Wie Vater und Sohn schauen die beiden bekannten Tenöre René Kollo und Jay Alexander vom Cover der CD „Romantische Abendlieder“. Das sind sie natürlich nicht, aber sie bilden zwei Generationen von Sängern ab, die sich nicht nur auf den Theaterbühnen bewegen, sondern die Opernmusik zur Popkultur erhoben haben. Hier finden sie sich auf dem Label „Berlin Classics“ zu einer feinen Zusammenstellung mit Liedern aus der Romantik zusammen.
René Kollo wurde kürzlich 84 Jahre alt. Er ist der einzige Sänger, der im Unterhaltungssegment genauso begeistern konnte wie an den renommiertesten Opernhäusern der Welt. Bekannt wurde er insbesondere durch seine Partien in Wagner-Opern, doch es muss nicht immer heroischer Bombast sein. Hier zeigt er sich feinfühlig in den romantischen Liedern und beweist zudem, dass man auch im gestandenen Alter stimmlich voll auf der Höhe sein kann.
Jay Alexander, bürgerlich: Jochen Alexander Pfitzenmeier, ist vor allem bekannt im Zeichen des Gesangsduos mit Marc Marshall. Als Marshall & Alexander haben sie seit vielen Jahren die Konzertbühnen Deutschlands erobert. Auch als Solist gibt Jay Alexander zahlreiche Konzerte und stand beispielsweise mit José Carreras auf der Bühne. Zwei seiner sechs Soloalben landeten auf Platz 1 der deutschen Klassikcharts und hielten sich dort mehrere Monate.
Zwei Crossover-Künstler also, die sich hier ganz von ihrer klassischen Seite zeigen. Dabei passen ihre Stimmen – so unterschiedlich sie sein mögen – sehr gut zusammen und es scheint eine gute Idee zu sein, ein gemeinsames Album zu veröffentlichen. Allerdings singen sie die neuen Arrangements mit dem Mitteldeutschen Kammerorchester meist als Solo. Nur zwei Stücke, „Der Mond ist aufgegangen“ und das „Wiegenlied“ von Brahms werden im Duett dargeboten.
Von der Zusammenarbeit zeigten sich Alexander und Kollo begeistert. „Trotz seiner großen Erfahrung vermittelt René Kollo nicht das Gefühl, als würde er über den Dingen stehen. Sondern er war voller Enthusiasmus und Energie, und man spürte sofort: Die Musik steht im Mittelpunkt“, berichtet Jay Alexander von der Aufnahme. René Kollo untermauert die gute Partnerschaft mit dem Tenorkollegen: „Jay macht die eine Seite, ich die andere. Das fand ich gut. Ich hatte ihn schon ein paar Mal im Fernsehen gehört und jedes Mal gesagt: Der hat es gelernt.“
Die berühmten Lieder aus der Epoche der Romantik sind allesamt neu für Streichorchester arrangiert und in dieser Form erstmals im Studio aufwändig produziert worden. Obwohl beide Sänger im Wechsel die Führung haben, wirkt das Album sehr homogen. Bei dieser Thematik bietet sich das auch an. Die Musik von Franz Schubert, Robert Schumann, Felix Mendelssohn, Johann Schulz und Johannes Brahms wirkt meist elegant und melancholisch. Die Texte von Eichendorff, Goethe, Heine, Claudius und Bretano stellen oft den Mond in den Mittelpunkt der Betrachtung, den Wald („Wandrers Nachtlied“, „Waldesgespräch“) oder die zärtliche Stille des Abends.
Zweimal darf das Kammerorchester allein sein Können zeigen. Die 37 Minuten Konzertmusik nach Arrangements von René Möckel sind äußerst kurzweilig und bieten mir als Chorsänger ein uns andere Mal einige Aha-Erlebnisse. Das Treffen der Generationen weiß zu begeistern.