches Konzerterlebnis, das sie hier ohne großes Brimborium mit einfachsten Mitteln geschaffen hatte. Philipp zeigte sich sichtlich bewegt und machte kniende Verbeugungen. Ein wunderschöner Abschluss für diesen warmen und trockenen Sommerabend.

Setlist OSKA – Brunnenhof Trier, 14.7.2025
Starstruck
Misunderstood
Stadiums
Like a song
Mona Lisa, a girl’s best friend
Setlist Philipp Poisel – Brunnenhof Trier, 14.7.2025
Halt mich
Roman
Eiserner Steg
Wie du
Bis nach Toulouse
Bordsteinkantenleben
Erkläre mir die Liebe
Alt und grau
Herr Reimer
Im Garten von Gettis
Wie soll ein Mensch das ertragen
Froh dabei zu sein
Ich und du
Liebe meines Lebens
Wolke 7 (Max Herre Cover)
Als gäb’s kein Morgen mehr
Ich will nur
Freunde
Mit jedem deiner Fehler
(Credit alle Fotos: Atelier3Bären)











