Zugegebenermaßen hatte ich die letzten Jahre ein etwas ambivalentes Verhältnis zu Ozzy Osbourne. Dabei hat der Mann zwischen 1970 und 1979 mit Black Sabbath Musikgeschichte geschrieben. Die Reality TV-Serie „The Osbournes“ bedeutete 2002 allerdings nicht nur einen fernsehhistorischen Tiefpunkt, sondern beendete auch vorübergehend mein Interesse am musikalischen Wirken des selbsternannten „Prince Of Darkness“. 2012 sah ich ihn dann im Rahmen der Ozzy and Friends-Tour noch einmal live in Dortmund. Das ein Jahr später veröffentlichte Black Sabbath-Album „13“ sorgte sogar für ein kurzzeitiges Aufflackern meiner Begeisterung. Danach aber verschwand der 71-Jährige von meinem Radar. Bis heute. Da flatterte mir sein neues Album „Ordinary Man“ wie eine Fledermaus in den Briefkasten. Es ist die erste Solo-CD von Ozzy Osbourne seit zehn Jahren und ich habe ihr nicht den Kopf abgebissen.
Im Gegenteil! Das was mir schon nach dem ersten Hördurchgang zu den elf Songs auf „Ordinary Man“ einfiel, hätte bei anderen Alben locker für drei Reviews gereicht. Produziert wurde das Album in Los Angeles von Andrew Watt, der teilweise auch die Gitarrenparts übernahm und mit Ozzy Osbourne gemeinsam die Songs schrieb. Am Bass half niemand geringeres als Duff McKagan von Guns N’Roses aus und brachte gleich noch seinen Kollegen Slash mit. Red Hot Chili Peppers-Schlagzeuger Chad Smith durfte die Felle bearbeiten. Neben dieser hochkompetenten Kernband gab sich aber noch eine Reihe weiterer namhafter Musiker die Klinke in die Hand, darunter Rapper Post Malone, Tom Morello von Rage Against The Machine sowie Sir Elton John himself. Das Ergebnis sind ein exzellentes Songwriting und eine ebenso exzellente Produktion. Und das obwohl im Studio nach Ozzy Osbourne’s eigener Aussage „alles auf die Schnelle mitgeschnitten“ wurde, was auch immer man sich darunter vorzustellen hat. In den Texten kommt vielleicht ein bißchen zu oft „Hell“ vor, aber das ist auch schon das einzige Haar in der Suppe.
Mit „Straight To Hell“ gelingt ein choraler Einstieg, der aber schnell von einer dreckigen Gitarre abgelöst wird. Ozzy Osbourne schreit „Allright now“ und ab geht es im Schweinsgalopp durch die nächsten knapp 50 Minuten Vollgasrock. Ein bärenstarker Auftakt. Das darauffolgende schnörkellose „All My Life“ steht dem in nichts nach. „Goodbye“ stampft mit seinen Kreissägengitarren wie eine außer Kontrolle geratene Lokomotive durch die Gehörgänge bevor das Duett mit Elton John für eine erste Verschnaufpause sorgt. Die beiden Elder Statesmen machen aus dem Titelstück eine herrlich schnulzige Ballade mit ganz viel Pathos, Piano, Streichern und vielen rosa Schleifchen drum.
„Under The Graveyard“ klingt dagegen mit seinen schweren Riffs wie ein Frühwerk von Black Sabbath, dem in „Eat Me“ eine Mundharmonika, ein rollender Bass und explodierende Doppelgitarren folgen. Ich warte die ganze Zeit auf die Schwachstelle, aber sie kommt nicht. Und das bleibt bis zum Schluss so. „Today Is The End“ liefert einmal mehr herausragende Gitarrenarbeit zu einem eingängigen Refrain, der noch stundenlang im Ohr bleibt. Mit „Scary Little Green Men“ biegen wir auf die Zielgerade ein. Ein Song wie ein Bombenflug mit einem Papierflieger. Hört ihn euch an und ihr wisst was ich meine. Bei „Holy For Tonight“ wird es erneut melancholisch. Aber nur kurz. Denn dann wagt Ozzy Osbourne noch einen Abstecher in ganz wilde Gefilde und tischt uns zusammen mit Post Malone ein wütendes Gemisch aus Punk und Hardcore auf. Unnötig zu erwähnen, dass er auch dabei eindrucksvoll überzeugt. Am Ende hat er immerhin noch ein liebevolles „Fuck You All“ für uns übrig. Als endgültiger Schlusspunkt wird mit „Take What You Want“ noch ein wenig gerappt. Das Stück erschien bereits im September des letzten Jahres auf „Hollywood’s Bleeding“ von Post Malone und es ist seitdem nicht besser geworden. Aber diese kleine Störung nimmt man kaum noch wahr, denn da hat uns „Ordinary Man“ schon längst in den siebten Rockhimmel versetzt.
Alle Hardrocker dieser Welt, alle Grunger, alle Metaller – neigt euer Haupt! John Michael „Ozzy“ Osbourne ist zurück wie Phönix aus der Asche. Der „Godfather Of Metal“ macht auf „Ordinary Man“ seinem zweiten Beinamen alle nur erdenkliche Ehre und klingt so frisch, lebendig und fast schon aufregend neu wie seit „Blizzard Of Ozz“ nicht mehr. Für mich schon jetzt das Album des Jahres!