Alina-Bianca Neumann wurde mit deutsch-polnischen Wurzeln in Solingen geboren, lebte aber bis zu ihrem sechsten Lebensjahr in Polen. Anschließend wuchs sie in Schleswig-Holstein auf und kam in Kontakt zum Rio Reiser Bassisten Jochen Hansen, der sie förderte und dazu ermutigte, eigene Musik zu schreiben. Dessen Einfluss konnte man schon auf den ersten beiden EPs „Hohes Fieber“ und „Monster“ erkennen. Mit dem Debütalbum setzt sie die Linie weiter fort: Direkte und ehrliche Texte, verbunden mit einem authentischen Indiepop.
Schon der Albumtitel ist eine Wucht und zeugt von den psychoanalytischen Ideen Sigmund Freuds, der zu erklären versuchte, warum Männer sich die Geborgenheit eines Mutterersatzes für die Familie suchen und gleichzeitig eine andere Frau fürs Bett haben wollen. So divergent ist auch die Erscheinung von Alli, die als blonde zierliche Frau erscheint, dann aber in ihren Lyrics deutlich zur Sache geht und gegen Sexismus ansingt.
Der Sound ist mitreißend und ihre Vocals haben einen starken Flow. Sie nutzt Stilmittel von Pop, HipHop und R’n’B, um ihrem Sprechgesang Gehör zu verschaffen. Das hymnische „Frei“ ruft ihren Wunsch nach Selbstbestimmung aus. Songs wie „bike boy“, „problem killer“ und „männer wie du“ beschäftigen sich mit maskulinen Typen. Erst im letzten Albumdrittel schafft sich die romantische Seite Raum und es gibt vier süßlich anmutende Songs wie „herz aus gold“ und „Herzhotel“.
„Madonna Whore Komplex“ ist ein durchaus lohnenswertes Debüt mit starken Tracks. Vor allem die moderne Produktion und die stilistische Vielfalt heben es aus der Masse heraus. Alli Neumann befreit sich gekonnt von allen Pop-Klischees und geht ihren eigenen Weg. Spannend!