Egal wohin Rise Against kommen, ihre Fans sind schon da. Das ist an diesem ungewöhnlich kalten Dienstagabend im Oktober nicht anders. Nachdem die Polit-Punker aus Chicago erst im Juni in Deutschland waren, kehren sie nun für drei weitere Konzerte zurück. Nach Hannover und Stuttgart sind Rise Against heute zum Abschluss in Dortmund zu Gast. Im Gepäck haben die Jungs ihr immer noch aktuelles Album „The Black Market“ (Unser Review Rise Against The Black Market), welches vergangenes Jahr den Einstieg direkt auf Platz 1 der deutschen Album-Charts schaffte. Noch dazu sind und waren Rise Against schon immer eine politische Band. Neben der Musik unterstützt das Quartett seit vielen Jahren Organisationen wie etwa PETA oder Sea Shepherd, die in der Westfalenhalle mit eigenen Info-Ständen vertreten sind. Zudem wirkten Rise Against bei „Chimes Of Freedom – The Songs Of Bob Dylan Compilation“ von Amnesty International mit, haben sich mit der „Demand A Plan“-Bewegung gegen Waffengewalt engagiert oder sich im Rahmen des „It Gets Better Project“ mit ihrem Song „Make It Stop (September’s Children)“ gegen Homophobie und Mobbing stark gemacht.
Bevor die Fans jedoch das bekommen, was sie wollen, müssen sie erstmal zwei Vorgruppen über sich ergehen lassen. Es ist mir immer wieder ein Rätsel, warum man einen Konzertabend derart künstlich in die Länge zieht. Die erste Vorgruppe schenken wir uns komplett zugunsten einer Portion Pommes mit Kaltgetränk. Mehr kulinarische Extras sind angesichts der unverschämten Parkgebühren von 7 (in Worten: Sieben) Euro leider nicht drin. Dafür ist die altehrwürdige Westfalenhalle wahrscheinlich die einzige Konzerthalle in Deutschland, in der noch nach Herzenslust geraucht werden darf, ohne dass auch nur ein Ordner mit der Wimper zuckt. Jedenfalls wird sowohl im Innenraum als auch auf den Tribünen ausgiebig und alles andere als heimlich gequalmt.
Immerhin verkürzen die schwedischen Hardcore-Legenden Refused als zweite Vorgruppe die Wartezeit auf Rise Against enorm. Das bereits mehrfach aufgelöste und wiedervereinigte Quartett um Sänger Dennis Lyxzén hat Ende Juni mit „Freedom“ sein erstes reguläres Studioalbum seit 17 Jahren veröffentlicht und sorgt 45 Minuten lang für viel Bewegung auf und vor der Bühne. Sogar ein erster stabiler Pogo-Pit bildet sich bereits. Besonders Lyxzén ist eine Rampensau par excellence, die einige Saltos schlägt, den Kurs im Mikrofonschwingen offensichtlich erfolgreich bestanden hat und nebenbei noch mit Stimme und einer sympathischen Attitüde punkten kann.
Um 21.45 Uhr gibt es im Innenraum dann endgültig kein Halten mehr. Rise Against starten mit „The Great Die-Off“ in ihr gut anderthalbstündiges Set. Zwei grosse Leinwände rechts und links der Bühne sorgen dafür, dass auch der letzte der rund 8.000 Zuschauer beste Sicht auf Tim McIlrath und Co. hat. Leider ist der Sound derart unterirdisch abgemischt, dass bei den einzelnen Intros bestenfalls zu erraten ist, welcher Song als nächstes folgt. Die Band scheint das wenig zu stören. Sie feuert eine Spaßpunknummer nach der anderen ab. Bei „Give It All“ sucht McIlrath den direkten Körperkontakt zu den Fans in der ersten Reihe und die Stimmung ist bis hinauf in den Oberrang entsprechend ausgelassen. Wer nicht mehr sitzt, der tanzt.
Zum Final Exit-Cover „Proficiency“ darf dann Refused-Frontmann Dennis Lyxzén nochmal mitfeiern. Über „Survive“ und „Prayer Of The Refugee“ rocken sich Rise Against schließlich dem Ende des Mainsets aus „Black Masks & Gasoline“ und „Ready To Fall“ entgegen. Bei „Prayer Of The Refugee“ dankt Tim McIlrath den Menschen in Deutschland dafür, dass sie ihre Türen und Herzen für die Flüchtlinge aus aller Welt geöffnet haben: „Be proud of what you’ve done“. Der anschließende Zugabenblock bietet die erste und einzige Verschnaufpause des gesamten Abends. Zunächst gibt es das Gänsehautstück „Hero Of War“ in einer wunderbaren Akustikversion. Die Dortmunder beweisen Stil, indem sie die Westfalenhalle dabei statt mit ihren Handy-Displays mit echten Feuerzeugen illuminieren. Danach singt McIlrath noch „Swing Life Away“ ganz alleine mit seiner Gitarre, bevor es in Bandstärke und mit „Dancing For Rain“ und „Savior“ als krachendem Abschluss nochmal ordentlich laut wird.
Richtiger Punk mit Rotz und Rebellion ist das natürlich schon lange nicht mehr. Aber Rise Against schaffen es Botschaften zu vermitteln. Sei es in ihren Songs oder den zwischenzeitlichen Ansagen ihres Sängers. Damit und vor allem aufgrund der Tatsache, dass die Bandmitglieder selbst als gutes Beispiel vorangehen, vermitteln sie Glaubwürdigkeit. Was das betrifft, haben Rise Against in Dortmund – abgesehen vom schlechtesten Sound des Jahres – ganze Arbeit abgeliefert.
Setlist:
- The Great Die-Off
- The Good Left Undone
- Satellite
- Give It All
- The Dirt Whispered
- Re-Education (Through Labor)
- Survive
- I Don’t Want To Be Here Anymore
- Collapse (Post-Amerika)
- Profiency (Final Exit Cover)
- Make It Stop (September’s Children)
- Prayer Of The Refugee
- Help Is On The Way
- Black Masks & Gasoline
- Ready To Fall
——————– - Hero Of War
- Swing Life Away
——————— - Dancing For Rain
- Savior