Es wird nicht nur mir so gehen: Man hört den Namen Bruce Hornsby und denkt an wunderschöne Pianoläufe zu eingängigen Melodien. Ich bin groß geworden mit „The Way It Is“ und mochte auch „Mandolin Rain“ sowie „The Valley Road“. Doch seitdem sind über dreißig Jahre vergangen. Überhaupt ist es eine Dekade, seit der Pianist aus Williamsburg, Virginia sein letztes Solowerk veröffentlicht hat. Und man muss ehrlich sein – wir wissen nicht, was wir aktuell von diesem genialen Musiker erwarten dürfen.
„Absolute Zero“ hat nichts mehr gemein mit dem locker-flockigen Spiel der späten 80er. Inzwischen ist Hornsby zum virtuosen Jazzer gereift. Und wir müssen uns an ein sehr sperriges Album gewöhnen, dass Elemente aus Folk, Jazz, Rock und Country enthält. Sehr filigran eingespielt mit überraschenden Wendungen, spontanen Tempiwechsel, ungewohnten Synkopen – man kann sich kaum zurücklehnen und die Musik auch nicht im Easy-Listening-Modus genießen.
Nach dem ruhigen Titelsong und dem verswingten „Fractals“ führt erst „Cast-Off“ das Piano zu alter Stärke. Justin Vernon hilft an den Vocals aus, aber Bruce‘ Stimme ist schon unverkennbar. Man mag sich gut vorstellen, wie er sich durch schnelle Nummern wie „Never In This House“ und „Voyager One“ grinst. Dann aber müssen wir uns auch durch schwierige Arrangements namens „Echolocation“ und „White Noise“ kämpfen. Erst mit dem Abschluss „Take You There (Misty)“ dürften auch nostalgische Fans versöhnt werden.
Das Album wurde von Hornsby selbst produziert und es lässt sich in seinem Facettenreichtum in keine Schublade stecken. Mutig und gelungen!