Die Reihe der erweiterten Phil Collins-Neuauflagen wird mit „Dance Into The Light“ und „Hello, I Must Be Going!“ fortgesetzt. Also auch diesmal wieder: Ein Album aus den 80ern, eins aus der neueren Phase („Dance Into The Light“ erschien 1996).
Dass Phil Collins sich zu einem solchen Multitalent entwickeln würde, konnte zu seinen Zeiten als Genesis-Schlagzeuger in den 70ern keiner ahnen. Als er jedoch das stimmliche Zepter übernahm, und den verkopften britischen Jazz-Prog durch massenkompatible Pop-Anleihen ersetzte, war in Sachen Erfolg kein Halten mehr. Genesis waren nicht mehr nur die Künstler, die ein elitäres europäisches Publikum begeisterten. Mit Phil am Mikro begann der weltweite Höhenflug, der vor allem in den USA zu immensem Erfolg führte.
Seit Anfang der 80er beweist Phil Collins, dass diese Masche auch solo funktioniert. Acht Alben mit Verkaufszahlen von über 100 Millionen Exemplaren, darunter eine Legion von Chart-Spitzenplätzen in den unterschiedlichsten Ländern. Er war als Produzent und Gastmusiker aktiv, schrieb Filmmusik, das Musical „Tarzan“ und machte in kleinerem Rahmen gar als Schauspieler von sich reden.
Während im Rahmen der derzeitigen Promo-Interviews wie gewohnt Gerüchte von einer Genesis-Reunion die Runde machen, dürfen wir uns also an zwei neuen Re-Releases erfreuen. Ich beginne mal mit „Hello, It Must Be Going!“. Die überragende Single stammt nicht aus seiner Feder, sondern ist eine Coverversion des Supremes-Klassikers „You Can’t Hurry Love“. In der Regel wird nur Phils Version im Radio gespielt. Mission erfüllt. Die weiteren Tracks beschäftigen sich inhaltlich mit der Trennung von seiner ersten Frau. Musikalisch gibt es neben den üblichen Pop-Anleihen auch Modern Jazz („The West Side“) und mit „I Don’t Care Anymore“ sowie „Thru Theses Walls“ zwei sehr düstere Songs.
Die Bonustracks auf CD 2 enthalten fast das komplette Album in Live-Versionen von unterschiedlichen Konzerten. Hinzu gesellen sich zwei Demo-Versionen: „Don’t Let Him Steal Your Heart Away“ und „Oddball“, wobei letzteres kein unbekannter Song ist, sondern als „Do You Know, Do You Care“ auf dem Album landete. Im Booklet macht Phil seine üblichen Anmerkungen zur Song-Auswahl. Also insgesamt eine runde Sache.
Mit „Dance Into The Light“ hatte ich bei Erscheinen riesige Schwierigkeiten. Der Bigband-Sound des (sehr erfolgreichen) Titelstücks und die weltmusikalische Gesamtausrichtung lieferten nicht den Phil Collins, den ich hören wollte. Vermutlich war es aber nötig, den Wohlfühl-Balladen den Rücken zuzukehren, um nicht im ewigen Einheitsbrei zu verkümmern. So wurde das Album letztlich zum Uptempo-Befreiungsschlag und funktioniert als Tanzalbum immer noch sehr gut.
Die Begleit-CD besteht aus Liveaufnahmen, Demos und B-Seiten. Interessant ist vor allem die fulminante Liveversion von „Dance Into The Light“, die bisher unveröffentlicht war. Hervorragend klingt auch das abschließende Live-Doppel „River So Wide“ und „Take Me Down“. Dann geht es mit „Lorenzo“ und „That’s What You Said“ als Demos weiter. Ein gelungener Abschluss sind die drei B-Seiten, die man heutzutage nur selten offiziell findet. „Another Time“ erschien gar nur auf dem Toyota Promo Sampler „You Ough To Know“. Dieser war auf der 1997er Tour erhältlich, bei der Toyota als Hauptsponsor auftrat.
Die Aufmachung der Digipacks ist sehr wertig und die 8er-Box nun zur Hälfte gefüllt. Sehr schön! Die Cover-Fotos hat Phil den originalen Alben nachempfunden, aber ganz neu aufgenommen. Da macht es doch riesigen Spaß, die Dance-Moves des 65jährigen für „Dance Into The Light“ nachzuempfinden.